Dem Konzept folgt die Aktion

Die Energiewende findet dezentral statt. Um die lokalen Potenziale zu erkennen und zu mobilisieren, ist Know-how erforderlich. Fehlen den Kommunen Erfahrung und Kapazitäten, können sie – bezuschusst vom Bundesumweltministerium – Hilfe von Experten hinzuziehen.

Dieser Tage ist der Klimaschutz in aller Munde. Endlich konnten sich die UN-Mitgliedsstaaten auf der Pariser Klimakonferenz zu einer verbindlichen Zwei-Grad-Begrenzung der Erderwärmung durchringen. Diese politische Rahmenbildung ist wichtig und führt zu Regulierungen im Bereich der Industrie und der Energiewirtschaft, doch ein Großteil des Klimaschutzes findet woanders statt: in den Kommunen und bei ihren Bürgern.

Klimaschutz ist in erster Linie keine technische Herausforderung, sondern eine gesellschaftliche. Es ist eine Frage der Prioritätensetzung auf allen politischen und wirtschaftlichen Ebenen und berührt insofern auch Privatpersonen und natürlich die Kommunen. Entscheidet eine Kommune sich dafür, ihre Energiezukunft aktiv in die Hand zu nehmen, ist die erste Hürde schon genommen. Im Anschluss müssen die lokalen Einsparmöglichkeiten und die regenerativen Ausbaupotenziale für die Energieerzeugung ermittelt werden.

Die Kommune sollte sich ein konkretes Ziel stecken und es in klare Maßnahmen mit einem festen Zeitrahmen, Budgets und Zuständigkeiten übersetzen. Fehlt es den Kommunen an Kapazitäten oder Erfahrung, empfiehlt es sich, die notwendige Expertise von außen zu holen. Die Klimaschutzberatung wird vom Bundesumweltministerium finanziell bezuschusst. Bundesweit werden Kommunen im Rahmen der sogenannten „Nationalen Klimaschutzinitiative“ gefördert. Dafür gibt es verschiedene Programme – zum Beispiel im Internet auf www.ptj.de/klimaschutzinitiative-kommunen. Zusätzlich existieren auch Landesförderungen, beispielsweise über die Landeswirtschaftsministerien.

Für Kommunen bieten sich verschiedene Möglichkeiten, den Energieumstieg in die Hand zu nehmen. Jede Gemeinde kann es alleine anpacken, oft ergeben sich aber auch Chancen und Vorteile, wenn sich mehrere Kommunen oder sogar ein ganzer Landkreis zusammentun und ein gemeinschaftliches Modell individuell auf ihre Potenziale, Ziele und Bedürfnisse zugeschnitten wird. Am Beispiel von drei Projekten, an denen das Beratungsunternehmen Green City Energy beteiligt war, werden im Folgenden verschiedene mögliche Versionen vorgestellt.

Berngau – Energiekonzpt und Leitbild

Die bayerische Gemeinde Berngau im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz beschloss 2012, die lokale Energiewende durch die Erstellung eines Energiekonzepts voranzubringen. Dieses wurde vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz (ALE) zu rund 75 Prozent gefördert. Ein wichtiger Teil des Konzepts war eine energiefachliche Untersuchung der Gemeinde sowie die Entwicklung eines verbindlichen Aktionsplans mit Maßnahmen von 2014 bis 2017 samt Budget und Zeitplan.

Im gesamten Prozess war es der Gemeinde wichtig, die Bürger so weit als möglich einzubinden, um die Akzeptanz zu steigern, für das Thema zu sensibilisieren und das wertvolle lokale Know-how in den Vorgang zu integrieren. In mehreren Veranstaltungen wurden die erhobenen Daten vorgestellt und an Thementischen konkrete Maßnahmen erarbeitet.

Außerdem entwickelte die Gemeinde mit ihren Bürgern ein Leitbild Energie und Klimaschutz, das im Anschluss zusammen mit dem Aktionsplan aus 40 Maßnahmen vom Gemeinderat beschlossen wurde. Um auch die Umsetzung zu gewährleisten, gründete sich in der Gemeinde ein Arbeitskreis Energie. „Wir sind froh, dass wir uns für die Erstellung eines Energiekonzepts entschieden haben, denn unsere Gemeinde profitiert davon. Wir haben neue Perspektiven gewonnen und setzen jetzt mit Rückenwind konkrete Klimaschutz-Projekte um“, so Bürgermeister Wolfgang Wild.

Landkreis Passau – Klimaschutzkonzept

Der Kreistag des bayerischen Landkreises Passau beschloss im September 2011, ein integriertes Klimaschutzkonzept erstellen zu lassen, das alle klimarelevanten Bereiche des Landkreises umfasst. Die Konzepterstellung wurde von Seiten des Bundes gefördert. In Fragebögen wurden in den betroffenen 37 Kommunen zunächst Daten und erste Ideen gesammelt.

Die Bürger konnten über eine Auftaktveranstaltung – insgesamt sechs Regionalworkshops und vier Expertenrunden sowie einer fach- und parteiübergreifenden Steuerungsgruppe – in die Maßnahmenerarbeitung integriert werden. Der Kreistag beschloss das Ergebnis der Konzepterstellung in Form eines umsetzungsorientierten Aktionsplans für den Zeitraum 2013 bis 2016.

Darüber hinaus haben einige Kommunen Fördermittel für die Stelle einen Klimaschutzmanager beantragt. „Als Klimaschutzbeauftragter eines ganzen Landkreises ist es meine Aufgabe und mein Ziel, die Energiewende in unseren Gemeinden aktiv zu unterstützen“, so Peter Ranzinger. „Das ging am besten durch das Hinzuziehen von Experten, die bei der professionellen Konzepterstellung sowohl den ganzen Landkreis als auch die vielen verschiedenen Akteure im Blick hatten.“

Interkommunale Initiative – Windpark

In Baden-Württemberg haben sich die drei Gemeinden Ettenheim, Schuttertal und Seelbach mit der lokalen Energiegenossenschaft zusammengetan und planten auf gemeinsamen Flächen einen Windpark mit sieben Anlagen. Green City Energy übernahm als Projektentwickler und Generalunternehmer die Planung und Projektierung samt Kosten und Risiko – parallel dazu wird der Windpark unter anderem über eine ökologische Geldanlage von Green City Energy finanziert. Für die Anwohner gibt es außerdem eine exklusive Investitionsmöglichkeit. Kommunen und Genossenschaft haben die Möglichkeit, die Anlagen langfristig zu insgesamt 51 Prozent zu übernehmen. Außerdem bekommt die Genossenschaft das Vorrecht auf den Stromvertrieb.

So planen die Gemeinden miteinander, statt gegeneinander und auch die Bürger werden intensiv in den Prozess miteinbezogen. „Uns ist wichtig, dass die Gemeinden und Bürger am wirtschaftlichen Erfolg der erneuerbaren Energien partizipieren können. Das war von Anfang an unser Ziel: eine demokratische Energiewende“, erklärt Projektleiterin Lilian Kruse.

Laura Rottensteiner

Die Autorin
Laura Rottensteiner ist Public Relation Manager beim Beratungs- und Projektentwicklungsunternehmen Green City Energy in München

Zum Weiterlesen: Unsere Themenseite bietet den Überblick über alle Fachbeiträge der edition „Zukunft für den ländlichen Raum“