Die Realisierung medienbruchfreier Verwaltungsprozesse setzt eine komplexe Projektplanung voraus. Fundamentale Bedeutung kommt der elektronischen Aktenführung zu. Der Freistaat Bayern unterstützt die Digitalisierung seiner Kommunen und stellt zum Beispiel eine IT-Lösung für Bezahlvorgänge bereit.
Die Kommunen pflegen als Verwaltungsorgan engen Kontakt zu den Bürgern pflegen. Die Vielfalt ihrer Aufgaben ist groß. Entsprechend umfangreich und komplex sind die Anforderungen an eine IT-gestützte Verwaltung. In der Vergangenheit spielte sich aber der Einsatz von IT im Wesentlichen isoliert innerhalb der Verwaltung ab. Durchgängige und fallabschließende Verwaltungsprozesse, für die der Bürger nicht persönlich in der Kommunalverwaltung erscheinen musste, waren eher selten.
Mit der Behördennummer 115 und der Bereitstellung von Bürgerportalen sowie der Schaffung neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen wird eine Erwartungshaltung bei den Bürgern erzeugt, die ein Denken über die bekannten Muster der Vorgangsbearbeitung hinaus erfordert. Nicht selten haben aber Kommunen mehr als 100 Fachverfahren im Einsatz, die im Regelfall untereinander wenig oder kaum vernetzt sind. Die zu erledigenden Geschäftsprozesse enden deshalb häufig an den Grenzen des Sachgebiets und der genutzten Fachverfahren.
Die neuen gesetzliche Rahmenbedingungen und Vorgaben tragen zusätzlich dazu bei, dass die kommunale Verwaltung die Bürger in die Geschäftsprozesse der Verwaltung direkt und IT-technisch einbindet. Hierbei muss sich die Kommune neben den allgemeinen IT-technischen Herausforderungen insbesondere der Aufgabe stellen, zukünftig ihre Akten digital zu führen, um Medienbrüche zu vermeiden und auch den Austausch mit anderen Behörden digital vornehmen zu können.
Da alle Arbeitsbereiche der Verwaltung betroffen sind, handelt es sich um ein Querschnittsprojekt und somit zwingend um ein Organisationsprojekt. Als Erstes muss die Kommune sich über ihre Ziele klar werden: Was möchte man erreichen? Welche Bürgerservices sollen online zur Verfügung gestellt werden? Welche finanziellen Mittel sollen eingesetzt werden? Welcher zeitliche Horizont wird angestrebt?
Fachbereiche müssen den Zielen zustimmen
Diese Ziele sind schriftlich zu dokumentieren, alle Fachbereiche müssen ihnen zustimmen. Im nächsten Schritt müssen die Voraussetzungen für eine zielführende Umsetzung geschaffen werden. Dazu gehören unter anderem: Bestimmung der Projektleitung, Sicherstellung von Freiräumen für das Projektteam, Genehmigung der benötigten Haushaltsmittel. Die volle Unterstützung muss auch im Falle einer externen Beratung gewährleistet sein.
Wie kann nun der Traum vom digitalen Rathaus wahr werden? Neben dem klassischen Projektablauf stellt sich für die Kommune insbesondere im Bereich der Anforderungsdefinition die Frage, welche Lösungen auf dem Weg zu den Zielen hilfreich sind. Im Vordergrund der Auswahl einer geeigneten Software-Lösung steht, dass die vorhandenen Fachverfahren das Verwaltungshandeln in den einzelnen Sachgebieten und Fachbereichen bestimmen werden. Möchte man allerdings einen durchgängigen digitalen Prozess, von der Antragsstellung bis hin zum Bescheid realisieren, ist eine Integration der Fachverfahren an die neuen unterstützenden Lösungen wie elektronische Akte, IT-gestützte Vorgangssteuerung, Portale sowie Kollaborationsplattformen zwingend. In jedem Fall wird die Verwaltung an der Führung einer elektronischen Akte als Grundvoraussetzung verstärkt digitalen Handelns nicht vorbeikommen.
Kostenfreie Nutzung durch die Kommunen
In der Frage, in welcher Form und Ausprägung Bürgerservices angeboten werden sollen, spielt die Mengenbetrachtung eine große Rolle: Welcher Service ist für den Bürger und die Verwaltung hilfreich und gewinnbringend? Die staatlichen Landesverwaltungen stellen hier zunehmend Lösungen für die Kommunen zur Verfügung, die oftmals kostenfrei genutzt werden können. So wird beispielsweise das Bayernportal den bayerischen Kommunen einen „eID“-Dienst, einen „ePayment“-Dienst und einen elektronischen Postkorb zur Verfügung stellen.
Zu klären ist nicht zuletzt die Frage, von wem die gewünschte Lösung zur Verfügung gestellt und insbesondere betrieben werden soll. So dürfte es gerade für die mittleren und kleinen Kommunen der einzig machbare Weg sein, auf Dienstleistungen der Staatsverwaltung, der kommunalen Rechenzentren oder auch auf standardisierte und vorgefertigte Dienste privatwirtschaftlicher Dienstleister zurückzugreifen. Auf eine begleitende neutrale Beratung sollte dabei nicht verzichtet werden. So können professionelles Projekt- und Risikomanagement, Akzeptanz- und Anforderungsmanagement sowie die Organisationsberatung sichergestellt werden.
Helmut Lämmermeier
Der Autor
Helmut Lämmermeier, München, ist Geschäftsstellenleiter Süd des Beratungsunternehmens Infora