Touristische Entwicklung im Bereich des Wellness- und Gesundheitssektors verspricht neue Arbeitsplätze und zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen. Doch was ist, wenn die Nachbarkommune ähnliche Ziele verfolgt? Dann macht Zusammenarbeit, wie die Städte Brilon und Olsberg sie pflegen, Sinn.
In den Städten Brilon und Olsberg ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig. Zusammen bringen sie es auf jährlich rund 350.000 Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als zehn Betten. Unter Einbeziehung der Betriebe unter zehn Betten (also insbesondere der Ferienwohnungen) sind es zusammen knapp 500.000 Übernachtungen.
Beide Kommunen haben sich auf den landschaftsgebundenen Tourismus fokussiert, also insbesondere auf Wandern, Radfahren, Skilanglauf und Winterwandern. In Brilon beginnt der Rothaarsteig, der meist begangene Wanderweg in Deutschland, durch Olsberg führt der Ruhrtalradweg, einer der populärsten Fernradwege der Bundesrepublik. Beide Kommunen gehören der Kooperation „Sauerland Wanderdörfer“ an, der bundesweit ersten „Qualitätsregion Wanderbares Deutschland“.
Die Städte – seit vielen Jahren staatlich anerkannte Kneippkurorte – streben den Ausbau des Gesundheitstourismus an. Olsberg ist der zweitälteste Kneipport in Deutschland. Dieses Profil mit den Stichworten Prävention, Entschleunigung, Stressabbau lässt sich hervorragend mit dem Thema Bewegung in der Landschaft kombinieren.
Kneippkurorte mit Prädikat
Die touristischen Kerngebiete der Kommunen laufen ineinander über – den Gast interessieren sowieso keine Gemeindegrenzen –, seit vielen Jahren wird zwischen Brilon und Olsberg eine enge Zusammenarbeit gepflegt, gemeinsam ist man in vielen Projektkooperationen vertreten. Da war es naheliegend, die übergreifenden Bestrebungen und Themen weiter zu bündeln. Seit 1. Januar 2016 haben Brilon und OIsberg ihre Zusammenarbeit im Tourismus institutionalisiert und die Tourismus Brilon Olsberg GmbH gegründet. Träger sind die Muttergesellschaften Brilon Wirtschaft und Tourismus GmbH und die Touristik und Stadtmarketing Olsberg GmbH, die in Geschäftsfeldern auch über den Tourismus hinaus aktiv sind.
2012 wurde im Regierungsbezirk Arnsberg die Reprädikatisierung bei den Kurorten durchgeführt. Brilon und Olsberg haben ohne Probleme ihr Prädikat als Kneippkurort bestätigt bekommen. Beiden Orten wurde das Potenzial zur Höherprädikatisierung zum Kneippheilbad zugestanden.
In Brilon hat gemäß eines Gesundheitstouristischen Masterplans die kommunale Infrastruktur ausgebaut. Hierfür wurden Förderprogramme über die „Regionale Südwestfalen 2013“ und andere Fördermöglichkeiten genutzt. Im Zeitraum 2008-2015 investierte man mehr als drei Millionen Euro in die kommunale landschaftsgebundene (gesundheits-)touristische Infrastruktur investiert (Um- und Ausbau des Kurparkes, landschaftstherapeutischer Weg, Gesundheitshaus mit Ausstellung, Ausbau der Wander- und Radwege). Die Arbeiten sind seit 2015 abgeschlossen.
Innenstadt soll attraktiver werden
In Olsberg erfolgen derzeit mit Mitteln aus der Stadterneuerung Maßnahmen, um die Innenstadt attraktiver zu machen. Über die Tourismusförderung aus EU- und Landesmitteln wird in der Innenstadt ab dem kommenden Jahr ein Kneipperlebnispark mit fünf Teilbereichen, der die einzelnen Grünflächen und Kurparke miteinander verbindet, gebaut. Zuvor wurde das „Aqua Olsberg“ als Gesundheits- und Freizeitbad mit einem umfangreichen Kneippangebot errichtet.
Beide Städte haben bis 2015 an dem südwestfälischen Förderprojekt „Netzwerk Zukunft: Kurorte neu profiliert“ mitgearbeitet. Für beide Gemeinden wurde jeweils ein aufeinander abgestimmtes Profil erstellt: Olsberg hat das Profil „Kneipp modern – natürliches Kneipperlebnis“ entwickelt, in Brilon wurde die „Therapeutische Landschaft in Verbindung mit E-Health-Angeboten“ als Profil gebildet. Dieses baut wiederum auf die vorhandene Infrastruktur (Landschaftstherapeutischer Weg) auf. Um die Profile mit Leben zu erfüllen, wurde die bereits erwähnte Tourismus Brilon Olsberg GmbH gegründet.
Gleichzeitig waren Brilon und Olsberg auch im Landeswettbewerb „Erlebnis.NRW – Tourismuswirtschaft stärken“ (EFRE-Programm) mit ihrem Vorhaben „Gesundheitsmanagement für Brilon und Olsberg“ erfolgreich. Dieses Projekt zielt auf die Schaffung einer Koordinations- und Managementstelle ab, die als Ansprechpartner für die lokalen Akteure fungiert und die vorhandenen Ressourcen und Potenziale zusammenführt. Es sollen die Profile im Bereich Kneipp und Therapeutische Landschaft ausgebaut, die Akteure aus Tourismus und Gesundheit vernetzt und wettbewerbsfähige Angebote (z. B im betrieblichen Gesundheitsmanagement) entwickelt werden. Start dieses Projektes ist am 1. Januar 2017.
Parallel zu diesem Projekt haben beide Orte die Anträge zur Höherprädikatisierung als staatlich anerkanntes Kneippheilbad gestellt. Dieses Verfahren wurde eng aufeinander abgestimmt unter Federführung der gemeinsamen Tourismusgesellschaft durchgeführt. Die Anerkennung steht bevor.
Diese Höherprädikatisierung ist das Ergebnis einer konsequenten Umsetzung einer gemeinsamen Strategie im Gesundheitstourismus und der darauf aufbauenden Investitionen in die (gesundheits-)touristische Infrastruktur. Beide Städte können aufgrund der Bündelung ihrer gemeinsamen Potenziale zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Rüdiger Strenger
Der Autor
Rüdiger Strenger ist Geschäftsführer der Brilon Wirtschaft und Tourismus (BWT) mit Sitz in Brilon
Info: Brilon (rd. 26.200 Einwohner) und Olsberg (rd. 15.000 Einwohner) liegen im nordrhein-westfälischen Hochsauerlandkreis. Die Wirtschaftsstruktur beider Städte ist geprägt durch mittelständische Betriebe insbesondere in der holz-, metall- und kunststoffverarbeitenden Branche, darunter auch einige Weltmarktführer. Trotz der Vielzahl industrieller Arbeitsplätze (Anteil: ca. 40 %) spielen Tourismus und Gesundheitssektor für den Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle (in Olsberg Anteil ca. 37 %). Nach aktuellen Zahlen verzeichnet Brilon im Tourismusbereich rund 144.000 Übernachtungen, Olsberg annähernd 190.000. Über alle Branchen hinweg belaufen sich die Gewerbesteuereinnahmen in Brilon auf rund 16 Millionen Euro, in Olsberg auf rund 13 Millionen Euro. Die Arbeitslosenquote pendelt seit Jahren um 3,3 Prozent. Beide Orte haben in den vergangenen Jahren Einwohner verloren, die Bildungswanderung, vor allem nach dem Abitur, ist auffällig.
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