Jetzt nichts falsch machen!

Wegen der enormen Bedeutung einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur gerade auch für die Unternehmen am Ort muss die Suche nach dem geeigneten TK-Anbieter „glatt“ laufen. Sonst drohen unnötige Verzögerungen. Wie bekommt die Kommune das wettbewerbliche Verfahren also sauber hin?

Die Bundesregierung fördert deutschlandweit den Aufbau leistungsfähiger Breitbandnetze in den Regionen, in denen ein privatwirtschaftlicher Ausbau nicht erfolgt. Nachdem immer mehr Kommunen ihre vorläufigen Bewilligungsbescheide vom Bund und den jeweiligen Bundesländern erhalten haben, stellt sich zunehmend die Frage nach der Vorbereitung und Strukturierung der weiteren Maßnahmen für ein transparentes wettbewerbliches Verfahren zur Auswahl der Telekommunikationsanbieter. Gegenstand dieses Beitrags ist es, einige der zentralen Aspekte zu beleuchten, die sich im Rahmen eines wettbewerblichen Verfahrens zur Umsetzung des Förderprogramms stellen.

Vergabe von Beratungsleistungen

Während für das Beantragen der Fördermittel ganz deutlich eine Unterstützung durch eine wirtschaftlich/technische Beratung bei den Kommunen im Vordergrund stand, gewinnt für das weitere Verfahren zusätzlich die rechtliche Unterstützung an Bedeutung. Bei den öffentlichen Auftraggebern besteht häufig der Wunsch nach Beratung aus „einer Hand“ durch ein Unternehmen oder eine Bietergemeinschaft.

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass die selbstständige Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen – soweit es sich nicht um reine Nebenleistungen oder sonstige im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) definierte Ausnahmen handelt – nach dem RDG in Verbindung mit der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) Rechtsanwälten vorbehalten ist. Ein Zuschlag auf ein Angebot einer Ingenieurgesellschaft mit einem angestellten Rechtsanwalt oder einer Ingenieurgesellschaft mit einem Rechtsanwalt als Nachunternehmer verstößt gegen § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 22.12.2015, Az. Z3-3-3194-1-48-09/15).

Zudem ist die einheitliche Vergabe technischer und rechtlicher Beratungsleistungen nicht mit dem Gebot der Losaufteilung in § 97 Abs. 4 S. 1-3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vereinbar. Die Vergabekammer Brandenburg forderte auch unter diesem Aspekt eine separate Vergabe von technischen und rechtlichen Beratungsleistungen (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 3.9.2014, Az. VK 14/14).

Damit der öffentliche Auftraggeber Rügen vermeidet, sollte er eine Vergabe in zwei Losen – zum Beispiel Los 1 „Rechtliche Betreuung“ und Los 2 „Technische und technisch/wirtschaftliche Betreuung“ – vornehmen. Es empfiehlt sich, in der Leistungsbeschreibung beziehungsweise im Aufgabenbild der beiden Lose eine Verpflichtung zur Abstimmung und zum laufenden Austausch der Berater aufzunehmen. Für den öffentlichen Auftraggeber führt das quasi wieder zu einer „Beratung aus einer Hand“, die sich dann aber im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben befindet.

Nachmeldungen von Eigenausbau

Aktuell beschäftigt Kommunen nach erfolgter Förderantragstellung ein weiteres Thema: die Berücksichtigung von nachträglichen Meldungen für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau im Fördergebiet. So avisieren Netzbetreiber erst nach Veröffentlichung des Ergebnisses der Markterkundung (oder sogar noch später) einen eigenwirtschaftlichen Ausbau im Gebiet. Gemäß Förderprozess hätten sie einen solchen jedoch bereits im Rahmen der Markterkundung ankündigen müssen, um Kommunen die Möglichkeit zu geben, dies bei der Definition des Fördergebiets zu berücksichtigen.

Grundsätzlich soll mithilfe der Markterkundung sichergestellt werden, dass ein effizienter Einsatz öffentlicher Mittel nur in den Gebieten erfolgt, die nicht privatwirtschaftlich erschlossen werden können. Für Kommunen bedeutet dies, dass sie sich auf diese Gebiete fokussieren können, während der Markt andere Bereiche eigenwirtschaftlich, also ohne Beteiligung der öffentlichen Hand, ausbaut. Dieser positive finanzielle Effekt gilt grundsätzlich auch für einen nachträglich gemeldeten Ausbau.

