Grün-blaue Infrastruktur für den urbanen Raum

Der Klimawandel fordert Entsiegelung in den stark beanspruchten urbanen Räumen und stellt damit Städte und Gemeinden vor enorme Herausforderungen. Welche Akzente sollten sie bei der grün-blauen Infrastruktur setzen – und wie sollte Baumpflege gedacht werden? Eine Einschätzung von BGL-Präsident Thomas Banzhaf.

Ebenso wie die Anlage neuer Grünflächen ist aus Verbandssicht die Pflege bereits bestehender grün-blauer Infrastruktur von großer Bedeutung. Foto: Ferdinand Graf Luckner/BGL

Ob als Grüngürtel um Großstädte, als Dach- und Fassadenbegrünung im städtischen Wohnraum oder als Parkanlagen in urbanen Gebieten – die Möglichkeiten, Grün in ansonsten dicht besiedelte Städte zu bringen, sind vielfältig. Dort, wo aufgrund der steigenden Einwohnerdichte die Zahl an versiegelten Flächen zunimmt, ist es besonders wichtig, Ausgleichsflächen zu schaffen. Denn in Zeiten des Klimawandels sorgen sie dafür, dass Städte lebenswert bleiben.

Grünanlagen werten Städte nachhaltig auf. Hier geht es nicht nur um die offensichtlichen klimatischen Vorteile, die sie mit sich bringen. Vielmehr sind Parks beispielsweise eine inklusive Begegnungsstätte für alle Generationen.

Durchdacht gestaltetes Stadtgrün ist Lebensraum für Mensch und Tier und vor allem eine wichtige Voraussetzung für nachhaltige, resiliente und zukunftsfähige Städte. Denn in vielerlei Hinsicht wirken die „grünen Lungen“ den Folgen der durch den Klimawandel bedingten Extremwetterereignisse positiv entgegen.

Starkregenschäden mit grün-blauer Infrastruktur verringern

Insbesondere Starkregen verursacht in urbanen Räumen Überflutungen, da das Regenwasser sich bei versiegelten Flächen keinen Weg in die Erde bahnen und somit versickern kann. Mithilfe einer umfassenden grün-blauen Infrastruktur in Form von renaturierten Flüssen und Bächen, Retentionsräumen, Mulden- und Rigolenversickerungen, unversiegelten Flächen und vielem mehr können Folgeschäden deutlich verringert werden.

Aber auch bei der in den Sommermonaten vorherrschenden Hitze können Städte von Grünanlagen profitieren. Straßen und Gebäude wirken bei hohen Temperaturen wie Speicher, die Wärme nach Sonnenuntergang wieder abgeben. Mittlerweile wissen wir, wie fatal solche Hitzeperioden sich auswirken können: Im Jahr 2023 schätzte das Robert-Koch-Institut die Zahl der hitzebedingten Todesfälle auf rund 3200.

Grüne Flächen tragen erheblich dazu bei, eben diesen Temperaturanstieg zu begrenzen. Sie begünstigen das Mikroklima und sorgen für Kühlungseffekte. Auch deshalb ist es essenziell, bei der Planung und Entwicklung von Städten an ausreichend Platz für Grünflächen zu denken.

Wer sich um Stadtgrün kümmert, muss helfen, ein Dilemma zu lösen: Mehr Wohnraum wird gebraucht, zugleich sind mehr Grünflächen erforderlich. Foto: Adobe Stock/Arcansél

Aber auch bei der in den Sommermonaten vorherrschenden Hitze können Städte von Grünanlagen profitieren. Straßen und Gebäude wirken bei hohen Temperaturen wie Speicher, die Wärme nach Sonnenuntergang wieder abgeben. Mittlerweile wissen wir, wie fatal solche Hitzeperioden sich auswirken können: Im Jahr 2023 schätzte das Robert-Koch-Institut die Zahl der hitzebedingten Todesfälle auf rund 3200.

Grüne Flächen tragen erheblich dazu bei, eben diesen Temperaturanstieg zu begrenzen. Sie begünstigen das Mikroklima und sorgen für Kühlungseffekte. Auch deshalb ist es essenziell, bei der Planung und Entwicklung von Städten an ausreichend Platz für Grünflächen zu denken.

