Nur wer aus seiner Tätigkeit selbst Begeisterung zieht, ist zu Höchstleistungen in der Lage. Dieser Beitrag gibt Tipps, wie Motivationsblockaden im öffentlichen Dienst abgebaut werden können und worauf Führungskräfte achten sollten, damit mehr Glückshormone in die Verwaltung kommen.
Sie haben die beste Fachkraft aus dem Kreis der Bewerber ausgewählt, diese hat glücklich und hochmotiviert für die Position zugesagt. Ein guter Start. Und doch fällt nach einer Weile die Leistung rapide ab. Was ist passiert?
Menschen brauchen Erfahrungen, die sie begeistern. Um die ursprüngliche Motivation und Freude aufrechtzuerhalten, brauchen Menschen regelmäßig Erfahrungen, die sie begeistern: Erfolgserlebnisse bei der Arbeit, Unterstützung durch Vorgesetzte, ein gutes Zusammenspiel im Team, anspornende Herausforderungen, konstruktives Feedback. Nur dann wird der für intrinsische („von innen heraus“)Motivation benötigte Glückshormon-Cocktail (s. Info) immer wieder hergestellt.
Arbeitgeber setzen hingegen eher auf extrinsische („von außen vermittelt“) Motivation und versuchen, die Leistungsbereitschaft ihrer Beschäftigten mit künstlichen Anreizen (z. B. Leistungsboni) zu steigern. Doch die Wirkung dieser Maßnahmen verpufft schon nach kurzer Zeit. Es tritt ein Gewöhnungseffekt ein. Glückshormone werden aber täglich abgebaut. Daher muss der Reiz jedes Mal stärker werden, um die gleiche Menge an Botenstoffen freizusetzen. Die künstlichen Anreize müssen also immer häufiger und stärker erfolgen, um zu wirken.
Anstatt auf künstliche Anreize zu setzen, wäre es wirksamer, die Strukturen und Arbeitsweisen in der Organisation auf mögliche Motivationsblockaden hin zu untersuchen. Dazu zählen beispielsweise starke Arbeitsteilung, ein hohes Maß an Routinetätigkeiten und Alltagstrott. Wer immer wieder auf die gleiche Weise denkt, fühlt und handelt, legt quasi Denk-Autobahnen an und verliert die Fähigkeit zu Flexibilität und Veränderung. Die Folge ist Dienst nach Vorschrift.
Sinn gerät aus dem Blickfeld
Zusätzlich trennen ausgeprägte Hierarchien operative Arbeit und Entscheidungsbefugnisse voneinander und machen lange Bearbeitungswege zum Hürdenlauf vor jeder Entscheidung. Schnelles Reagieren ist nicht möglich. Bei gleichzeitig chronisch knappen Personalressourcen wachsen Arbeitsverdichtung und Frust stetig an. Schwerfällige Strukturen und bürokratischer Aufwand verdrängen den eigentlichen Sinn der Tätigkeit aus dem Blickfeld.
Motivationsblockaden und mangelnde Handlungsimpulse verhindern die Ausschüttung von Glückshormonen und sorgen für einen dauerhaft erhöhten Spiegel an Stresshormonen. Die Folge hiervon: Die Menschen werden krank. Nicht umsonst verzeichnet die öffentliche Verwaltung die höchsten Quoten im Hinblick auf psychisch bedingte Fehlzeiten.
Der ständige Druck verleitet auch die Vorgesetzten dazu, die Aufgaben der Mitarbeiterführung hintenanzustellen und lieber bei der Sachbearbeitung zu unterstützen. Das ist gut gemeint, aber verbunden mit erheblichen Negativeffekten für die Mitarbeitermotivation. Aufkommende Konflikte werden unter den Harmonieteppich gekehrt, man hält irgendwie durch.
In dieser Atmosphäre werden Anerkennung, Wertschätzung und Erfolgserlebnisse zur Mangelware – und damit auch die Glücksgefühle.
Nur derjenige, der aus seiner Tätigkeit selbst Freude und Begeisterung zieht, hat eine zuverlässige Versorgung mit Glückshormonen und ist so zu Höchstleistungen in der Lage. Dazu tragen bei:
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Die Zugehörigkeit und Bindung an eine Gemeinschaft sowie gelebte Zusammenarbeit statt Abteilungsdenken, Abgrenzung und Rückzug in Einzelbüros.
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Die Möglichkeit zu persönlichem Wachstum und Entwicklung: Fortbildung, Karriere und vor allem reizvolle Herausforderungen, etwas Neues auszuprobieren und ein Stückchen über sich hinauszuwachsen.
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Die Autonomie, das eigene Umfeld und den Arbeitsalltag wesentlich mitzubestimmen, insbesondere durch Souveränität über Arbeitszeit und Arbeitsort – nicht nur zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.
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Der übergeordnete Sinn – wir wollen mit unserem Tun zu einem höheren Ganzen beitragen und echten Mehrwert erschaffen.
Schon kleine Schritte in diese Richtung erzeugen erfahrungsgemäß eine große Wirkung.
Birgit Schiche
Die Autorin
Birgit Schiche ist Inhaberin der Personalstrategie- und Führungsberatung Plan B. Schiche in Hamburg.
Info: Hormone machen Stimmung
Unser Gehirn braucht Botenstoffe, um Impulse zu übermitteln. Dopamin sorgt für den Startimpuls, für Vorfreude, Wollen und Sehnsucht und stellt so Handlungsbereitschaft her. Es bildet die Grundlage jeglicher Motivation. Ohne Dopamin kämen wir morgens nicht einmal aus dem Bett.
Für die nötige Handlungsfähigkeit in Form von Aufmerksamkeit und Leistungsbereitschaft sorgt das Stresshormon Noradrenalin. Es macht wach und fördert die Konzentration. Monotone Aufgaben und ständige Routine blockieren dieses Hormon allerdings.
Serotonin ist das bekannteste Glückshormon. Es spricht unser Belohnungssystem an, sorgt für Freude am Tun auch bei herausfordernden Situationen und stellt sich zum Beispiel bei Erfolgen und positiven Erlebnissen ein.
In vorübergehenden Stresssituationen helfen uns Endorphine. Diese körpereigenen Schmerzmittel geben uns auch dann Durchhaltevermögen, Ausdauer und ein positives Ich-Gefühl, wenn es mal schwierig und anstrengend wird.
Bleibt das Erfolgsgefühl jedoch längerfristig aus, werden Dopamin und Noradrenalin nicht zu Glückshormonen umgewandelt, sondern zum Stresshormon Cortisol – und das macht uns auf Dauer krank. Körperliche Bewegung hilft beim Abbau.
Oxytocin ist der sogenannte Sozialkleber. Es sorgt für Bindung, Teamgeist und Freude an der Zusammenarbeit mit anderen – und für Glücksgefühle, selbst wenn der Erfolg in der Sache auf sich warten lässt. Darum ist eine gute Stimmung im Team so wichtig für uns.