Innovative Beleuchtungstechnik spielt eine zentrale Rolle in der Smart City. Christian Goebel, Sales Director Public für den deutschsprachigen Raum beim Anbieter Signify, erläutert im Interview mit unserer Redaktion, welchen Mehrwert intelligente Lichtlösungen den Kommunen bieten können.
Herr Goebel, brauchen Kommunen mehr als einen An-Aus-Schalter für ihr Licht?
Goebel: Ja, denn die LED ist im Vergleich zur konventionellen Beleuchtung dimmbar. Damit birgt sie das Potenzial für noch mehr Energieeinsparung und noch mehr Individualisierung. Das ist ein wichtiger Aspekt, weshalb nur An-und-Aus möglicherweise nicht reicht. Ein zweiter wichtiger Aspekt sind die Nutzer des öffentlichen Raums. Die Bürger sind anspruchsvoller als früher. Digitalisierung, Urbanisierung, der demografische Wandel – all diese Aspekte haben einen wichtigen Einfluss darauf, Licht als Dienstleistung wahrzunehmen. Der wichtigste und vielleicht zukunftsweisende Aspekt ist: Beleuchtung ist überall im öffentlichen Raum der Stadt vorhanden und damit ein wichtiger Infrastrukturpunkt- und -träger für die Smart City, für die intelligente Stadt von morgen.
Aber warum sollten Kommunen ein Interesse daran haben?
Goebel: Zu allererst und das schon immer wegen der Energieeinsparung. Bis zu 80 Prozent Einsparungen sind möglich bei einer energetischen Sanierung der Beleuchtung. Das ist CO2-mindernd, aber auch kosteneinsparend, und darüber freuen sich der Kämmerer und der kommunale Klimaschutzbeauftragte.
Dann gehen wir es nochmal durch, was LED kann. Was leistet diese Technologie, was herkömmliches Licht nicht kann im öffentlichen Raum?
Goebel: Nehmen Sie ein einfaches Beispiel aus dem Alltag. Sie kommen abends nach Hause und wollen dann mit dem Fahrrad zur Sporthalle fahren. Auf dem Radweg war das Licht in der Vergangenheit an oder aus, aber mit moderner Technologie kann das Licht mit Ihnen mitlaufen. Das heißt, Sensoren an jeder Leuchte erkennen, wo Sie sind und erkennen Ihre Bewegungsrichtung. Das Licht ist heute nur da, wo es auch wirklich gebraucht wird.
Welche weiteren Beispiele können Sie nennen?
Goebel: Attraktivität und Lebensqualität sind, glaube ich, weitere wichtige Aspekte, die immer noch verkannt werden. Was wären der Kölner Dom oder das Brandenburger Tor ohne Beleuchtung? In der Inszenierung des öffentlichen Raums gibt es ein großes Potenzial für Städte, sich zu differenzieren. Auch Kommunen stehen im Wettbewerb zueinander, und Licht kann bei der Präsentation und Selbstdarstellung eine wichtige Rolle spielen.
Jetzt wird das Brandenburger Tor ja schon beleuchtet. Was geht denn darüber hinaus?
Goebel: Indem man die Beleuchtung vernetzt und dynamisch einstellt, farbveränderlich macht oder dimmt, kann man diese Szenen auch nutzen, um zu erkennen wie wertvoll es eigentlich ist, was dort getan wird. Wie reagieren Bürger, wie reagieren Touristen auf diese Beleuchtungsszenen? Habe ich mehr Verkehr in den umliegenden Bars und Restaurants? All diese Dinge kann man heute messen, in dem man digitalisiert und beispielsweise soziale Medien abfragt nach Bildern, nach Hashtags über diese Monumente, über diese Beleuchtungsanlagen.
Hightech-Beleuchtung ist in der Anschaffung sicher teurer …
Goebel: Innovation kostet Geld, das ist immer so. Aber Innovation ist auch nur dann gut, wenn sie ausreichend Mehrwerte liefert, und ein paar davon habe ich eben genannt. Wenn es um Digitalisierung geht, das ist nicht nur bei der Beleuchtungstechnik so, ist das vor allem die Effizienzsteigerung, die erzielt werden kann in Erbringung und Betrieb dieser Dienstleistung.
Können Sie das genauer erklären?
Goebel: Ein einfacher Anwendungsfall: Heute fährt der Mitarbeiter des Betriebshofs in regelmäßigen Abständen von Leuchte zu Leuchte, um die Leuchten und Lampen zu kontrollieren. In Zukunft, in einer vernetzten Welt, bekommt er morgendlich einen Report und kriegt gesagt , wo er hinzufahren hat, wo Defekte sind oder möglicherweise vorsorgliche Wartungsmaßnahmen durchzuführen sind.
Und was braucht es, um diese Möglichkeiten, die sie jetzt beschrieben haben, auch intelligent zentral zu managen?
Goebel: Einfach vorgestellt ist das ähnlich wie Ihre private Smart-Home-Anwendung, ob es der vernetzte Kühlschrank oder die vernetze Beleuchtung ist. Sie haben ein Gerät, das sozusagen ein kleiner Computer ist, dann haben Sie eine Kommunikationsebene und ein entsprechendes Softwaresystem im Back-End. So ist auch Interact City aufgebaut, unsere Software-Plattform für das Management der Straßenbeleuchtung. Der große Unterschied zum privaten Haushalt ist: Wir sprechen über ein Investitionsgut, eine teure, aber auch langlebige Infrastruktur. Wir müssen, und das machen wir, über offene und standardisierte Schnittstellen für Investitions- und Zukunftssicherheit sorgen.
Wenn Sie mit finanziell klammen Kommunen verhandeln, ist das vermutlich Kärrnerarbeit. Erfährt denn Lebensqualität durch Licht bei den Kommunen aus Ihrer Sicht die Wertschätzung, die ihr gebührt?
Goebel: Da haben wir noch einen Weg vor uns. Das ist ganz klar eine Herausforderung, aber der müssen wir uns gemeinsam stellen, und wir müssen auch als Industrie selbstkritisch sein, um zu erkennen: Wenn wir nur über Energieeinsparungen reden und unsere Services und Produkte so verkaufen, dann werden wir nicht mehr verkaufen. Es liegt an uns und unseren Kunden, gemeinsam diese Vorteile herauszuarbeiten und dann entsprechend Mehrwertkonzepte zu verkaufen. Am Ende führt es dazu, dass die Kommunen auch Beleuchtung als Dienstleistung und als Differenzierungsmerkmal wahrnehmen und damit einen höheren Service für ihre Kunden, für ihre Bürger, für den öffentlichen Raum zur Verfügung stellen.
Interview: Red.
Zur Person: Christian Goebel (Jg. 1983) ist Sales Director Public für den deutschsprachigen Raum beim Beleuchtungsunternehmen Signify. Der weltweit präsente Konzern vertreibt seine Produkte unter anderem unter der Marke Philips.