Gleichzeitig birgt eine nachträgliche Ausbaumeldung für Kommunen aber auch Risiken und kann zu Verzögerungen in der weiteren Projektumsetzung führen: So erfolgt der Einsatz privater Investitionen in der Regel nur in Fällen, in denen der Ausbau auch wirtschaftlich darstellbar ist. Ein „Rosinenpicken“ der interessanten Gebiete ist oftmals die Folge, wodurch sich der Investitionsbedarf beim geförderten Ausbau nochmals weiter erhöhen kann, weil zum Beispiel Synergien wegfallen.

Darüber hinaus erfolgt ein eigenwirtschaftlicher Ausbau in der Regel durch Einsatz von FTTC-Technologie beziehungsweise durch deren Aufrüstung. Sollte eine Kommune aber Gigabit-Bandbreiten als Ausbauziel definiert haben, kann ein auf FTTC-Technik ausgerichteter Eigenausbau diese zukunftsfähige Entwicklung behindern.

Ähnlich verhält es sich bei Projekten, die als Betreibermodell umgesetzt werden sollen. Hierbei errichtet die öffentliche Hand die passive Infrastruktur (Leerrohre, Leitungen) und verpachtet diese an einen Betreiber, der die Dienste zur Verfügung stellt. Ein nachträglich gemeldeter Eigenausbau im Ausbaugebiet kann unter anderem die Kundengewinnung beeinträchtigen und sich damit negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens auswirken.

Kommunen, die eine nachträgliche eigenwirtschaftliche Ausbaumeldung erhalten, sollten deshalb klären, ob und inwieweit sich der Eigenausbau auf das Projekt auswirkt und welche förderrechtlichen Vorgaben hier im Einzelfall zu beachten sind. Unter anderem besteht, wenn die Ausbaumeldung nach Veröffentlichung des Markterkundungsergebnisses eingegangen ist, die Möglichkeit einer vertraglichen Verpflichtung des Netzbetreibers. Fragen zur konkreten Umsetzung im Einzelfall sowie das weitere Vorgehen sollten Kommunen dabei jeweils eng mit dem Fördermittelgeber abstimmen.

Losbildung

Mit dem Förderantrag haben die Kommunen bereits Gebietszuschnitte vorgenommen, um das Ausbaugebiet zu definieren. Davon losgelöst ist in Vorbereitung des Prozesses zur Auswahl des Telekommunikationsanbieters jedoch nochmals zu eruieren, ob von den Gebietszuschnitten im Förderantrag unabhängig eine weitere Losaufteilung strategisch sinnvoll sein kann. Im Rahmen der Strukturierung eines transparenten Verfahrens zur Suche nach dem infrage kommenden Telekommunikationsunternehmen kann die Bildung von Losen aus Sicht der Kommune ein sinnvolles Instrument und Gestaltungsmittel darstellen, mit dem sich die Netzqualität erhöhen und der kommunale Eigenanteil reduzieren lässt. Dies beispielsweise durch die Berücksichtigung unterschiedlicher Bedarfe (z. B. Gewerbegebiet), vorhandener Anbieter (u. a. Kabelnetzbetreiber) sowie von Infrastrukturen oder durch Gebietslose.

Zunehmend rückt in diesem Zusammenhang aber auch die Frage des Umsetzungszeitraumes in den Vordergrund – einige Anbieter haben in den kommenden Jahren eine so hohe Anzahl von Ausbauprojekten umzusetzen, dass eine Inbetriebnahme innerhalb von 24 Monaten nach Zuschlagserteilung vielerorts kaum realistisch ist. Andere Anbieter verfügen dagegen noch über ausreichend Kapazitäten für eine schnelle Projektumsetzung. Daher kann es Sinn machen, für strategisch priorisierte Bereiche des Projektgebiets über entsprechende Losbildung, eine zeitnahe Realisierung zu ermöglichen.

Bei der Entscheidung für oder gegen eine Losbildung sind jeweils die wirtschaftlichen und technischen Gründe des Einzelfalls unter besonderer Beachtung der Gegebenheiten vor Ort zu prüfen. Eine zu hohe Anzahl von Losen kann unter Umständen zu verringertem Anbieterinteresse (zusätzlicher Aufwand, z. B. Schätzung der Synergien) führen. Bei der Bildung von Gebietslosen ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass keine „unattraktiven“ Zuschnitte übrig bleiben. Denn es besteht die erhebliche Gefahr, dass hierfür kein Angebot abgegeben wird. Sofern diese Zuschnitte aber für den Gesamtantrag relevant sind, könnte dies zum Verlust der Förderwürdigkeit des Projektes und damit des Bescheids führen. Um dies zu vermeiden, wäre die Kommune gezwungen, das Verfahren aufzuheben und neu zu starten.

