Die Corona-Lockdowns zwangen dazu, das Studium komplett ins Digitale zu verlegen. Eine enorme Herausforderung – aber war das auch ein Booster für Lehre und Lernen? Antworten von Digitalexpertin Jannica Budde.
Für Fernstudiengänge war digitales Lehren und Lernen natürlich nichts Neues. Ebenso mussten berufsbegleitende Masterstudiengänge mit den Corona-Lockdowns nicht komplett umstellen. Anpassen mussten sie aber dennoch, weil Präsenzblöcke mit einem Mal nicht mehr möglich waren.
Inzwischen ist das Vergangenheit – und jetzt könnte man einfach in den Zustand vor den Corona-Lockdowns zurückkehren. Aber nicht, wenn es nach Jannica Budde geht, Expertin im Hochschulforum Digitalisierung am CHE Centrum für Hochschulentwicklung. „Hochschulen sollten vielmehr die Erfahrungen aus dieser Zeit nutzen, um sich weiterzuentwickeln.“ Die Formel dafür lautet: „Das Beste aus beiden Welten“, also die Stärken des digitalen und analogen Studierens kombinieren. Oder schlicht: die Krise für die Weiterentwicklung der Lehre nutzen.
„Vorlesungen sind die Angebote, die sich vor allem für digitale Formate eignen“, so Budde. Hier geht es darum, sich Wissen anzueignen – und es ist praktisch für Studierende, das im eigenen Tempo tun zu können: sich Videos zu den Zeiten anzusehen, an denen es für sie am besten passt; sich Passagen oder ganze Vorlesungen ein zweites oder drittes Mal anzuhören; Lernkontrollen online durchzuführen, wenn man so weit ist; oder sie in Ruhe zu wiederholen, wenn es noch Lücken gab.
Auf dem Weg zum Blended Learning
Für Laborarbeiten und für praktische Übungen sollte man dagegen vor Ort sein. „Die Lockdowns haben bestätigt, dass Präsenz für dialogische Lehrangebote wichtig ist“, so die CHE-Expertin. „Austausch und Diskurs haben eine höhere Intensität, wenn die Gruppe zusammen in einem Raum ist und man auch nach dem Seminar bei einem Kaffee weiter im Gespräch bleiben kann.“
Berufsbegleitende Masterstudiengänge haben wesentliche Erfahrungen aus den Corona-Lockdowns also bereits vorweggenommen: mit ihrer Kombination aus digitalem Fernstudium und Präsenz.
Sie ebenso wie auch die Fernstudiengänge können sich von den Lockdowns aber anregen lassen, sich weiter in der eingeschlagenen Richtung des Blended Learning zu bewegen: selbstgesteuertes Lernen und daneben Präsenzphasen, Learning on Demand, Transferimpulse, Reflexions- und Wiederholungssequenzen.
Future Skills für die neue Arbeitswelt
Wichtig sind erprobte und optimierte Lehr- und Lernangebote natürlich in erster Linie für die Studierenden. „Aber auch für das zukünftige Arbeitsumfeld oder das aktuelle für diejenigen, die berufsbegleitend studieren“, streicht Budde heraus.
„Denn beides – digitales Lernen und persönlicher Austausch vor Ort – sind nicht nur Vehikel, über die Stoff vermittelt wird. Sie haben auch Auswirkungen auf das Denken und Arbeiten. Auf die Art, wie man an Herausforderungen herangeht und Lösungen findet. Wie weit die Horizonte sind, in denen jemand unterwegs ist.“
Längst gehe es nicht mehr „nur“ um Wissensvermittlung, sondern wesentlich um Future Skills: um Schlüsselkompetenzen für das digitale Zeitalter. Diesen positiven Aspekt kann man den Corona-Lockdowns abgewinnen: Sie geben dem digitalen Lehren und Lernen neue Impulse – und tragen mit dazu bei, dass Studierende gut auf die Arbeitswelt der Gegenwart und Zukunft vorbereitet sind.
Sabine Schmidt