Für Rettungswagen

Selbst ein Rettungswagen mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn darf nicht blindlings in die Kreuzung bei rotem Ampellicht einfahren. (OLG Naumburg vom 21. Juli 2011 – AZ 4 U 23/11)

Die Fahrt mit einer Patientin der Intensivpflege ist ein qualitativ finanzierter Krankentransport, soweit dies im Rettungsdienstgesetz vorgesehen ist. Es geht dann um eine hoheitliche Tätigkeit, sodass dem Rettungswagen grundsätzlich Sonderrechte nach Paragraf 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zustehen. Allerdings darf der Rettungswagen nur dann das an sich zum Halten verpflichtende rote Ampellicht überfahren und freie Fahrt für sich in Anspruch nehmen, wenn dessen Fahrer sowohl blaues Blinklicht als auch das Martinshorn in Betrieb gesetzt hat.

Den Halter des Einsatzfahrzeuges trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen er die Berechtigung herleitet, Vorrechte anderer Verkehrsteilnehmer nicht zu beachten. Wenn der Nachweis nicht gelingt, dass neben dem Blaulicht auch das Martinshorn eingeschaltet war, verändert sich die Haftungslage.

In dem konkreten Fall hatte sich der Fahrer des Rettungsdienstfahrzeuges neben dem unzulässigen Überfahren des roten Ampellichts auch einen Verstoß gegen Paragraf 35 Abs. 5a StVO zurechnen lassen müssen. Selbst dann, wenn höchste Eile geboten war und der Rettungswagen Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet gehabt hätte, durfte dessen Fahrer nicht gleichsam blindlings oder auf gut Glück in die Kreuzung bei rotem Ampellicht einfahren. Er hätte sich unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zuvor davon überzeugen müssen, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer den Rettungswagen wahrgenommen und sich auf seine Durchfahrt eingestellt hatten.

Nur dann darf nämlich der Fahrer eines Rettungsfahrzeugs darauf vertrauen, dass ihm von den anderen Verkehrsteilnehmern tatsächlich freie Fahrt gewährt wird. Wird dies nicht beachtet, liegt hierin ein gravierender Verkehrsverstoß, der zur Alleinhaftung des Halters des Rettungswagens führt.

Franz Otto