Festzuhalten bleibt: Losbildung erhöht die Komplexität und den Aufwand für die Kommune und die Anbieter. Dennoch sollte die Möglichkeit einer Losbildung in jedem Einzelfall geprüft werden, da sich durch ein geschicktes Vorgehen die Qualität der Versorgung optimieren, die Ausbaukosten (und damit die Höhe des kommunalen Eigenanteils) deutlich senken und strategisch priorisierte Projektgebiete bevorzugt realisieren lassen.

Maximale Wirtschaftlichkeitslücke

Mit den vorläufigen Förderbescheiden erhalten die Kommunen die Mitteilung über einen Förderhöchstbetrag, der auch dann nicht erhöht wird, wenn in dem wettbewerblichen Verfahren der Telekommunikationsanbieter von allen eine höhere Wirtschaftlichkeitslücke angegeben wird als im Vorfeld durch die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ermittelt wurde. In den bisher durchgeführten Vergabeverfahren von geförderten Breitbandprojekten lagen die tatsächlich angebotenen Preise der Anbieter oftmals deutlich unter den Schätzungen, die von den beratenden Ingenieurbüros im Rahmen ihrer Studie ermittelt wurden. Dies betraf insbesondere Projekte, die mit FTTC/Vectoring-Technik umgesetzt werden. Vor allem in den Fällen, in denen das Verfahren als Konzessionsvergabe ausgestaltet wird, stellt sich die strategische Frage, ob die für die Kommune haushalterisch maximal mögliche Wirtschaftlichkeitslücke bereits in den Vergabeunterlagen benannt werden sollte, um im Falle einer eventuell notwendigen Aufhebung Schadensersatzansprüche zu vermeiden.

Die Festlegung eines Kostenlimits ist grundsätzlich zulässig, auch weil der Auftraggeber damit offenlegt, wo die Grenze der Machbarkeit der Beschaffung erreicht ist (z. B. in Gestalt des ihm für den Auftrag zur Verfügung stehenden Haushaltsrahmens, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8.6.2011, Az. VII-Verg 55/10). Das Vergaberecht regelt nämlich grundsätzlich nicht das „Was“ der Beschaffung, sondern vielmehr das „Wie“, konkret nämlich das Verfahren, in dem ein Vertragspartner für den unabhängig von vergaberechtlichen Bindungen festgelegten Beschaffungsbedarf ausgewählt wird (vgl. Vergabekammer Bund, Beschluss vom 9.5.2014, Az. VK 2-33/14). Davon umfasst ist auch, dass der Auftraggeber ein Budget festlegen darf (vgl. Vergabekammer Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.8.2013, Az. VK 1 – 12/13; Vergabekammer Sachsen, Beschluss vom 20.6.2014, Az. 1/SVK/017-14).

Der Auftraggeber kann die Kostenobergrenze nicht nur mit einem Ausschlussvorbehalt, sondern für den Fall, dass selbst das günstigste Angebot die Grenze nicht einhält, auch mit einem Aufhebungsvorbehalt versehen). Eine Klausel, wonach sich der Auftraggeber bei der Überschreitung der kalkulierten Kosten auch durch das günstigste Angebot die Aufhebung der Ausschreibung mangels wirtschaftlichen Ergebnisses vorbehält, ist grundsätzlich zulässig (Vergabekammer Lüneburg, Beschluss vom 2.5.2006, Az. VgK 07/2006).

In den Fällen, in denen das Verfahren als echte Konzessionsvergabe ausgestaltet wurde, kann daher eine Kostenobergrenze für die Wirtschaftlichkeitslücke durchaus überlegenswert sein, da so das Risiko möglicher Schadenersatzpflichten minimiert wird. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass sich auch solche Anbieter an der genannten Kostenobergrenze orientieren, die ansonsten ein deutlich günstigeres Angebot abgegeben hätten. Im Ergebnis sollte daher auch diesbezüglich immer eine Einzelfallprüfung, insbesondere mit Blick auf die jeweilige Anbieter- und Wettbewerbssituation und nicht zuletzt auch mit Blick auf beihilferechtliche Vorgaben, stattfinden.

Bernhardine Kleinhenz-Jeannot / Caspar von Preysing / Sven Butler

Die Autoren
Dr. Bernhardine Kleinhenz-Jeannot ist Rechtsanwältin bei Pricewaterhouse-Coopers Legal Rechtsanwaltsgesellschaft, Caspar von Preysing und Sven Butler sind bei Pricewaterhouse-Coopers Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Spezialisten für das Thema „Breitbandausbau“