Ein Element kommunaler Nachhaltigkeit

Rechenzentren sind Teil des digitalen Ökosystems und werden damit zukünftig zum zentralen Wettbewerbs- und Standortfaktor. Foto: Adobe Stock/ihorga

Wie wichtig sind Rechenzentren für die digitale Infrastruktur und wie kommt der Ausbau voran? Wie können Kommunen diesen Beitrag zur Digitalisierung unterstützen – und warum sollten sie es tun? Antworten gibt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland.

Herr Waldhauser, warum ist es wichtig, jetzt in den Ausbau digitaler Infrastrukturen – speziell in Rechenzentren – zu investieren?
Béla Waldhauser: Die Coronakrise hat es uns allen eindrücklich vor Augen geführt: Digitale Technologien und Anwendungen haben nicht nur die Wirtschaft in den vergangenen Monaten am Laufen gehalten, sondern auch unser gesellschaftliches Leben. Dafür brauchte es vor allem leistungsfähige digitale Infrastrukturen. Rechenzentren und weitere Betreiber digitaler Infrastrukturen haben dafür vor allem während des Lockdowns unter Hochbetrieb gearbeitet, um diese gewaltigen Anforderungen kurzfristig möglich zu machen. Jetzt gilt es, gemeinsam mit Bund, Ländern, Kommunen und der Wirtschaft Maßnahmen zu entwickeln, die auf eine langfristige und effiziente Digitalisierungsstrategie für Deutschland und Europa abzielen. Der Bedarf an digitalen Technologien und Anwendungen wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Um dies auch weiterhin gut zu bewältigen, benötigen wir flächendeckende digitale Infrastrukturen, von denen nicht nur unser Arbeits- und Privatleben, sondern auch das Klima langfristig profitieren werden. Denn fest steht: Digitale Infrastrukturen, insbesondere Rechenzentren, bilden nicht nur einen zentralen Baustein für die Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts, sondern tragen auch dazu bei, die aktuellen Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu bewältigen.

Was können Kommunen tun, um digitale Infrastrukturen und speziell die Rechenzentren-Landschaft in Deutschland zu fördern?
Waldhauser: Digitale Infrastrukturen, zu denen auch Rechenzentren als Teil des digitalen Ökosystems gehören, werden zukünftig ebenso wie die Verfügbarkeit von Breitband und Hochleistungsnetzen zu einem zentralen Standort- und Wettbewerbsfaktor werden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten sich Kommunen jetzt Gedanken machen, wie sie die Digitalisierung allgemein und damit auch Edge Computing und regionale Rechenzentren stärker herausstellen und unterstützen können. Um möglichst kostengünstig die Breitbandnutzung und den Glasfaserausbau zu beschleunigen, sollten Kommunen zum Beispiel bei jeglichen Tiefbauprojekten Leerrohre installieren. Diese könnten dann an verschiedene Telekommunikationsunternehmen vermietet werden, um die Verbreitung von Glasfaseranschlüssen zu beschleunigen. Denn leider ist Deutschland innerhalb der EU beim Thema Glasfaseranschlüsse auf dem vorletzten Platz. Zudem können Kommunen dazu beitragen, dass die Abwärmenutzung von Rechenzentren unter Einbeziehung der Betreiber mit in die Umsetzung integrierter Stadt- und Raumplanungskonzepte einfließt. So sollte die Politik die Abwärme von Rechenzentren als Element einer nachhaltigen Energie- und Wärmeversorgung in Zukunft verstärkt fördern. Dies kann durch ökonomische Anreize und gemeinsame Initiativen von Kommunen, Energieversorgern, Netzbetreibern, Rechenzentren und Abwärmenutzern erfolgen. Weiter können Kommunen dabei helfen, gemeinsam mit Bund und Ländern Lösungen für schlankere Verwaltungsprozesse für Neubauten, Änderungen und Modernisierungen von Rechenzentren zu finden. Im Schnitt dauert ein solches Genehmigungsverfahren etwa ein halbes Jahr, hinzu kommt dann noch eine zusätzliche Vorbereitungszeit von etwa drei Monaten. Hier muss Deutschland schneller werden.

Sind andere Länder hier weiter? Was können wir uns abschauen?
Waldhauser: Machen wir uns nichts vor, Deutschland ist ein Bürokratieland. Aber dennoch: Gerade was Verwaltungsprozesse betrifft, können wir von anderen Ländern in Europa, in Asien oder den USA – wo ein Rechenzentrum in nur wenigen Monaten geplant, gebaut und in Betrieb genommen werden kann – viel lernen. Darüber hinaus haben andere europäische Länder, wie beispielsweise Frankreich oder auch die skandinavischen Länder, einen weiteren entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Ihre Stromkosten sind wesentlich geringer als hier in Deutschland. Das liegt vor allem an der sogenannten EEG-Umlage, der Stromsteuer und weiterer Abgaben, die es in dieser Art und Höhe in anderen Ländern gar nicht gibt. Hier muss also dringend etwas getan und Stromkosten müssen wettbewerbsfreundlicher gestaltet werden.

Gibt es auch etwas, mit dem Deutschland beim Thema Rechenzentren glänzen kann?
Waldhauser: Beim ganz aktuellen Thema Nachhaltigkeit nimmt Deutschland klar eine Vorreiterrolle ein. Aber auch hierzulande kann die Politik mithilfe einer beschleunigten Energiewende entscheidend dazu beitragen, dass der zur Verfügung gestellte Energiemix noch weiter optimiert und die CO2-Emissionen dadurch noch zügiger gesenkt werden. Dies sind auch zentrale Ergebnisse einer neuen Studie, die der Eco-Verband und die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen gemeinsam mit dem Borderstep-Institut und mit Unterstützung des Vodafone-Instituts erarbeitet haben. Gleichzeitig gilt: Auch wenn wir jetzt schon viel erreicht haben und deutsche sowie europäische Rechenzentren zu den energieeffizientesten weltweit zählen, wird der Bedarf an Rechenkapazität in den kommenden Jahren weiter steigen.

Wie kann es weitergehen?
Waldhauser: Wir müssen jetzt gemeinsam mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft geeignete Strategien entwickeln, um mit noch energieeffizienteren Technologien und Lösungen den zusätzlichen kommenden Bedarf aufzufangen und einen möglichst klimaneutralen Betrieb anzustreben. Auch dafür braucht unsere Branche in Zukunft weitere Unterstützung von den Kommunen.

Interview: Denise Fiedler

Dr. Béla Waldhaußer ist Chief Executive Officer der Telehouse Deutschland GmbH/KDDI Deutschland GmbH und Sprecher des eco Verbands.