Abfalltrennung im Großformat

Gewerbliche Brachflächen in der Stadt bergen oft das Risiko der Belastung des Untergrunds mit Schadstoffen. Das Beispiel einer Liegenschaft in München zeigt, wie die Kosten einer Sanierung durch eine innovative Analysemethode präzise vorhergesagt und damit Planungsrisiken minimiert werden können.

Innerstädtische Brachflächen sind äußerst attraktiv für Neubauprojekte. Doch wenn der Verdacht besteht, dass Altlasten zu besorgen sind, erhöhen sich die Risiken für Bauherren und Investoren. Zahlreiche Projekte haben in der Vergangenheit gezeigt, dass die Kosten für eine Sanierung des Grundstücks häufig zu niedrig angesetzt wurden. TÜV Süd setzt daher auf innovative Methoden, um die Kosten für die Entsorgung des Aushubs exakt zu quantifizieren. Erfolgreich angewendet wurde das Verfahren auf einem Grundstück in München, das im Altlastenkataster der Stadt als Verdachtsfläche gelistet war.

Auf dem über 16.000 Quadratmeter großen, bebauten Areal sollte ein neues Büro- und Verwaltungsgebäude mit zwei Untergeschossen errichtet werden. Historische Luftbilder und die Befragung von Zeitzeugen lieferten Aussagen zur rund 100-jährigen Geschichte des Grundstücks, auf dem in den 1920er-Jahren Kies gewonnen wurde. Die bis zu acht Meter tiefe Grube wurde im darauffolgenden Jahrzehnt mit Bauschutt, Schlacke und Asche gefüllt und dann von einem Brennstoffhändler, einem Reifenhersteller und schließlich einer Kfz-Prüfstelle genutzt.

Grundstück in Untersuchungsraster eingeteilt

Insgesamt wurden 64 Aufschlussbohrungen bis zu einer Tiefe von elf Metern auf dem Gelände vorgenommen – die Fachleute sagen abgeteuft. Die rund 150 entnommenen Bodenproben wurden nach den Vorgaben der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), dem Bayrischen Eckpunktepapier (EPP) und der Deponieverordnung (DepV) auf Schadstoffe analysiert. Festgestellt wurden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus Verbrennungsrückständen sowie Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und lipophile Verbindungen. Nachgewiesen wurden ebenfalls diverse Schwermetalle wie Antimon, Molybdän und Zink aus der Reifenherstellung sowie erhöhte Sulfat-Konzentrationen durch gipshaltigen Bauschutt.

Um die lokale Verteilung der Schadstoffe im Boden mit hoher räumlicher Auflösung zu quantifizieren, unterteilten die Experten das Grundstück in ein zweilagiges, würfelförmiges Raster mit Seitenlängen von zwölf mal zwölf Metern und einer Höhe von jeweils vier Metern. So konnten sie mithilfe der Bohrprofile, der Bodenproben und statistischer Methoden die abfalltechnische Zusammensetzung jedes Quaders bestimmen. Erst die exakte abfalltechnische Zuordnung jedes Quaders zu den verschiedenen Belastungsklassen – von Z0 für unbelastet bis DK3 für als gefährlich eingestufter Abfall – ermöglichte eine verlässliche Prognose der Abfallmengen pro Belastungsklasse und damit der Entsorgungskosten. Die vorhergesagten rund zehn Millionen Euro für die Entsorgung wichen kaum von den tatsächlichen Kosten ab. Damit qualifiziert sich die quaderbezogene Kostenabschätzung als ein probates Instrument für die Kostenplanung.

Die Kubator-Analyse ist zwar im Vorfeld mit Mehraufwand verbunden, doch dieser hat sich im weiteren Projektverlauf schnell rentiert. Weil die Schadstoffverteilung auf dem Areal recht genau bekannt war, konnte die Baugrube segmentweise ausgebaggert werden und die Haufwerke konnten mit den einzelnen Belastungsfraktionen separiert werden. Ohne diese „Abfalltrennung im Großformat“ wären erhebliche Mehrkosten angefallen, da vermischtes Aushubmaterial zwangsläufig zu größeren Kubaturen und Mehrkosten für Transport und Entsorgung führt. Des Weiteren lieferte das bodenkundliche Gutachten wichtige Hinweise für die Planung der Sanierungsarbeiten, insbesondere hinsichtlich des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes.

Durch die nachweislich vollständige Beseitigung der Altlasten konnte der Eigentümer das Grundstück aus dem Altlastenkataster löschen lassen. Dadurch stieg der Verkehrswert der Liegenschaft erheblich. Da der Neubau jetzt auf unbelastetem Boden steht, kann auch eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) angegangen werden. Und nicht zuletzt bleibt den Bürgern der Stadt München eine wertvolle Fläche im Umland als Naherholungsgebiet erhalten.

Peter Schenk / Hans-Joachim Betko

Die Autoren
Dr. Peter Schenk ist Leiter Umwelt Due Diligence und Altlasten bei TÜV Süd Industrie Service in München, Hans-Joachim Betko ist Sachverständiger Umwelt Due Diligence im Unternehmen