Der Markt an Telematiksystemen für die Anwendung im kommunalen Einsatz bietet vor allem Hard- und Software rund um den Winterdienst. Mit Funktionen wie der elektronisch gesteuerten Anpassung der Streumenge an die Wetterlage wollen die Programme den Räum- und Streudienst wirtschaftlicher machen.
Wie geht Einsatz- und Fuhrparkmanagement technisch? Der Markt der Möglichkeiten ist groß. Das Hauptgewicht liegt eindeutig auf dem Winterdienstbereich, Lösungen insbesondere für die Dokumentation greifen aber inzwischen auch nach Kehraufgaben und der Laubbeseitigung. Es gibt die über Smartphone laufende direkte Dokumentation oder das umfassende, die Funktionen von Fahrzeug und Geräten einbeziehende Gesamtlösung.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Welt der Winterdienst-Managementsysteme sowie der Winterdienst-Dokumentation.
Winterdienst-Managementsysteme
Aebi Schmidt
Das von Aebi Schmidt im Mai vergangenen Jahres eingeführte System „SmartWinterCare“ schafft weitgehende Kontroll- und Informationsmöglichkeiten vom PC im Büro aus. Das Programm dient als digitale Plattform, um die Einsatzfahrzeuge zu verfolgen. Dazu müssen diese mit einem GPS-Gerät zur eigenen Ortung und einem Datencontroller ausgerüstet werden. Der Server speichert alle Tourdaten, auf die der Bauhof per eigenen Account vom PC aus Zugriff hat. Außerdem lassen sich Tour und Fahrzeuge auf diesem Weg überwachen und Störungen signalisieren.
Optische Basis sind die Karten von Google Map. Per Mausklick kommt der Bediener im Büro an jeden Punkt der Tour, um sich über den bisherigen Ablauf und die aktuelle Situation zu informieren einschließlich der Maschinendaten wie Streubreite, Streumitteldosierung oder Start und Ende des Einsatzes. Das im System dafür zuständige Element heißt „WinterLogikLive“. Es ist in der Lage, die zurückliegenden 24 Stunden Einsatz jederzeit einzuspielen.
Bucher municipal / Gmeiner
Zwei wichtige Bauteile gehören zu dem erst kürzlich auf den Markt gebrachten System von Bucher municipal, in Deutschland vertreten durch den Hersteller Gmeiner. Als Grundausstattung steht „Easycom“ zur Verfügung, ein Bordrechner, der alle relevanten Daten auf sein kleines Display einspielt. Aufgerufen werden die Daten über Joystick, auch die Verstellung der jeweiligen Parameter läuft auf diesem Wege. Überwachung des Streugutbehälter-Füllstandes und die Ansteuerung einer elektronischen Streubildverstellung gehören ebenfalls zur Basisversion, die geschwindigkeitsabhängig arbeitet.
„Ecosat“ hebt das System dann auf ein anders Niveau. Hier gibt es ein entspiegeltes 7-Zoll-Grafikdisplay; Drehknöpfe ermöglichen eine einfache Einstellung der einsatzspezifischen Daten wie Streumenge und Streubreite. Die geschwindigkeitsabhängige Streubildnachführung ist Serie. Das Ganze geht auch automatisch. Dazu gibt es die elektronische Streubildverstellung als Zusatzausrüstung. Sie bietet den Komfort, das Streubild permanent und von selbst im optimalen Bereich zu halten. Grundlage ist eine einmal durchgeführte Referenzfahrt mit den exakten Streuparametern. Außerdem gibt es Module zur Kommunikation über eine Satellitenverbindung zum Bauhof, zur Positionierung der Fahrzeuge und zur Auswertung.
Das integrierte Streudatenerfassungssystem heißt „Routeinform“ und kann mit dem automatischen Streusystem „RouteReplay“ ergänzt werden. Einmal pro Minute landen die Informationen auf dem Server und damit auf dem PC im Büro. Auf dem Display von Ecosat erscheinen Karten und Daten zur Information des Fahrers, er wird durch die aufgezeichnete Streuroute navigiert.
