Das Bad Blau bei Ulm soll modernisiert werden, das heißt vor allem: Einsatz erneuerbarer Energien für den Wärmebedarf und zugleich Verbrauchsreduktion. Dafür wird das Freizeitbad smart: Digitales Gebäudemanagement liefert die Basis für die energetische Transformation.

Bis 2028 soll das Bad Blau 80 Prozent seines Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken – verbunden mit deutlichen Einsparungen beim Gesamtverbrauch. Um dies möglichst einfach und effizient umsetzen zu können, setzen die Stadtwerke Blaustein auf eine cloudbasierte Verbundleitstelle für das gesamte Gebäudemanagement.
Mehr als 270.000 Besucherinnen und Besucher zählt das beliebte Freizeitbad pro Jahr. Es verfügt über eine Grundfläche von 3500 Quadratmetern. Davon entfallen über 650 Quadratmeter auf eine Wasserfläche mit Schwimmer- und Erlebnisbecken, auf ein Kinderbecken, einen 34 Grad warmen Whirlpool und eine Saunalandschaft mit sechs Saunen. Hinzu kommt das beheizte Solebecken im Außenbereich, das künftig in einem Anbau als Innenbecken betrieben werden soll – ein erster wichtiger Schritt in Richtung Energieensparung.
Denn bisher wurden allein für die Wassererwärmung und -aufbereitung des Solebeckens rund eine Million Kilowattstunden pro Jahr verbraucht. Dieser Wert soll nach der Inbetriebnahme des neuen Beckens auf rund 350.000 Kilowattstunden sinken.
Freizeitbad-Modernisierung
Der Anbau ist jedoch nur ein Teil der Gesamtstrategie, mit der das Bad Blau fit für die Energiewende gemacht werden soll. Der andere Teil ist die Einführung einer integrierten digitalen Gebäudeleittechnik. Denn das bestehende System war in die Jahre gekommen und konnte die Anforderungen nicht mehr erfüllen. Die technische Basis war veraltet, entsprach nicht mehr den aktuellen Anforderungen an die IT-Sicherheit und wurde auch nicht mehr weiterentwickelt.
Bei der Auswahl des neuen Systems spielten neben der Zukunftssicherheit die Wirtschaftlichkeit und Flexibilität eine wichtige Rolle. Für die Stadtwerke war es nicht darstellbar, eine bestehende Infrastruktur komplett durch eine neue zu ersetzen – zumal das Bad dann für längere Zeit hätte schließen müssen. Stattdessen war ein offenes System gefragt, in das sich funktionierende Komponenten integrieren lassen. Hier kam die OAS Open AutomationSystems GmbH ins Spiel.
Am Anfang des Projekts stand eine umfassende Bestandsaufnahme. Dabei ging es vor allem um die Frage, wo überall auf Daten zugegriffen werden kann. Zum einen, um Verbräuche und andere Informationen sichtbar zu machen. Zum anderen, um auch „schreibend“ und „steuernd“ eingreifen zu können. Dieser Zugriff konnte über das in der Gebäudetechnik übliche C-Bus-Protokoll die vorhandenen Schaltschränke problemlos in die neue Infrastruktur einbinden.
Freizeitbad: Neue Lösungen
Die Wasseraufbereitung für die einzelnen Becken wurde auf diese Weise integriert, ebenso die Lüftung, die Feuchtigkeitssensoren oder die Sensoren zur Messung der Luftqualität in den Umkleideräumen. Sukzessive wurden so alle für den Badebetrieb notwendigen Komponenten in den aktuell zwölf Schaltschränken in den Leitstand integriert. Implementiert wurde das System vom OAS-Partner SRU Steuer- und Regelungstechnik Ulm, mit dem auch die Stadtwerke Blaustein seit Langem zusammenarbeiten.
Inzwischen ist der neue Leitstand in der Cloud in Betrieb gegangen, die alte Lösung konnte endgültig abgeschaltet werden. Damit ist das Bad Blau auch für die weiteren Schritte gerüstet, die auf Basis der neuen digitalen Gebäudeleittechnik zu mehr klimafreundlichem Energieeinsatz und vor allem auch zu spürbaren Kosteneinsparungen führen sollen.
So ist für 2025 die Installation einer Grundwasserwärmepumpe geplant, die durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Strom versorgt wird. Die neue Wärmepumpe wird einen wesentlichen Teil der Last übernehmen, die bisher von mit fossilen Energieträgern betriebenen Gaskesseln erzeugt wird. Dabei wird auch ein Niedertemperaturkreislauf aufgebaut, der die Becken mit Wärme versorgen soll.
Deutlich weniger Kosten
Zudem wollen die Stadtwerke Blaustein an weiteren Stellschrauben drehen. So sollen künftig dynamische Tarife eingesetzt werden, um den Strombedarf für die Wärmepumpe günstiger zu gestalten. Eine neue Besucherzählung auf Basis von LoRaWAN soll die Grundlage für eine differenzierte Steuerung der Lüftungsanlagen liefern.
Möglich wäre auch die Nutzung der Schwimmbecken als Pufferspeicher: Den Becken könnte zusätzliche Wärme zugeführt werden, wenn die Strompreise am Markt gerade niedrig sind oder die PV-Produktion des Schwimmbads hoch ist. Wenn der Strom wieder teurer ist, kann die Wärme mit den drei Blockheizkraftwerken, die bisher für die Grundlast verantwortlich sind, erzeugt werden.
Solange sich das im Rahmen von maximal einem Grad bewegt, ist das nach Angaben der Stadtwerke für die Badegäste kaum spürbar, soll aber messbare Einsparungen bringen – und die fallen bei einem Stromverbrauch von mehr als einer Million Kilowattstunden pro Jahr ins Gewicht. Die Stadtwerke rechnen damit, dass allein durch die neue Leitstelle im ersten Jahr mindestens fünf Prozent der Energiekosten eingespart werden können.
Ralf Rostock
Der Autor
Ralf Rostock ist geschäftsführender Gesellschafter bei der OAS Open AutomationSystems GmbH in Sinsheim..