Energiespartipps eines IT-Experten

Wer in einem Rechenzentrum Energie sparen will, sollte über eine aktuelle, gepflegte und umfangreiche Dokumentation der IT-Infrastruktur verfügen, empfiehlt Oliver Lindner. Foto: Adobe Stock/Sashkin

Die Geräte von Rechenzentren fressen geradezu Energie – sie einfach nur auszuwechseln, ist aber nicht unbedingt die beste Idee.

Natürlich zahlt das Sparen von Energie auf das Konto von Nachhaltigkeitsinitiativen ein. Oft lenken Kommunen und Energieversorger ihren Blick aber viel zu stark auf einzelne Geräte und dort auf das Thema Energieverbrauch. Das führt nicht selten zu eher nicht nachhaltigen Aktionen: Etwa einen gut laufenden, drei Jahre alten Server auszutauschen, weil das neue Gerät acht Prozent sparsamer ist – berechnet man den Ressourcenverbrauch zur Produktion des Servers und das Recycling mit ein, belastet der Austausch die Umwelt jedoch mehr, als die Stromersparnis einbringt.

Es macht also Sinn, einen Schritt zurückzutreten und mehr auf das große Ganze zu schauen. Schnell wird dann klar, dass es für viele Nachhaltigkeitsideen Daten braucht, die erfasst werden müssen. Gut aufgestellt ist, wer über eine aktuelle, gepflegte und umfangreiche Dokumentation der IT-Infrastruktur verfügt, die im Idealfall wichtige Daten vorhält. Dabei sollte man Folgendes beachten:

1. Ghost-Systeme finden

Das ist ein Quick-Win mit großem Potenzial: Gezielt nach Systemen suchen, die zwar in Betrieb sind, von denen aber niemand weiß, was darauf eigentlich läuft oder wer das System noch benötigt. Ein laufender, aber nutzloser Server kann mehrere 100 Watt verbrauchen und übers Jahr viele 100, wenn nicht sogar mehr als 1.000 Euro an Strom kosten. Hinzu kommt die Kühlungsleistung der Klimaanlage.

2. IT-Systeme verdichten

Stärkere Virtualisierung der Server, aber auch der Netzwerkhardware sowie der Ersatz von Kupferkabel durch Glasfaser führt zu einer Verdichtung von IT-Hardware. Damit sinkt die Anzahl der konkret eingesetzten Geräte, und es wird weniger Raum gebraucht, den es zu kühlen gilt. Hierbei gilt es auch, wenig ausgelastete IT-Hardware zu finden und deren Anwendungslast auf andere Systeme zu verteilen, um so Systeme abschalten zu können. Darüber lassen sich direkte Stromverbräuche bei der IT-Hardware senken und das Kühlsystem wird entlastet. Eine Verdichtung beugt auch Neubauten vor, da mehr Leistung in den Bestandsbauten untergebracht werden kann. Damit lassen sich viele Tonnen CO2 sparen, die sonst bei der Produktion von Beton entstehen. Bei der Verdichtung ist eine IT-Dokumentation wichtig, mit der die Transformation minutiös vorgeplant und die Umsetzung quasi in Echtzeit begleitet wird: Sie senkt die psychologische Hürde, ein solches Projekt anzugehen, und begrenzt Ausfallzeiten auf ein Minimum.

3. Kühlungshotspots vermeiden

Begrenzende Faktoren beim Kühlen eines Rechenzentrums sind die Geräte, die an vorgegebene Niedrigtemperaturen gebunden sind. Gibt es mehrere Objekte, die nah beieinander liegen und lokal viel Hitze erzeugen, kann es nötig sein, die Kühlung hochzufahren, um die lokale Raumtemperatur unter diesem Grenzwert zu halten. Mit der Verteilung der Hitzespitzen produzierenden IT-Hardware über das Rechenzentrum (oder über mehrere Räume) lässt sich die Raumtemperatur moderat anheben und die Kühlleistung senken, ohne dass empfindliche Geräte beeinträchtigt werden. Das senkt die Gesamtkühlleistung und die Umweltlast insgesamt erheblich.

4. Einsätze genau planen und bündeln

Einsatzfahrten von IT-Service-Technikteams sind aus mehreren Gründen wenig nachhaltig: Sie kosten Treibstoff, Ressourcen und viel Zeit (und damit Geld). Auf Flughäfen beispielsweise kann ein einziger Serviceeinsatz 90 Minuten dauern, nur weil der Mitarbeitende um den halben Flughafen und durch diverse Sicherheitsbereiche fahren muss. Wer Serviceeinsätze effizient bündelt, Routen optimiert und dafür sorgt, dass alles für den Einsatz Notwendige auch garantiert im Servicefahrzeug mittransportiert wird, kann den Ressourcenverbrauch um bis zu 90 Prozent senken. Hier kann eine Planungssoftware, die auf einer aktuellen IT-Dokumentation aufsetzt, gezielt unterstützen, um keine Teile zu vergessen und sich vorab ein genaues (virtuelles) Bild des Einsatzortes zu machen. Dabei helfen zum Beispiel 3D-Ansichten der Räumlichkeiten und Racks.

5. Kapazität zurückgewinnen

Wenn IT-Komponenten ausgetauscht werden müssen, weil die Hardware nicht mehr für steigende Anforderungen benötigte Leistung bringt, sollte eine Verwaltung sich fragen, ob, wie und wo sich die ausgemusterten Geräte noch sinnvoll einsetzen lassen. Durch Virtualisierung lassen sich Lasten neu verteilen und damit auch ältere Geräte weiter einsetzen. Im übrigen verbrauchen PC- und Serversysteme, die am Anschlag laufen, überproportional viel Strom. Eine gezielte Senkung der Maximalfrequenzen bei CPUs (Central Processing Unit – zentrale Prozessoreneinheit) etwa kann den Stromverbrauch deutlich vermindern. Wichtig hierbei ist größtmögliche Transparenz über alle eingesetzten Systeme sowie die Anwendungen und Services, die auf ihnen laufen. Nur dann lassen sich Zusammenhänge und Nutzungspotenziale sichtbar machen und besser verteilen.

Wie die Tipps zeigen, lässt sich die Nachhaltigkeit durch einfache, aber gezielte Maßnahmen verbessern, die meist keine oder nur geringe Investitionen erfordern. Basis der Transformation sind allerdings Transparenz und Datenerfassung: Wer nicht weiß, wo was läuft und wieviel verbraucht wird, tut sich schwer, die Stellen zu finden, wo eine Optimierung sinnvoll ist. Eine umfassende, detaillierte IT-Dokumentation kann zum einen die notwendigen Daten liefern, zum anderen bei der Planung der Transformation optimal unterstützen.

Oliver Lindner


Der Autor

Oliver Lindner ist Director of Product Management beim Ellwanger Softwareunternehmen FNT GmbH.