Epoke
Der dänische Hersteller Epoke hat ganz frisch in seinem System die Bedieneinheit Epomaster X 1 vorgestellt. Sie bietet mehr Übersichtlichkeit und eine vereinfachte Bedienung. Für die Übertragung der Daten ist bei Epoke „Eurotrack“ zuständig. Sie läuft über das Internet, sodass im Büro dafür keine Hardware vorgehalten werden muss. Die Daten sammelt ein Rechner am Fahrzeug. Dazu gehören auch fahrzeugspezifische Informationen wie beispielsweise Warnungen bei überschrittenen Serviceterminen.
„EpoSat“ steht für die GPS-gesteuerte Streuung. Diese kontrolliert automatisch die Streueinstellungen an der gerade aktuellen Stelle der Route. Bedingung ist eine vorherige Programmierung und Einspeisung in den Computer des Streugerätes. Auch hier gibt es die temperaturabhängige Steuerung als Zusatzmodul („EpoTherm“). Und schließlich noch die Navigationshilfe „EpoNav X1“. Sie führt auch den streckenunkundigen Fahrer über die Route.
Küpper-Weisser
Hinter dem Hersteller aus Bräunlingen im Schwarzwald steht Boschung aus der Schweiz mit einem weitreichenden Winterdienstprogramm. Hierzu zählen auch die (hauseigenen) Taumittelsprühanlagen und Programme für Flughäfen. In der höchsten Stufe heißt das System „BORRMA-web“. Sein Clou ist die dynamische Karte, eine Kombination von Karten und Satellitenbildern einerseits und dynamischen Informationsschichten mit Daten zur Straße, aus stationären Messstellen und aus den Fahrzeugen andererseits. Sogar Prognosen können einbezogen werden.
Alles wird auf dem Hauptserver abgelegt und erlaubt so per Internet eine Gesamtübersicht sowohl über den Einsatz in Echtzeit wie auch für die Dokumentation. Sogar die Weiterleitung von Alarmen ist möglich. Auslösen müssen diese aber immer noch die Verantwortlichen.
Unverzichtbare Bausteine dabei sind Module im Fahrzeug. „Optiwet“ regelt die Auswurfmenge nach Fahrgeschwindigkeit und die notwendige Streubreite, „Thermomat“ den Auswurf in Abhängigkeit von der Fahrbahntemperatur und das Bedienpult „VPad“ stellt alle Fahrzeugdaten einschließlich der genutzten Winterdienstgeräte zur Verfügung, ohne manuellen Aufwand.
Die erfassten Daten werden online während des Einsatzes oder offline nach dem Einsatz an die Datenbank des Systems übertragen. Über die Online-Kommunikation können die Einsatzdaten und Fahrzeugpositionen auf der dynamischen Karte während des laufenden Einsatzes verfolgt werden.
Winterdienst-Dokumentation
Agilogik
Eine ganz neue Form der Datenerfassung ist die Winterdienst-App von Agilogik. Dort arbeitet man der Übertragung des Systems auf Kehren, Mähen und das Beseitigen von Laub. Im Prinzip kein Problem dank ganz ähnlicher Abläufe. Bei solchen Arbeitsflächen müssen aber auch Bereiche elektronisch erfasst werden, die nicht in üblichen Straßenkarten verzeichnet sind.
Alle Daten für Abrechnungen, Arbeitszeiterfassungen und Streufahrt laufen über das (von Agilogik beschaffte, spezielle) Smartphone des Fahrers auf dem Server des Herstellers per GPS. Die andere Grundlage ist spezielles, vom Anbieter zusammengestelltes Kartenmaterial.
