Fortschrittliche Planung im Straßenbau

Die digitale Planungsmethode Building Information Modeling soll die Qualität, Aktualität und Transparenz der Projektinformationen verbessern und damit auch eine genauere Kostenkalkulation unterstützen. Was das im Straßenbau konkret bedeutet, wurde beim Pilotprojekt Bundesstraße 31 untersucht.

Die BIM-Methode ist in aller Munde. Neugier und Skepsis bei der Anwendung prägen die Diskussion rund um das Bauen der Zukunft. Erste Erfahrungen mit konkret durchgeführten Projekten liegen vor. Sie zeigen die positiven Effekte bei der Anwendung dieses Bauplanungsverfahrens. Building Information Modeling wird im Ausland bereits intensiv angewandt, und auch in Deutschland wächst das Interesse an Informationen zum Thema. Nicht zuletzt seit der Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen der „Reformkommission Großprojekte“ im Jahr 2015 steht BIM auch hierzulande verstärkt im Fokus.

Als Vorteile der BIM-Methode gelten die Qualität, Aktualität und Transparenz der jederzeit auswertbaren Projektinformationen. Dies führt zu einer höheren Sicherheit in der Projektabwicklung sowie in der Folge zu einem minimierten Risiko hinsichtlich Kostensteigerungen und Zeitverzug. Aufgrund des Nutzens für alle Projektbeteiligten möchte das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) das digitale Planen und Bauen bundesweit zum Standard machen. Ab Ende 2020 soll BIM bei allen neu zu planenden Projekten im Zuständigkeitsbereich des BMVI Anwendung finden.

Im Bereich der linienhaften Infrastruktur fördert der Bund den BIM-basierten Planungsprozess zunächst unter anderem bei mehreren Straßenprojekten der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH). Ziel ist es, Empfehlungen für künftige BIM-Planungen zu erarbeiten. Ausgewählt wurden bewusst Projekte in sehr unterschiedlichen Projektphasen, darunter auch der Neubau von drei Bauwerken im Zuge der B 31 Immenstaad – Friedrichshafen in Baden-Württemberg.

Der Neubau des rund rund sieben Kilometer langen Abschnittes der B 31 westlich von Friedrichshafen führt durch das hügelige Gelände des Bodenseeufers bis nach Immenstaad und fügt sich damit in die großräumige Verkehrsführung des Fernverkehrs am nördlichen Bodenseeufer zwischen Lindau im Osten und der A 98 im Westen ein. Zu errichten sind unter anderem drei Ingenieurbauwerke, deren Vorentwurfs- und Entwurfsplanungen ursprünglich nach klassischen Planungsmethoden ausgeschrieben wurden. Dabei handelt es sich um die Errichtung einer 112 Meter langen Grundwasserwanne zur Überführung der B 31 über einen Wirtschaftsweg, die Errichtung eines Brückenbauwerkes im Zuge der B 31 über Gewässer (Stützweite ca. 15 m) sowie die Errichtung einer 13 Meter langen Wirtschaftswegebrücke über Gewässer. Auf Vorschlag eines BIM-erfahrenen Ingenieurbüros aus Stuttgart, das den Auftrag erhielt, erfolgt die Planung jedoch komplett nach der BIM-Methode.

Visualisierung der Planung

Teil des Planungsvorhabens war die komplette Erarbeitung der Vorentwurfs- und Entwurfsplanung nach dem Regelwerk für Ingenieurbauwerke (RAB-ING). Die ersten Konstruktionsideen des Streckenplaners wurden in ein 3D-Modell eingearbeitet und weiter optimiert. Die Eingabe von Bauteileigenschaften vervollständigte die BIM-Anwendung. Die nach den Regelwerken für den Prüf- und Genehmigungsprozess in den Verkehrsministerien des Landes und Bundes erforderlichen Pläne wurden aus dem Modell abgeleitet und mit einer CAD-Software in Teilen vervollständigt.

Hier zeigte sich, dass einerseits die verfügbare Software noch nicht alle Darstellungsdetails direkt aus dem Modell ableiten kann und andererseits die Zeichnungsvorschriften der Regelwerke eine automatische Planableitung erschweren, da sie eine Mischung aus Schnitt, Abwicklung und Ansicht erfordern.

DEGES als Auftraggeber hatte über ein Internetportal jederzeit die Möglichkeit, das Modell ohne zusätzliche Installation von Software zu prüfen. Kommentierungen konnten per Mail ausgetauscht werden.

Die Visualisierung der Planung erfolgte sowohl mittels Modell inklusive Oberflächentextur und gerenderten Videosequenzen als auch anhand einer Virtual-Reality-Umgebung, die das „Begehen“ mittels einer VR-Brille ermöglicht.

Das Modell wurde für die Ermittlung der Hauptmassen genutzt und bildete damit einen Beitrag für die Erstellung der Vergabeunterlage der Bauleistungen. Das durch DEGES bestätigte BIM-Modell wurde den Bauauftragnehmern während der Kalkulationsphase ohne rechtliche Verbindlichkeit informationshalber zur Verfügung gestellt.

In der Bauphase des BIM-Modells werden außerdem vorab erstellte Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) eingebracht. Hierbei kann das Modell auch genutzt werden, um beim Auftragnehmer die erforderliche Ausführungsplanung und Arbeitsvorbereitung durchzuführen.

Ziel der Pilotierung ist die Überführung eines Planungsmodells über die Kalkulationsphase in die Bauphase bis hin zu einem Bestandsmodell. Dieser BIM-Prozess wird dabei ab der Vergabephase in einem Parallelprozess zur klassischen Vorgehensweise geführt, um das Projekt nicht negativ zu beeinträchtigen und wertvolle Erfahrungen zur Anwendung von BIM in Angebotsphase, Bauausführung und als Bestandsunterlage zu sammeln. Es ist geplant, das Bestandsmodell auch dem Straßenbaulastträger zum späteren Betrieb zur Verfügung zu stellen und damit einen Beitrag zur durchgängigen Datennutzung zu leisten.

Parallel konnte gezeigt werden, dass die Visualisierung der Planung mittels Modell und VR-Umgebung einen wesentlichen Beitrag bei der Projektkommunikation gegenüber Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit bieten kann.

Andreas Irngartinger

Der Autor
Andreas Irngartinger ist Bereichsleiter Digitales Planen und Bauen bei der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) mit Sitz in Berlin

Info: BIM-Planung im Straßenbau

Der Neubau eines Abschnitts der B 31 bei Friedrichshafen am Bodensee wurde mit der digitalen BIM-Methode geplant. Für folgende Aufgaben wurde das Instrument eingesetzt:

  • Vorentwurfsplanung (Lph 2 HOAI)

  • Entwurfsplanung (Lph 3 HOAI)

  • Integration einer Fachplanung

  • Modellierung des Bauwerkes und der Verkehrsanlage

  • Mengen- und Kostenberechnung

  • Visualisierung

  • Erstellung einer Virtual-Reality-Umgebung des entstandenen BIM-Modells

  • Potenzieller Einsatz von BIM im Zuge der Ausführungsplanung (Lph 5 HOAI)

  • Erstellung eines BIM-Bestandsmodells für den Betrieb