Elektroschrott enthält wertvolle Metalle wie auch Schadstoffe. Daher ist die kontrollierte Erfassung unabdingbar. Diese Sorgfaltspflicht betrifft unmittelbar die kommunalen Annahmestellen. Ein Weiterreichen der Verantwortung an nachgelagerte Stellen der Kreislaufwirtschaft ist nicht zielführend.
Elektro- und Elektronikaltgeräte sind wertvolle Rohstoffquellen. Neben wertvollen Metallen, verschiedenen Edelmetallen, Kunststoffen, Glas und Keramik enthalten die Geräte aber auch umweltschädliche Bestandteile, wie zum Beispiel Blei, Quecksilber oder Cadmium. Das Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten ist aufgrund der verschiedensten Materialzusammensetzungen und des richtigen Handlings verbauter Schadstoffe eine komplexe Aufgabe für spezialisierte Unternehmen. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die durch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) geregelten Stoffströme in die richtigen Anlagen gelenkt und richtig vorsortiert werden.
Leider sieht auch das aktuelle ElektroG nicht vor, dass die Erstbehandlungsanlage einen vertraglich geregelten Einfluss auf die Sammlung an den zumeist kommunal betriebenen Übergabestellen hat. Seit Beginn der gesetzlichen Regelungen zum Altgeräterecycling ist dies einer der wesentlichen Kritikpunkte, denn auch nach mehr als einem Jahrzehnt funktioniert eine zerstörungsfreie Sammlung von Bildschirmgeräten immer noch nicht flächendeckend. Durch Bruch quecksilberhaltiger Röhren werden nach wie vor emittierende Schadstoffe in die Demontage verschleppt.
Die Entsorgungswirtschaft hat sich daher für die getrennte Erfassung von Flachbildschirmen ausgesprochen und auch einen Vorschlag erarbeitet, welche Behältnisse für den sicheren Transport geeignet wären. Eine Änderung der Logistik ist aber nur mit einer Öffnung des ElektroG möglich.
Darüber hinaus sind alle batteriebetriebenen Geräte an den Sammelstellen separat zu erfassen. Dies und der nachfolgende sichere Transport (entsprechend der Vorgaben des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, ADR) sollen insbesondere das Brandrisiko verhindern. Aber auch hier ist es in der Praxis eher die Regel, dass es zu Fehlwürfen kommt. In Gebietskörperschaften, die keinen Vollzug zu fürchten haben, wird die getrennte Sammlung auch schon einmal schlichtweg ignoriert. Fahrlässig und rücksichtslos wird dabei sämtliches Risiko auf die Erstbehandlungsanlage übertragen.
Erfassung mit Sorgfalt und Fachkenntnis
Die Aufgaben in der Sammlung sind seit dem 15. August 2018 noch komplexer geworden. Denn mit dem sogenannten Open-Scope 2018 fallen grundsätzlich alle elektrischen und elektronischen Geräte in den offenen Anwendungsbereich des Gesetzes. Zum Beispiel können auch Möbel- und Bekleidungsstücke mit elektronischen Funktionen vom Anwendungsbereich erfasst sein.
Da Elektro(nik)-Altgeräte schadstoffhaltige Bauteile enthalten, müssen sie bei der Erfassung mit gebotener Sorgfalt und Fachkenntnis angenommen werden, wie es heute auch schon bei Sonderabfällen geschieht. Bei den kommunalen Erfassungsstellen wird der Bürger jedoch bei der Abgabe und speziell mit der Aufgabe der richtigen Einordnung in die Sammelgruppen häufig alleine gelassen. In Luxemburg gibt es bereits Sammelstellen, die das Erfassen als ersten Schritt der Wertstoffgewinnung und Schadstoffbehandlung begreifen und dem Bürger durch fachkundige Annahme der Altgeräte die Aufgabe der richtigen Einordnung abnehmen. Diese „Thekenmodelle“ sollten ein Beispiel für Deutschland sein.
In dieser Legislaturperiode steht eine Novellierung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes an. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass Deutschland die von der WEEE-Richtlinie (2012/19/EU) über Elektro- und Elektronik-Altgeräte für das Jahr 2019 vorgegebene Sammelquote wohl nicht erreichen wird. Die EU-Vorgabe sieht die Erfassung von 65 Prozent der im Durchschnitt in den zurückliegenden drei Jahren verkauften Neugeräte vor. Derzeit liegt die erreichte Sammelquote bei lediglich 45 Prozent.
Dabei sind die Sammelmengen durchaus im Markt vorhanden. Allerdings laufen zu viele Mengen an den für die Behandlung von Altgeräten zugelassenen Anlagen vorbei. Zu den Gründen für den Materialschlupf zählen die Entsorgung mülltonnengängiger Kleingeräte über die Restmülltonne, die Entsorgung von Elektro(nik)-Altgeräten über den Allgemeinschrott und der illegale Export nicht gebrauchsfähiger Geräte.
Das bestehende Erfassungssystem muss daher neu justiert werden, um die vorgegebenen Zielgrößen erreichen zu können. Dazu hat die Recyclingbranche Vorschläge unterbreitet. Die vier wichtigsten Forderungen des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) sind:
-
Verbraucher informieren: Ein Großteil der Verbraucher gibt in Umfragen zwar an, über die Abgabemöglichkeiten von Altgeräten informiert zu sein, doch das spiegelt sich nicht ausreichend im Sammelergebnis wider. Deshalb sind die Produktverantwortlichen in der Pflicht, die Öffentlichkeitsarbeit in regionalen wie überregionalen Kampagnen zu intensivieren.
-
Verbraucherfreundliche und bürgernahe Erfassungsstrukturen schaffen: Die Erfassung über das vorhandene Netz kommunaler Wertstoffhöfe hat sich grundsätzlich bewährt, da die Kommunen vor Ort in der Regel erster Ansprechpartner für die Bürger sind. Oftmals stimmen Öffnungszeiten mit den Lebensgewohnheiten der Bürger jedoch nicht überein. Daher sollten auch nach dem ElektroG zertifizierte Betriebe die Altgeräte direkt vom Bürger annehmen dürfen. Dies würde zu einer Ausweitung des aktuellen Sammelnetzes führen und dazu beitragen, die Sammelmengen zu steigern.
-
Schlupflöcher durch Vollzug schließen: Der illegale Export von Elektro(nik)-Altgeräten schädigt die hiesige Wirtschaft und trägt zur Umweltverschmutzung und Gesundheitsgefährdung in Drittstaaten bei. Die rechtlichen Grundlagen wurden mit der Beweislastumkehr geschaffen. Nun ist es am Vollzug, den illegalen Export zu überprüfen und zu stoppen. Deshalb muss der Zoll entsprechende personelle und finanzielle Möglichkeiten erhalten, die neuen Vorschriften effektiv kontrollieren zu können.
-
Infrastrukturabgabe zur Finanzierung der Sammlung: Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen heute den größten Teil der Sammelinfrastruktur zur Verfügung. Um Kosten für die Sammelinfrastruktur refinanzieren zu können, haben sie bisher die Möglichkeit, einzelne Sammelgruppen selbst zu vermarkten. Aktuelle Marktentwicklungen und die Veränderung führen jedoch dazu, dass diese Möglichkeit finanziell unattraktiv geworden ist. Daher muss über die Einführung einer Infrastrukturabgabe durch die produktverantwortlichen Hersteller zur Finanzierung der Sammlung nachgedacht werden.
Eric Rehbock
Der Autor
Eric Rehbock ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) in Bonn