Gleichstellung: Zwischen Entwicklung und Stagnation

Die öffentliche Verwaltung kann auf das intellektuelle Potenzial von Frauen nicht verzichten. Gleichwohl bleiben Frauen in Managementpositionen öffentlicher Unternehmen weiter unterrepräsentiert. Eine Vergleichsstudie hat dazu die Daten aus knapp 1500 Betrieben ausgewertet.

Die Chefetagen öffentlicher Unternehmen bleiben wie in der Privatwirtschaft weiterhin eine Männergesellschaft. Im Top-Management von öffentlichen Unternehmen auf kommunaler Ebene besetzen Frauen 19,3 Prozent und damit nur jede siebte Stelle. Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist zwar übergreifend ein Anstieg von Frauen in Top-Managementpositionen öffentlicher Unternehmen um 1,3 Prozentpunkte festzustellen, jedoch mit großen Unterschieden bei den Entwicklungen im deutschlandweiten Städtevergleich.

Dies geht aus der Studie „Repräsentation von Frauen im Top-Management öffentlicher Unternehmen“ der Zeppelin-Universität (ZU) Friedrichshafen in Kooperation mit der Bonner Personalberatung ZfM hervor. Ausgewertet wurden Daten zu leitenden Organen wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung, Vorstand, Aufsichtsräten und Verwaltungsräten in 1463 öffentlichen Unternehmen, wie zum Beispiel Stadtwerke oder Krankenhäuser. Verglichen wurden bundesweit 69 Stadtstaaten, Landeshauptstädte und die vier größten Kommunen je Bundesland.

In der Spitzengruppe mit einem Anteil von über 35 Prozent weiblich besetzten Top-Managementpositionen liegen unverändert zum Vorjahr die Städte Offenbach am Main mit 54,5 Prozent und Greifswald mit 40,0 Prozent. Neu in die Spitzengruppe aufgerückt sind neben Berlin mit 40,3 Prozent die Städte Brandenburg a. d. Havel mit 36,8 Prozent und Rostock mit 36,1 Prozent. Auch die thüringischen Städte Gera, Gotha, Erfurt und Weimar weisen eine überdurchschnittlich hohe Repräsentation auf.

Schwach fallen hingegen die Studienergebnisse bei den Städten Braunschweig, Essen, Flensburg, Kaiserslautern, Ludwigshafen und Neumünster mit unter fünf Prozent Frauenanteil aus. Auch große Städte wie München, Köln oder Dortmund liegen teils deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt.

„Der öffentlichen Hand und den öffentlichen Unternehmen wird in der Diskussion um Frauen in Führungspositionen eine Vorbildfunktion zugewiesen“, erklärt Prof. Dr. Ulf Papenfuß, Inhaber des Lehrstuhls für Public Management & Public Policy an der ZU. „Wir möchten mit der Studie dazu beitragen in der Debatte zu öffentlichen Unternehmen noch gezielter die Repräsentation von Frauen in den Top-Managementorganen in den Blick zu nehmen.“

Insgesamt zeigt die Studie, dass einige Städte mit einer bereits vergleichsweise hohen Repräsentation den Anteil von Frauen in Top-Managementpositionen gezielt weiterentwickeln. Hingegen ist bei Städten, die bereits im Vorjahr eine vergleichsweise geringe Repräsentation vorzuweisen hatten, teilweise sogar eine rückläufige Anzahl an weiblichen Top-Führungspositionen festzustellen. Viele kommunale Unternehmen kommen somit ihrer gesellschaftspolitischen Vorbildfunktion und ihren Einflussmöglichkeiten als Eigentümerin nur bedingt nach, so das Fazit von Papenfuß.

Arbeitgeber müssen attraktiver werden

Die bestehende Unterrepräsentation hat mutmaßlich verschiedene Ursachen und wird durch verschiedenartig gelagerte Faktoren beeinflusst, die in weiteren Studien zu untersuchen wären. So zum Beispiel die Unternehmenskultur und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Von Interesse wäre ferner die Untersuchung von Konstellationen und Maßnahmen, über die in einigen Städten in den letzten Jahren teilweise deutliche Anstiege bei der Repräsentation realisiert wurden. Hingegen scheint der Anteil in vielen anderen Städten zu stagnieren.

Um die Debatte zu verbreitern, sollte auch die Repräsentation von Frauen auf der zweiten und dritten Hierarchieebene betrachtet werden. Dieser Frauenanteil sollte in die von den Kommunen turnusmäßig zu veröffentlichenden Beteiligungsberichte aufgenommen werden.

Ein weiteres untersuchungswürdiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Ausprägung des „Gender Pay Gaps“ in Top-Managementpositionen, also die geschlechterspezifisch unterschiedliche Leistungsvergütung. Im HIntergrund steht hier das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern.

In der übergreifenden Diskussion zur Staatsmodernisierung und zur Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes können ein integriertes Personalmanagement und eine integrierte Gleichstellungsarbeit von Kernverwaltung und öffentlichen Unternehmen relevante Entwicklungsbeiträge leisten. In diesem Sinn sollte die öffentliche Hand geeignete Kandidatinnen aktiv ansprechen und ermutigen, ihre Managementfähigkeiten in den entsprechenden Auswahlverfahren unter Beweis zu stellen.

Und: Die Arbeitgeber müssen attraktiver werden und in den Chefetagen öffentlicher Unternehmen zum Beispiel vermehrt flexible Arbeitszeitformen etablieren. Der Wettbewerb um talentierte Führungskräfte ist groß. Mit attraktiven New-Work-Angeboten können Unternehmen im öffentlichen Sektor auch gegenüber der Privatwirtschaft punkten.

Frauen stellen ein unentbehrliches intellektuelles Potenzial dar. Eine ausgewogene Geschlechterverteilung auch in öffentlichen Unternehmen führt außerdem zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern im Bereich der kommunalen Entwicklung. Es ist längst überfällig, die Talente von Frauen vorurteilsfrei anzuerkennen.

Edmund Mastiaux

Der Autor
Edmund Mastiaux ist Geschäftsführer des Zentrums für Management- und Personalberatung Edmund Mastiaux & Partner (ZfM) in Bonn