Der Nutzer auf dem Bauhof hat dann ebenfalls per Smartphone Zugriff, die Software im Büro entfällt. Dr. Michael Barth, Geschäftsführer bei Agilogik, hatte sich allerdings bei Kommunen eine größere Resonanz seiner Idee versprochen. Nur ganz wenige haben bislang zugegriffen, unter privaten Dienstleistern sind es immerhin ein paar Dutzend bei wachsendem Interesse. In den Bauhöfen der Kommunen gebe es viele Zweifel an der Sache, während private Dienstleister sie bereitwillig würden. Barth: „Bei den Kommunen haben wir uns in der zeitlichen Verzögerung etwas verschätzt“. Gleichwohl hält er an der Idee fest. Deren Kernpunkt ist ein für den Nutzer sehr kostengünstiger und einfach zu praktizierender Weg, allerdings – auch der Einfachheit wegen – ohne die Zusatzfunktionen der kompletten Winterdienstmanagement-Systeme.
MMlab
Ein reines Datenerfassungssystem bietet auch der Softwarespezialist MMlab in Kornwestheim an. Es besteht aus Telematik-Endgeräten in den Fahrzeugen und der hauseigenen Software. Beim Nutzer muss zudem ein Server zur Verfügung stehen – das kann auch ein bereits vorhandener oder ein mit einer anderen Kommune gemeinsam genutzter Server sein. Mit diesem Trio lassen sich alle Daten einer Tour in Echtzeit erfassen, von der Tourenplanung über Routenoptimierung bis zur Tourenauswertung. Die Dokumentation steht auf dem Niveau einer digitalen Signatur und hat sich, wie Projektleiter Otmar Lasser bestätigt, als gerichtsfest erwiesen.
Dieser Punkt wird immer wichtiger sowohl für kommunale Bauhöfe wie auch für beauftragte Dienstleister. Ein per Hand geführtes Streubuch bietet Anfechtungsmöglichkeiten, unabhängig davon, ob die entsprechenden Aussagen nur vorgeschoben sind oder der Wahrheit entsprechen. Der Bordrechner im Fahrzeug verfügt über GPS, Mobilfunk und die Schnittstellen zu den Geräten.
Möglich ist auch die Einbeziehung aktuell am Fahrzeug ermittelter Wetterdaten – gedacht als Information für den Einsatzleiter, nicht zum Steuern des Streuautomaten. Die Beschaffungskosten sind mit rund 40.000 Euro nicht weit entfernt von denen für ein komplettes Winterdienstmanagementsystem, das sich in der Regel bei rund 50.000 Euro veranschlagen lässt.
Fiedler
Ein Steuergerät nicht nur für Winterdienstgeräte hat der Hersteller Fiedler aus Sachsen in seinem Angebot. Die Bedieneinheit ist auch auf das gesamte hauseigene An- und Aufbaugeräteprogramm abgestimmt. Das hat den Vorteil, dass sich der Bediener beim Wechsel von Geräten oder der Einsatzart nicht umzustellen braucht.
Oberhalb der „Fiedler easy Control“ (FEC) gibt es die „Fiedler Multimatic-Control“ (FMC). Beide dienen der Datenerfassung und Dokumentation, sowohl auf den Einsatz wie auf das Fahrzeug bezogen. Für FMC steht zusätzlich eine spezielle Auswertungsfunktion für den Winterdienst zur Verfügung („Streumatik“). Über GPS werden dabei Streumenge, Streubreite und andere Daten geschwindigkeitsabhängig ermittelt und gespeichert.
Vorbehalte gegen die Beschaffung
Die Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Systeme ist groß, vorausgesetzt, sie bewähren sich in der Praxis wie versprochen und rechtfertigen so die Investition. Allerdings geht es bei einer Beschaffung nicht immer nur um die Kosten. Einige Anbieter berichten von starken emotionalen Vorbehalten bei Personalräten in den Kommunen gegen alles, was zu einer Überwachung der Fahrer beitragen könnte. Und die Frage der gerichtsfesten Dokumentation, die die Systemanbieter in der Regel garantieren, wird vielerorts erst dann eine Rolle spielen, wenn Streit und Klagen ins Haus stehen.
Matthias Röcke
Der Autor
Matthias Röcke, Sinzig, ist freier Journalist mit Schwerpunkt Technik