Die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit ist ein zentraler Beitrag zur Sicherung von Fachkräften. Arbeitgeber werden zunehmend von der jüngeren Generation in die Pflicht genommen, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sich Motivation, Gesundheit und Qualifikation aufrechterhalten und fördern lassen.
Die Arbeitswelt ist durch ständige Umbrüche, plötzliche Veränderungen und strukturelle Herausforderungen gekennzeichnet. Mehr denn je kommt es darauf an, als Arbeitgeber attraktiv für unterschiedliche Gruppen von Menschen zu sein, die bereit sind, ihr Wissen und ihre Kompetenzen optimal einzusetzen. Hinzu kommt die demografische Entwicklung, die sich in den Kommunen besonders deutlich zeigt: So werden nach Angaben des Deutschen Beamtenbunds bis zum Jahr 2037 rund 60 Prozent der dort Beschäftigten altersbedingt ausscheiden. Eine Studie des Beratungsunternehmens Price-Waterhouse-Coopers stellt gar fest: „Dem größten direkten Wettbewerb um Fachkräfte werden sich […] Kommunen ausgesetzt sehen.“
Berücksichtigt man nun noch, dass demografiebedingt der Anteil an Personen im erwerbsfähigen Alter insgesamt sinkt und damit Nachwuchs nicht unbegrenzt zur Verfügung steht, liegt auf der Hand, dass es gerade für kommunale Arbeitgeber unerlässlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um die Beschäftigungsfähigkeit (Employability) der alternden Belegschaften möglichst lange aufrechtzuerhalten und gleichzeitig über entsprechende Angebote attraktiv für potenzielle Bewerbende zu sein.
Hierbei kommt auch eine gesellschaftliche Entwicklung zum Tragen, die dazu führt, dass die Vertreter der jüngeren Generation ihre Erwartungen an einen „guten Arbeitgeber“ immer stärker an der Sicherung ihrer Beschäftigungsfähigkeit festmachen. Sozialisiert in einer Welt der Unsicherheiten haben sie verinnerlicht, dass es auf sie alleine ankommt, sich einen „Sicherungsanker“ in der Arbeitswelt zu schaffen. Dieser soll ihnen einerseits ermöglichen, „in Bewegung zu bleiben“, um ihre Kompetenzen an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, und andererseits angesichts einer verlängerten Lebensarbeitszeit mit ihren physischen und psychischen Ressourcen achtsam umzugehen und „die Balance zu halten“.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Pflicht
Jede und jeder Einzelne trägt zweifelsohne selbst Verantwortung dafür, in dieser Weise für die eigene Beschäftigungsfähigkeit Sorge zu tragen. Allerdings sind auch Arbeitgeber in der Pflicht – und werden zunehmend von der jüngeren Generation in diese Pflicht genommen – das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sich Motivation, Gesundheit und Qualifikation aufrechterhalten und fördern lassen.
Was können nun Arbeitgeber, gerade auch in Kommunen, tun, um dieser Verantwortung gerecht zu werden und die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden zu fördern? Und was wird bereits getan? Der HR-Report des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) im Auftrag des Personaldienstleisters Hays hinterfragte im Jahr 2019, welche Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit die teilnehmenden Entscheider für besonders bedeutsam halten und welche in ihren Organisationen bereits umgesetzt werden.
Dabei zeigt sich, dass im öffentlichen Dienst andere Schwerpunkte gesetzt werden als in der Industrie und in der Dienstleistungsbranche. Die lebenslange Fort- und Weiterbildung ist für die Befragten aus dem öffentlichen Dienst zwar ein sehr wichtiger, jedoch bei Weitem nicht der einzige Baustein zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit. Vielmehr braucht es für Entwicklungsmaßnahmen ein entsprechendes Umfeld, das sich aus vielfältigen weiteren Elementen zusammensetzt. Dazu gehören eine entsprechende Unternehmens-, Führungs- und Teamkultur ebenso wie Lernerfahrungen „on-the-job“, Feedback und Tätigkeitswechsel. Eine sehr hohe Bedeutung nehmen auch Angebote zur Förderung von Gesundheit und Balance ein.
Befragung gibt Aufschluss über Bedarf
In vielen Bereichen besteht ein nicht unerheblicher „Gap“ (Lücke) zwischen der wahrgenommenen Bedeutsamkeit einer Maßnahme und deren Umsetzung. Diesen Zusammenhang sollte der Arbeitgeber hinterfragen. Welche Angebote gibt es im eigenen Haus? Entsprechen diese (noch) den Wünschen und Bedürfnissen der Belegschaft? Nicht selten verändern sich gerade im Zuge einer diverser werdenden Beschäftigtenstruktur die Rahmenbedingungen. Sollten weitere Maßnahmen angeboten werden?
Zudem stellt sich die Frage, inwieweit alle Beschäftigtengruppen gleichermaßen im Fokus stehen, wenn es um die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit geht. So zeigt eine Studie des Projekts Demografieaktive Qualifizierung in Kommunen und Kreisen (DAQ) beispielsweise, dass Weiterbildungen in Kommunen überwiegend von Führungskräften (vor allem aus der mittleren Führungsebene) wahrgenommen werden, während Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung eher selten an entsprechenden Maßnahmen teilnehmen. Eine Mitarbeiterbefragung kann helfen, sich einen Überblick über die Ist-Situation und einen etwaigen Handlungsbedarf zu verschaffen.
Vielfach wird in diesem Zusammenhang die Frage gestellt: Was haben wir davon? Die provokante Gegenfrage lautet: Können Sie sich leisten, es nicht zu tun? Denn letztendlich werden Kommunen im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern nur mit einer Personalpolitik, die sich proaktiv den Trends und Entwicklungen sowie ihren Konsequenzen stellt, angemessen auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren und ihre Fachkräftebasis sichern können.
Jutta Rump / Silke Eilers
Die Autorinnen
Dr. Jutta Rump ist Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen sowie Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) in Ludwigshafen; Silke Eilers ist Mitarbeiterin des Instituts