Der Freistaat Bayern treibt die Förderung zum Aufbau von schnellem Internet voran. Der Markt Kellmünz möchte von diesem Ansatz profitieren und hat sich mit den Vor- und Nachteilen des bundesweiten „Freifunk“-Projekts befasst. Mittlerweile gibt es an mehreren Stellen im Ort freies WLAN.
Mit der vom Freistaat Bayern ausgerufenen Breitbandrichtlinie (BbR) hat sich in den vergangenen Monaten auch der Markt Kellmünz a. d. Iller (rund 1400 Einwohner) auseinandergesetzt. Der Marktgemeinde war vor allem ein Ausbau von frei verfügbaren Internetzugängen im Ortskern wichtig. Bei der Suche nach einer finanzierbaren Lösung zum schrittweisen Aufbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen ist die Gemeinde im Landkreis Neu-Ulm auf das „Freifunk Projekt“ gestoßen. „Die Initialzündung zum Aufbau eines freien Internets war der Bedarf für eine Internetverbindung in unserer Asylbewerberunterkunft“, erklärt Bürgermeister Michael Obst.
Der Förderverein Freie Netzwerke mit Hauptsitz in Berlin möchte die Freifunk-Initiative bundesweit ausbauen. Das wichtigste Ziel ist, unabhängige und nichtkommerzielle Computer-Funknetze zu organisieren, in denen freie Inhalte im öffentlichen Raum verbreitet werden können. Die Nutzer geben im Netzwerk ihre WLAN-Router für den Datentransfer anderer Teilnehmer frei. Über das interne Freifunk-Netz können die Teilnehmer beispielsweise Daten (Text, Musik und Film) übertragen. Die lokalen Communities basieren auf einer Software, die sich auf individuelle Bedürfnisse anpassen lässt. Die Vision des Fördervereins ist aber nicht nur die Ausdehnung freier Netzwerke. Durch die Initiative soll auch die Demokratisierung der Kommunikationsmedien und die Förderung lokaler Sozialstrukturen verstärkt werden.
Ulmer Freifunk-Gruppe unterstützt
Dass auf lokaler Ebene das Freifunk-Projekt mitunter eine Alternative zu den kommerziellen Netzwerkanbietern sein kann, zeigt sich am Beispiel Kellmünz. „Wir entdeckten das Freifunk-Projekt als einzig finanzierbare Alternative für unseren Ort“, betont Bürgermeister Obst. Die Marktgemeinde hat sich auch ein Angebot durch einen professionellen Anbieter von WLAN-Hotspots erstellen lassen. „Die Kosten um den von uns derzeit bereitgestellten Ausbaubereich mit diesem Modell zu realisieren, hätten schnell einen fünfstelligen Betrag erreicht“, unterstreicht der Rathauschef. Diese Summe konnte nicht mit dem Gemeindehaushalt in Einklang gebracht werden.
In der Startphase des Freifunk-Projekts erhielt Kellmünz Unterstützung durch die Freifunk-Gruppe in Ulm. Sie plante die ersten Installationen und justierte die Router. Die ersten Geräte wurden am Rathaus für den Testbetrieb installiert. Um den öffentlichen Freifunkbereich vom Behördennetz zu trennen, war ein zusätzlicher Internetanschluss im Rathaus notwendig. Im nächsten Schritt wurde die Richtfunkstrecke zum Kirchturm implementiert, von dort setzte sich die Verteilung an die verschiedenen Hotspots im Abdeckungsbereich fort.
Die daraus resultierenden Kosten sind für die Marktgemeinde überschaubar. „Das Freifunknetz hat uns bisher mit rund zehn gemeindlich beschafften Routern um die 500 Euro gekostet. Damit versorgen wir etwa 60 Prozent des Ortsbereiches und 90 Prozent der öffentlichen Plätze“, freut sich Bürgermeister Obst. Die monatlichen Kosten für den Internetzugang in Höhe von 25 Euro trägt die Gemeinde. Im Schnitt fallen pro Router im Jahr rund 15 Euro an Stromkosten an. Der Preis für einen Router liegt zwischen 20 und 90 Euro.
Ehrenamtlicher wartet das Netz
Auch haben sich bei der Marktgemeinde genügend Freiwillige gemeldet, die die Wartung der Freifunknetze übernehmen. „Mittlerweile übernimmt der zweite Kommandant unserer Feuerwehr den kompletten Support“, sagt Obst. Derzeit sind 13 Router im Ortsbereich in Betrieb, die partiell mit angepassten Richtfunkantennen die WLAN-Verbindung herstellen. „Auch Bürger haben mittlerweile an ihrem privaten Heimnetz einen Freifunkrouter installiert und erweitern dadurch die Bandbreite und Reichweite des Netzes ganz erheblich.“
Der Bürgermeister und sein Rathaus-Team registrieren die Vorteile des Freifunk-Projekts für die Bewohner im Ort. „Die Lenkungswirkung hin zu Plätzen mit hoher Aufenthaltsqualität ist ein klares Plus“, erklärt Obst. So gibt es mittlerweile WLAN unter anderem an den Wartestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs, im Jugendtreff „Bude“, am Marktplatz und in der Marktstraße, in den gastronomischen Betrieben oder am Sportplatz wie auch im Dorfladen.
Der Bauhof konnte ebenfalls an das Freifunknetz angebunden werden. „Dort war bisher durch den fehlenden Telefonanschluss kein Internet vorhanden“, sagt Obst. Der nächste Ausbau soll den Liegebereich am Baggersee und den archäologischen Park berücksichtigen. Noch nicht ausreichend versorgt sind bisher die Wohngebiete. „Dort ist die Versorgung aber aus unserer Sicht zweitrangig gegenüber den Bereichen, in denen sich Besucher, Touristen und Einheimische dynamisch bewegen“, erläutert Obst. Von dem Freifunk-Projekt in Kellmünz geht für den Bürgermeister eine klare Signalwirkung aus. „Zuletzt haben sich auch Bürgermeister aus den Nachbarkommunen für unser Modell interessiert und sich die Technik angesehen.“
Andreas Scholz
Der Autor
Andreas Scholz, Schwäbisch Hall, ist freier Journalist