Grüne Haltestellen

So sieht sie aus – die begrünte Straßenbahnhaltestelle „Börneplatz/Stoltzestraße“ in Frankfurt am Main. Die Vertikalbegrünung hinter der Sitzbank ist ein Novum. Foto: VGF

Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Umweltschutz werden zunehmend wichtiger. Aus diesem Grund wurde in Frankfurt am Main ein Pilotprojekt gestartet, das die Begrünung von Wartehallendächern im ÖPNV zum Ziel hat. Für den Zeitraum von einem Jahr wird auch eine grüne Rückwand getestet, für die ein Wassertank unter der Sitzbank eingebaut wurde.

Geschotterte Abschnitte in Rasengleise umzuwandeln, liegt auf der Hand. Aber was ist mit den Haltestellen für öffentliche Verkehrsmittel, die sich, ganz gleich, in welcher Stadt, überall querbeet verteilt finden lassen? Sie haben Wartehallen, die sich – mal besser, mal verbesserungswürdig – ins Stadtbild fügen. Um hier einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, hat die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) im Februar 2021 im Rahmen eines Pilotprojektes die beiden Wartehallen der Straßenbahnhaltestelle „Börne-platz/Stoltzestraße“ begrünt und mit Echtzeitbildschirmen ausgestattet.
Die Dächer wurden mit sogenannten extensiven Sedumpflanzen bepflanzt. Es handelt sich dabei um pflegeleichte und insektenfreundliche Gewächse, die einen natürlichen Wasserrückhaltespeicher besitzen und nicht gegossen werden müssen. Neben diesen Eigenschaften filtern sie den Feinstaub des Verkehrs, womit sie für eine bessere Luftqualität sorgen, und kühlen die Luft bei Hitze ab.

Grüne Wand

Die Rückwand der einen Wartehalle erhielt beidseitig eine Begrünung aus Moos und Pflanzen, unter anderem der Arten Sonnenhut, Taglilie, Astern, Purpurglöckchen, sowie Süßgräsern, die schön blühen und bei Bienen hoch im Kurs stehen. Diese „grüne Wand“ wird wegen des hier fehlenden Wasseranschlusses aus einem unter der Sitzbank eingebauten Tank bewässert.
Für die Umsetzung mussten sowohl die Verglasung als auch die Bank der Haltestelle demontiert werden. Anstelle der Ersteren wurde anschließend eine Trägerplatte montiert. Die Idee, eine solche Rückwand zu installieren, ist an den Mooswandtest in Stuttgart angelehnt, der von März 2017 bis April 2018 zeigen sollte, ob Moose Feinstaub aus der Luft binden und die Schadstoffe reduzieren können.
Diese Vertikalbegrünung ist bei Wartehallen ein Novum und wird zunächst ein Jahr lang von der VGF getestet. Die Kosten liegen bei 35.000 Euro. Die Dachbegrünung allerdings bleibt dauerhaft. Das Umweltamt der Stadt Frankfurt hat das Pilotprojekt im Rahmen des Programms „Frankfurt frischt auf“ gefördert.

Mobile Wartehallen

Weitere Haltestellen entlang der Straßenbahnlinien und der oberirdischen U-Bahn-abschnitte sind geplant oder sogar bereits umgesetzt: Die im Juni nach barrierefreiem Umbau wieder in Betrieb genommene Tramhaltestelle „Louisa Bahnhof” hat grüne Dächer erhalten, bei den Wartehallen an den Haltestellen „Hugo-Junkers-Straße Schleife”, „Neu-Isenburg Stadtgrenze”, „Waldau” und „Waldfriedhof” sind sie noch in diesem Jahr geplant. An der oberirdischen U-Bahnstation „Kalbach” ist die Umsetzung in diesem Sommer vorgesehen, wobei die VGF hier eine Sonderlösung vorsieht: Hier sollen – neben den fest installierten – künftig fünf mobile Wartehallen zum Einsatz kommen, da ein Bahnsteig der Station im Frühjahr durch die ortsansässige Krähenkolonie in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Die Dachbegrünung mittels Sedumpflanzen will die VGF in Zukunft möglichst bei allen neuen Wartehallen verwenden. Es ist jedoch nicht möglich, alle Wartehallen der 139 Tramhaltestellen und 57 oberirdischen U-Bahnstationen handstreichartig zu begrünen. Denn nicht alle Dächer sind dafür geeignet, die pro Quadratmeter zwischen 60 und 90 Kilogramm schwere Begrünung zu tragen. Die reinen Begrünungskosten mit Unterkonstruktion auf dem Dach liegen bei etwa 100 bis 150 Euro pro Quadratmeter, wenn die Wartehallen das zusätzliche Gewicht tragen können. Andernfalls kann es teurer werden. Neben der Begrünung testet die VGF außerdem den Einsatz von Photovoltaikanlagen auf dafür geeigneten Haltestellendächern. Auf Dächern von Betriebshöfen gehören die Panele mittlerweile zum gewohnten Anblick.

Echtzeitinfos für die Bürger

Ein weiterer Aspekt hinsichtlich des Pilotprojekts der Verkehrsgesellschaft – abgesehen von den Bepflanzungen – war es, pro Halle einen Bildschirm zu installieren, der Echtzeitinformationen zu Verbindungen der umliegenden Haltestellen und Stationen sowie zu den in der nahen Umgebung verfügbaren Sharingangeboten – beispielsweise E-Scooter – anzeigt.
Ergänzt wird dieses Informationsangebot durch zwei kleinere Bildschirme mit elektronischem Papier, sogenanntes E-Paper, die den Fahrplan anzeigen und an den beiden Stelen der Haltestelle montiert wurden.
Als Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge und kommunaler Verkehrsbetrieb, der durch seinen U- und Straßenbahnbetrieb energieintensiv arbeitet, steht die VGF in der Verantwortung, möglichst effizient, umweltschonend und wirtschaftlich mit Energie umzugehen. Das erwarten Fahrgäste, und das fordert der Anteilseigner, die Stadt Frankfurt.
Wenn von Klimawandel oder der Mobilitätswende die Rede ist, spielen Bahnen und Busse endlich die Rolle, die sie schon vor 30 Jahren hätten spielen müssen, als Verkehrspolitik in vielen Städten fast ausschließlich aus Ideen zum Straßenbau bestand.
Seiner neuen Aufgabe kann der ÖPNV umso besser gerecht werden, wenn Unternehmen wie die VGF beim Umweltschutz ihre Hausaufgaben machen. Deshalb muss diese ihren spezifischen Energieverbrauch senken. Es geht aber auch darum, den Klimaschutzgedanken anderweitig in die unternehmerische Tätigkeiten zu integrieren.

Der Autor: Bernd Conrads ist Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (VGF).