Viele Stadtplanerinnen und -planer stellt diese Aufgabe allerdings vor eine Herausforderung. Denn einerseits müssen sie dafür sorgen, dass immer mehr Menschen in den Städten wohnen und leben können. Andererseits werden eben solche Grünflächen benötigt, um die Klimafolgen abzumildern und Menschen in dicht bebauten Metropolen weiterhin eine hohe Lebensqualität zu bieten.

Fördergelder für die Umsetzung grün-blauer Infrastruktur

Dank einer Vielzahl verschiedener Programme können Städte und Kommunen bereits auf Fördergelder der Städtebauförderung zurückgreifen. Nicht zuletzt durch diese finanziellen Hilfsmittel ist in den vergangenen Jahren in Sachen Ausbau grün-blauer Infrastruktur viel geschehen.


Grün-blaue Infrastruktur

Die Initiative „Grün in die Stadt“ stellt auf ihrer Onlineplattform Best Practice-Beispiele vor. Kommunale Entscheider können sich dort zudem über Fördermöglichkeiten informieren.
www.gruen-in-die-stadt.de
https://die-gruene-stadt.de/foerdercheck


Aber auch wenn eine positive Entwicklung festzustellen ist, reichen die Bemühungen der Städte und Kommunen in Sachen klimaresilienter Stadtentwicklung noch nicht aus. Wir müssen weiterhin in Grün investieren, um die Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren. Nur so bleiben Städte für die Bewohnerinnen und Bewohner lebenswert und für Gewerbe sowie Industrie als Standort attraktiv.

Teil der Lösung könnten noch niederschwelligere Förderprogramme sein, die insbesondere von kleineren Städten und Gemeinden ohne großen bürokratischen Aufwand und mit geringem Eigenanteil beantragt werden können. Ebenso ist das Thema Gebäude- und Fassadenbegrünung besonders in innerstädtischen Gebieten noch ausbaufähig.

Aber nicht nur die Anlage von Grünflächen im urbanen Raum ist von Bedeutung. Auch die Pflege bereits bestehender grün-blauer Infrastruktur muss bedacht werden, um den Erhalt solcher Flächen zu gewährleisten. Denn besonders während der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass Parkanlagen durch intensive Nutzung stark leiden. Hierunter fällt ebenfalls der Schutz bestehenden Baumbestands.

Grün-blauer Infrastruktur
Gebäudebegrünung ist eine der Möglichkeiten, Städte zu beleben. Welche Maßnahme man auch wählt – aus Verbandssicht ist entscheidend, dass Stadtgrün in jedem Fall wirkt. Foto: BGL

Digitale Erfassung mit Grünflächen- und Baumkataster

Mittels digitaler Erfassung, wie Grünflächen- oder Baumkataster, lässt sich der Zustand von Straßenbäumen und die daraus resultierende Unterhaltung schon jetzt steuern. Dass ein gesunder und ausreichender Baumbestand enorm wichtig für Städte ist, zeigt seine Filterleistung: So kann eine einzige Buche die Jahresemission eines Pkw mit einer Fahrleistung von 20.000 Kilometern aus der Stadtluft filtern.

Auch andere Baumsorten filtern Bakterien, Pilzsporen, Staub und schädliche Stoffe aus der Luft und entziehen sie somit der Atmosphäre. Zum Schutz der Bäume sollten zukünftig keine Hoch- und Tiefbaumaßnahmen ohne baumschutzfachliche Baubegleitung in der Nähe von Bäumen erfolgen.   

Thomas Banzhaf


Der Autor

Thomas Banzhaf ist Präsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL).


Mehr zum Thema

Wassermanagement

Mit nachhaltigem Wassermanagement den Gebietswasserhaushalt stabilisieren

In einem Pilotprojekt will der Wasserverband Gardelegen gereinigtes Abwasser dafür nutzen, den Gebietswasserhaushalt zu stabilisieren. Gefördert wird das Vorhaben vom …
Schwammstadt

Der Weg zur widerstandsfähigen Schwammstadt

Hitzewellen, Starkregenereignisse, extreme Trockenheit: Eine Schwammstadt kann solchen Extremwetterereignissen viel besser standhalten. Daher ist der Umbau der heutigen Städte zu …
Blauer Kompass

Wettbewerb „Blauer Kompass“ mit Rekordbeteiligung

20 Projekte haben es in die Endauswahl des Bundespreises „Blauer Kompass“ geschafft, der höchsten staatlichen Auszeichnung für Projekte zur vorbildlichen …