Bessere Bedingungen für den Radverkehr erforderlich

Radfahrende fühlen sich im Straßenverkehr oft nicht sicher. Der ADFC-Fahrradklima-Test zeigt, was verbessert werden sollte. Foto: Adobe Stock/David.Sch

Die Fahrradfreundlichkeit in Deutschland könnte besser sein. Laut den Ergebnissen des ADFC-Fahrradklima-Tests 2022 wird sie von Radfahrenden nur als ausreichend beurteilt.

Metropolen wurden etwas fahrradfreundlicher, doch auf dem Land herrscht Nachholbedarf. Vielerorts entspricht die Infrastruktur noch nicht den Wünschen und Erwartungen der Radfahrenden. So finden 80 Prozent die Radwege zu schmal, 72 Prozent sind mit den Falschpark-Kontrollen auf Radwegen unzufrieden und 70 Prozent der Befragten fühlen sich beim Radfahren nicht sicher. Insgesamt wird die Fahrradfreundlichkeit in Deutschland nur mit der Gesamtnote 3,96 bewertet. Das sind Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests, der jüngst vorgestellt wurde.

Alle zwei Jahre führt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, kurz ADFC, nach eigenen Angaben eine der größten Umfragen weltweit zur Zufriedenheit von Radfahrenden durch. Rund 245.000 Menschen haben laut ADFC an der jüngsten Umfrage, dem ADFC-Fahrradklima-Test 2022, teilgenommen. Die Ergebnisse sollen Städten und Gemeinden dabei helfen, ihre Fahrradfreundlichkeit zu bestimmen und als Orientierungshilfe dienen. Am 24. April 2023 wurden sie in Berlin präsentiert.  Bundesverkehrsminister Volker Wissing will es den Menschen leicht machen, sich für den Radverkehr zu entscheiden. „Deshalb unterstützen wir die zuständigen Länder und Kommunen dabei, die Radverkehrsinfrastruktur vor Ort einladend, komfortabel und sicher auszubauen“, sagte Wissing.

Bund unterstützt Kommunen bei Radinfrastruktur

Die Bundesregierung hat laut Wissing in dieser Legislatur Finanzierungs- und Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen. Investiert werde unter anderem in den Aus-, Neu- und Umbau von Radwegen, in die bessere Verknüpfung von Bahn, ÖPNV und Rad, in mehr und sichere Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen. Das stärke auch das Rad im ländlichen Raum. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) stellt bereits Fördermaßnahmen für den Radverkehr in den Kommunen bereit. Zudem solle ab Juli ein neuer berufsbegleitender Lehrgang „Einladende Radverkehrsnetze planen und umsetzen“ starten, damit sich die Fachkräfte in den Kommunen weiterbilden können.

Der ADFC fordert, die Radverkehrsinfrastruktur vor Ort flächendeckend auszubauen, und appelliert an die Kommunen, die Förderprogramme des Bundes zu nutzen, Schnellausbaumethoden einzusetzen und die Bürger bei der Planung von guten Radnetzen mit an den Tisch zu holen. ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters sagt: „Der ADFC-Fahrradklima-Test ist ein echtes Stimmungsbarometer. Er zeigt den Kommunen im Detail, wie ihre Maßnahmen bei den Menschen ankommen, wo sie bereits gute Arbeit geleistet haben und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht.“

Leider sei aus Sicht des ADFC für eine attraktive Radinfrastruktur in Deutschland noch viel zu tun. „Radfahrende wünschen sich bessere und breitere Radwege, weniger Konflikte mit Autofahrenden, weniger Falschparker auf Radwegen und sichere Baustellenumleitungen. Einige Großstädte haben investiert und konnten sich verbessern. Auf dem Land hingegen tut sich nicht viel, obwohl es auch hier großes Potenzial und viele Möglichkeiten zur Förderung des Radverkehrs gibt“, kommentiert Peters die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests.  

Metropolen gehen voran, Fahrradförderung kommt an

Laut ADFC-Fahrradklima-Test 2022 holen vor allem Metropolen bei der Attraktivität des Radverkehrs auf. Frankfurt am Main, Hamburg und Köln sind die Aufsteiger-Spitzenstädte ihrer Ortsgrößenklasse. Hier habe sich das Fahrradklima so sehr verbessert, dass sie den Gesamtschnitt ihrer Klasse nach oben ziehen (Gesamtwertung 4,0). Positive Bewertungen bekommen alle drei Metropolen etwa für signifikante Verbesserungen bei der Breite der Radwege und generell für spürbar mehr Fahrradförderung in jüngster Zeit. In Hamburg bekommt das Mietradsystem viel Lob (2,0), in Köln freuen sich die Radfahrenden besonders darüber, dass sie in Einbahnstraßen in Gegenrichtung fahren dürfen (2,3). In Frankfurt sind die Menschen mit der Wegweisung (2,4), der Fahrradmitnahme im ÖPNV (2,5) und der Fahrradförderung insgesamt (2,6) zufrieden.

Übersicht der fahrradfreundlichsten Städte laut ADFC-Fahrradklima-Test 2022

Radwege zu schmal, Sicherheitsgefühl fehlt

Ob in Großstädten oder auf dem Land: Immer mehr Menschen setzen im Alltag aufs Fahrrad. Mehr Radfahrende brauchen mehr Platz, und vor allem in den Großstädten sind laut ADFC auch immer mehr Lastenräder unterwegs. Ihr Anteil am Radverkehr in den Metropolen lag 2022 bei 6,7 Prozent. Breite Radwege würden deshalb immer wichtiger – das sorge für mehr Sicherheit und mehr Komfort beim Fahren. Die Radwege in ihrer Kommune finden vier von fünf Befragten oft zu schmal (Note 4,7). Auch die Führung von Radwegen an Baustellen (4,7) und die Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen (4,7) bekommen schlechte Gesamtnoten. Negative Bewertungen gab es wie in den letzten Jahren auch für das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr (Note 4,3).

Die höchsten Zufriedenheitswerte gab es beim ADFC-Fahrradklima-Test 2022 für die schnelle Erreichbarkeit von Stadtzentren (Note 2,7), die Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung (2,7) sowie die Möglichkeiten zum zügigen Radfahren (3,1).

Auf dem Land ist Luft nach oben

Nachholbedarf gibt es laut ADFC im ländlichen Raum. In kleinen Orten und Gemeinden seien zwar die Grundbedingungen zum Radfahren besser, es gebe mehr Platz und innerhalb der Orte kurze Wege. Dennoch empfinden Radfahrende das Fahrradklima dort nicht gut (Note 3,8). Weniger als die Hälfte der Teilnehmenden gab an, dass Nachbarorte direkt und komfortabel zu erreichen sind (44 Prozent). Nur rund ein Drittel der Befragten fühlt sich zwischen Orten vor Unfällen sicher (36 Prozent).

Wie es anders geht, zeige die Gewinner-Kommune Wettringen: Die Kleinstadt holt nicht nur den ersten Platz in ihrer Größenklasse und die beste aller Gesamtwertungen (2,0), sondern auch den Sonderpreis „Radfahren im ländlichen Raum“. Das schafft Wettringen laut ADFC etwa mit guten und komfortablen Radwegen bis in die Nachbarorte. Solche Verbindungen zwischen den Orten seien wichtig, um die nächstgelegene Schule, den Arzt oder Bäcker sicher und komfortabel zu erreichen. Weil im ländlichen Raum die Wege oft länger sind, steigen immer mehr Menschen aufs Pedelec – der Anteil der Teilnehmenden mit E-Fahrrädern liegt in Orten unter 20.000 Einwohnern bei 42 Prozent.

red.