Endlich papierlos


An der E-Rechnung führt kein Weg vorbei — was tun kommunale Verwaltungen, um sich darauf einzustellen, und welche Erfahrungen machen sie? Wie es im baden-württembergischen Waldkirch läuft, berichtet Bärbel Roser-Pirk.

E-Rechnung
Waldkirch im Breisgau: Die Stadt mit 22.000 Einwohnern erhält rund 13.000 Rechnungen pro Jahr. Foto: Adobe Stock/simonwhitehurst


Zum 1. März 2024 hat die Stadt Waldkirch den Rechnungseingang digitalisiert und auf eine durchgängige Bearbeitung am PC umgestellt. Vorher wurde festgestellt, dass pro Jahr rund 13.000 Rechnungen eingehen — in einer Stadt mit 22.100 Einwohnern und etwa 160 Bewirtschaftern keine überraschende Größe.

Die Frage nach einer geeigneten Software für die E-Rechnung wurde mit Hilfe des städtischen Partners Komm.One schnell beantwortet: Die Software enaio von Optimal Systems ermöglicht es, nicht nur Rechnungen, sondern das gesamte Schriftgut der Stadt zu verarbeiten und in ein Wissensmanagement zu integrieren.

Im nächsten Schritt ging es um die technischen Voraussetzungen — und um die Frage, ob sie für alle Bewirtschafter vorliegen. Wie die meisten Städte hat auch Waldkirch über das ganze Stadtgebiet verteilt Außenstellen wie Schulen, Kitas oder ein Freibad. Nachdem die technischen Herausforderungen durch ein stadteigenes Projekt der IT-Abteilung mit den Stadtwerken Waldkirch gelöst wurden, waren die Grundlagen geschaffen.

Ursprünglich hatte das Projekt lediglich zum Ziel, die Telefonie auf VoIP umzustellen. Dann wurde jedoch beschlossen, im gleichen Zug ein „Stadtnetzwerk“ aufzubauen, sodass seitdem fast alle Außenstellen einen direkten Zugriff auf das städtische LAN haben. Eine weitere Herausforderung bestand darin, eine Schnittstelle der autonomen Finanzwesenssoftware Finanz+ von Dataplan zu enaio zu schaffen. Auch diese wurde gemeistert.

Bevor das System zur Nutzung freigegeben werden konnte, musste die Software zunächst getestet werden. Dafür Mitarbeitende zu finden, ist in Zeiten von Fachkräftemangel und der damit verbundenen Zeitknappheit im Alltag keine leichte Aufgabe. Aber es konnten Key-User gewonnen werden, die Abläufe mit „echten eigenen“ Daten auf einer Testdatenbank auf deren Funktionalität prüften. Mit einem guten Konzept und viel Begeisterung wurden in vier Testphasen die entwickelten Workflows ausprobiert und verbessert.

Behutsam mit dem neuen umgehen

Zum Zeitpunkt der Produktivsetzung spürte man in den Fachbereichen neben der überwiegenden Begeisterung auch Verunsicherung. Hier halfen persönliche Ermutigung und gegebenenfalls eine zunächst nur schrittweise Umstellung auf das neue System. So ließen sich auch die „scheuen“ Nutzenden nach und nach für das papierlose Arbeiten gewinnen.

Durch die direkte gemeinsame Arbeit an Vorgängen, bei denen nichts mehr physisch versendet werden muss, beschleunigt sich der Workflow wesentlich. In der Einführung der E-Rechnung liegt damit außerdem die Chance, den Austausch der Kolleginnen und Kollegen untereinander zu fördern.

Die E-Rechnung soll die Verwaltungsvorgänge vereinfachen. Diese Wirkung ist bereits feststellbar, insbesondere durch die Möglichkeit, die Rechnungen von einer Künstlichen Intelligenz auslesen zu lassen. Dennoch ist es wie beim KI-gestützten Autofahren: Die Verantwortung trägt der Fahrer. So entlastet die KI zwar die Mitarbeitenden, eine Kontrolle ist dennoch notwendig.

In der Anfangszeit gibt es Rechnungsdoppel oder -tripel. Viele Firmen nutzen die Möglichkeit, Rechnungen als PDF an die dafür eingerichtete Mail-Adresse zu übersenden: das PDF als Zwischenlösung vor der „richtigen“ E-Rechnung. Trotzdem erreichen uns dieselben Rechnungen zusätzlich auf Papier und werden über den Scanner doppelt eingelesen.

Weil es leicht ist, Rechnungen als PDF an die Stadt zu übermitteln, haben es auch schwarze Schafe leichter, gefälschte Rechnungen zu übersenden. Schützen kann man sich, indem für die Prüfung neuer Bankverbindungen neben der softwareseitigen Unterstützung auch Zeit für die Verifizierung verdächtiger Rechnungen eingeplant wird.

Erfolge beziehungsweise Erleichterungen bei der digitalen Rechnungsbearbeitung sind nicht sofort bei allen Kolleginnen und Kollegen angekommen, dafür ist es in den Wochen nach der Einführung noch zu früh. Was sich jedoch schon in den Produktpräsentationen abgezeichnet hat, ist das Potenzial, das mit der Vernetzung der vorhandenen Fähigkeiten und Erfahrungen freigesetzt werden kann.

Für die Umstellung von (Denk-)Prozessen benötigt es Zeit. Die Evolutionsmöglichkeiten der digitalen Verarbeitung müssen bei den Nutzenden erst ankommen und sich etablieren, bevor gemeinsam weitere Prozessoptimierungen oder Synergieeffekte erreicht werden können. Nicht in der Geschwindigkeit, sondern in der Wissensvernetzung liegt der sofortige Gewinn, und das macht Mut für das nächste E-Projekt.

Bärbel Roser-Pirk


Die Autorin

Bärbel Roser-Pirk leitet die Stabsstelle Finanzprojekte der Stadt Waldkirch im Breisgau.