Barrierefreie Fahrstuhl-Notrufsysteme

Hilfe bei einem Notfall im Fahrstuhl: Damit das möglich ist, sollten auch Handicaps beim Sehen und Hören berücksichtigt werden. Foto: Adobe Stock/peopleimages.com

Viele Hörbehinderte meiden Aufzüge, weil sie sich im Notfall nicht bemerkbar machen können. Ihnen werden visuelle Systeme helfen.  

Ein stufenloser Zugang zum Aufzug wird in den meisten öffentlichen Einrichtungen mittlerweile selbstverständlich bedacht. Laut dem Fachportal Nullbarriere.de ist bei bestehenden Aufzügen die Breite der Türen und Kabinen das größere Problem für Rollstuhlfahrer, was allerdings nur mit hohem finanziellem Aufwand behoben werden kann.

Andere Barrieren sind deutlich leichter zu beseitigen. Schließlich sind nicht nur Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen im Alltag auf einen Aufzug angewiesen, um beispielsweise eine U-Bahn oder ein Obergeschoss zu erreichen. Um wirklich barrierefrei zu sein, müssen auch die Bedürfnisse von Menschen mit anderen Handicaps berücksichtigt werden.

Ältere und schwache Menschen benötigen mitunter Hilfsmittel, um Aufzüge sicher nutzen zu können. Bereits kleine Dinge wie ein Klappsitz machen einen großen Unterschied. Am häufigsten werden bei der Barrierefreiheit jedoch Menschen übersehen, die nicht – oder zumindest nicht gut – hören können.

Visueller Notruf ist unverzichtbar

Verpflichtend ist, dass sämtliche Aufzüge zur Personenbeförderung über ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem verfügen müssen, über das eingeschlossene Personen im Notfall mit einer Notrufzentrale kommunizieren können. Vergessen wird dabei jedoch, dass in Deutschland rund 16 Millionen Menschen mit Hörbeeinträchtigungen leben. Für viele von ihnen ist ein rein sprachbasiertes Notrufsystem zwecklos, da sie weder ihre Notlage beschreiben noch Anweisungen von der Notrufzentrale verstehen können.

Aus Angst ignoriert zu werden, meiden daher viele Hörbehinderte den Aufzug. Für einen barrierefreien Aufzug ist ein visueller Hörbehinderten-Notruf (HBN) deshalb unverzichtbar. Die Kommunikation mit der Notrufzentrale erfolgt in diesem Fall über einen Touchscreen. Unterstützt das System mehrere Sprachen, können auch Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, im Notfall sicher in ihrer Muttersprache mit der Notrufzentrale kommunizieren. Somit werden alle beim Aufzugnotruf bedacht.

Ergänzung durch Kamera

Nachdem ein Aufzugnotruf ausgelöst wurde, kann ein Blick in die Aufzugskabine entscheidend sein, um die Situation richtig einschätzen zu können – und eine entsprechende Kamera somit potenziell bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen der eingeschlossenen Person durch Alarmierung eines Notarztes sogar Leben retten. Trotz der strengen Datenschutzbestimmungen in Deutschland kann eine Notrufkamera in Behörden und Betrieben eingesetzt werden, wenn die Kamera erst durch den Notruf aktiviert und nach Beendigung des Notrufs wieder automatisch deaktiviert wird.

Einige Ausstattungen von Aufzügen, wie etwa ein horizontales Bedientableau, große Taster sowie Kabinen- und Türengrößen, sind in Verordnungen für barrierefreies Bauen bereits geregelt, gelten jedoch überwiegend für den Neubau von Aufzügen. Wo es noch keine gesetzliche Pflicht gibt, sollte das Bemühen um Barrierefreiheit als moralische Verpflichtung gesehen werden, allen Menschen die Nutzung von Aufzügen frei von Angst und Barrieren zu ermöglichen.

Die Installation eines Hörbehinderten-Notrufs wäre ein wichtiger Beitrag hierzu – auch bei bereits bestehenden Aufzügen. Zahlreiche Förderprogramme der KfW und der Bundesländer schaffen zusätzliche Anreize, Aufzüge barrierefrei um- oder nachzurüsten.  Thomas Hopf

Der Autor: Thomas Hopf ist geschäftsführender Gesellschafter der Telegärtner Elektronik GmbH.