In der Starkregenvorsorge auf alles vorbereitet

Starkregenereignisse bedeuten stets eine große Herausforderung für den örtlichen Kanalbetrieb. Zur Optimierung der Starkregenvorsorge gibt das Netzwerk Komnet Abwasser kommunalen Abwasserbetrieben nun einen Leitfaden an die Hand. Er erläutert Maßnahmen für Vorsorge, Krisenfall und Dokumentation.

Wie lässt sich die Kanalfunktion bei Starkregen sichern? Welche Nothilfe können operativ tätige Kanalbetriebe in der Krise darüber hinaus leisten? Auf Fragen wie diese gibt der neue „Starkregen-Check Kanalbetrieb“ des Kommunalen Netzwerks Abwasser (KomNetAbwasser) praxiserprobte Antworten. Die Arbeitshilfe zum Starkregenmanagement hat das Netzwerk gemeinsam mit dem Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT), dem Umweltministerium und Landesumweltamt von Nordrhein-Westfalen, der Bezirksregierung Detmold und 13 Abwasserbetrieben im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelt.

Nach dem Motto „Wenn der Starkregen kommt, ist der Kanalbetrieb schon da“ will der Ratgeber bei der Organisation von Maßnahmen in Vorsorge, Bewältigung und Nachsorge unterstützen. Im Mittelpunkt stehen einfache betriebliche und organisatorische Maßnahmen und aufwendige und kostenintensive Baumaßnahmen an bestehenden Netzen.

Die Checkliste mit dazugehöriger Langfassung in einem Basic Manual basiert auf der europäischen Normung, der landesrechtlichen Gesetzgebung sowie den Erfahrungen der beteiligten Abwasserbetriebe. Nachfolgend werden Beispiele für Maßnahmen und Planungen, die von den Kanalbetrieben umgesetzt werden können, nach den chronologischen Phasen kurz skizziert:

Vorsorge

Als vorbereitende Maßnahmen dienen insbesondere die Organisation von Abläufen und Meldewegen. In Störfall- und Notfallplänen werden Erreichbarkeiten sowie auch die Schnittstellen zu anderen Ämtern identifiziert und schriftlich fixiert. Das Erstellen von Kontrolllisten für Sofortmaßnahmen bei Unwetterwarnungen ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Vorsorge. Rohrdurchlässe und Sonderbauwerke, die vor einem Starkregenereignis kontrolliert und gegebenenfalls gereinigt werden sollten, werden aufgelistet. Zudem werden die Sonderbauwerke im Stadtgebiet priorisiert, um im Starkregenfall schnell Maßnahmen ergreifen zu können, um den Betrieb bestmöglich aufrechterhalten zu können und das Schadensausmaß so gering wie möglich zu halten. Des Weiteren kann der organisatorische Rahmen für einen verstärkten Bereitschaftsdienst bereits im Vorfeld organisiert werden, damit auch im extremen Starkregenfall ausreichend Personal verfügbar ist.

Unwetterwarnung

Wird eine Unwetterwarnung bekannt gegeben, wird geprüft, ob der verstärkte Bereitschaftsdienst aktiviert werden sollte. Dabei werden Mitarbeiter aus dem Kanalbetrieb und vorgesetzte Mitarbeiter aus der Verwaltung in Rufbereitschaft versetzt. Der Kanalbetrieb ist somit auch außerhalb der Dienstzeit handlungsfähig. Die Kontrollliste wird nach der Unwetterwarnung abgearbeitet und die durchgeführten Arbeiten werden dokumentiert.

Krisenbewältigung

Tritt ein Starkregenereignis ein, so sind auftretende Störfälle zu dokumentieren und nach der Priorisierungsliste einzustufen. Mit dieser Hilfe können schnelle und zielführende Maßnahmen zur Bewältigung durchgeführt werden.

Nachsorge

Als Nachsorge werden die Störungen der Abwasseranlagen in einem Störfallkataster dokumentiert. Zusätzlich werden weitere Notfälle im Stadtgebiet (z. B. Feuerwehreinsätze) archiviert und auch die Erfahrungen der eingesetzten Mitarbeiter gesammelt. Aufbauend auf der Dokumentation der geleisteten Maßnahmen und Störfälle im Stadtgebiet werden die Vorsorgemaßnahmen gemeinsam überprüft und mögliche Optimierungen daraus abgeleitet.

Beratung

Die Beratungskompetenz sollte in andere Dezernate eingebracht werden. Die Schnittstellen zu den anderen Dezernaten werden überprüft und Informationen des Kanalbetriebes im stetigen Austausch übermittelt. Somit trägt der Kanalbetrieb zur kommunalen Überflutungsvorsorge bei. Zu den Beratungskompetenzen gehört unter anderem, Betriebserfahrungen über Notwasserwege, Barrieren und Retention im Stadtgebiet schriftlich zu verfassen und in Listen oder Risikokarten darzustellen. Feuerwehren können mit diesen Daten ihre Rettungswege im Starkregenfall abstimmen. Die Stadtplanung kann die Karten bei Neubauprojekten nutzen. Auch der Straßenbaulastträger kann über prekäre Straßenabläufe im Starkregenfall informiert werden.

Das Forschungsvorhaben belegt große Anfangserfolge, wenn ein Starkregen-Check für den Kanalbetrieb durchgeführt wird. Die Organisation der dezernatsübergreifenden Erreichbarkeiten, Meldewege und Abläufe bei Starkregenereignissen sollte zudem in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Als hilfreich hat sich außerdem die Durchführung von Runden Tischen mit allen beteiligten Ämtern, wie Feuerwehr, Ordnungsamt, Straßenbaulastträger, Stadtplanung, Gewässer-/Deichverbände, THW, Versorgern und Grünflächenamt, erwiesen. „In Krisen Köpfe kennen“ ist das Credo für eine funktionierende Bewältigung von Starkregenereignissen im Stadtgebiet.

Der Ratgeber wird voraussichtlich in diesem Frühjahr frei verfügbar unter www.komnetabwasser.de und unter www.lanuv.nrw.de zum Download bereitgestellt. Die Forschungsergebnisse werden zudem am 13. Juni 2019 im IKT in Gelsenkirchen im Detail erläutert.

Mirko Salomon / Marco Schlüter

Die Autoren
Mirko Salomon und Marco Schlüter sind Mitarbeiter des Instituts für Unterirdische Infrastruktur (IKT) in Gelsenkirchen

Info: Netzwerk für Abwasserbetriebe

Das KomNetAbwasser ist eine kommunale Initiative von mehr als 50 Abwassernetzbetreibern für eine bürgernahe Stadtentwässerung. Ihr Ziel: Die Abwasserbeseitigungspflicht möglichst kostengünstig und im Einklang mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllen. Die teilnehmenden Kommunen nutzen den Vorteil des Rückhalts in der Gemeinschaft und teilen Arbeitshilfen und Wissen. Im Netzwerk mit anderen Entwässerungsbetrieben sind Entscheidungen und Vorgehensweisen bestmöglich abgesichert.