Zentrale Instrumente der lokalen Energiewende

Der Umbau der Energielandschaft Deutschlands wird ohne die Kommunen nicht gelingen. Klimaschutzkonzepte helfen diesen, gemeinsam mit den lokalen Akteuren ambitionierte Ziele zu entwickeln und Maßnahmenpläne zu erstellen.

Städten und Gemeinden kommt für den (weltweiten) Klimaschutz eine wichtige Rolle zu, das wurde bei der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris (nochmals) herausgestellt. Auch die Energiewende der Bundesregierung kann ohne die konkrete Umsetzung vor Ort nicht gelingen. Neben rein technisch-wirtschaftlichen Voraussetzungen ist die Beteiligung der Bevölkerung notwendig, um für die ambitionierten Ziele Akzeptanz zu schaffen.

Damit die vielschichtigen Anforderungen berücksichtigt werden können, benötigen Kommunen einen strategischen Leitfaden in Form eines Energie- und Klimaschutzkonzeptes. Im Rahmen der Erstellung eines solchen Konzepts wird das Querschnittsthema Klimaschutz aufgaben- und ämterübergreifend bearbeitet. Während die Leitfäden der ersten Generation in den 1990er-Jahren in der Regel auf die technische Umsetzung in einem Zeitraum von etwa 15 Jahren ausgelegt waren, sind aktuelle Konzepte deutlich stärker akteursorientiert und fokussieren teilweise schon auf eine Langfristperspektive bis zum Jahr 2050.

Keine Werke von der Stange

Klimaschutzkonzepte sind so unterschiedlich wie die Kommunen, für die sie erstellt werden. Zwar gibt es eine einheitliche Struktur, die zum Beispiel auch für Konzepte vorgegeben ist, die durch die Nationale Klimaschutzinitiative der Bundesregierung (NKI) gefördert werden, aber je nach Kommunengröße und Konstellation (z. B. Gemeindeverband oder Kreis) variieren die Schwerpunkte der Bearbeitung erheblich. Auch die Erfahrung der Auftraggeber muss berücksichtigt werden: Während kleine Anfängerkommunen eher eine Einstiegsberatung benötigen, geben fortgeschrittene Städte und Gemeinden eventuell schon vertiefende Teilkonzepte in Auftrag.

Klimaschutzkonzepte umfassen in der Regel alle klimarelevanten Sektoren, vom kommunalen Energiemanagement über die privaten Haushalte, das Gewerbe und die Industrie bis zum Verkehrsbereich. Für diese Sektoren werden Energie- und Treibhaugasbilanzen erstellt, Potenziale errechnet und Szenarien entwickelt.

Als Orientierung für die Ziele können die nationalen Ziele dienen, die bis 2050 gegenüber dem Referenzjahr 1990 eine Verringerung der Treibhausgase von 80 bis 95 Prozent vorsehen. Durch Teilkonzepte werden die Klimaschutzkonzepte thematisch oder räumlich vertieft und damit noch stärker mit konkreten Umsetzungsschritten verknüpft.

Der Weg ist das Ziel

Im Gegensatz zur klassischen ingenieurmäßigen Planung, zum Beispiel einer Heizungsanlage, ist die Erarbeitung eines kommunalen Klimaschutzkonzeptes eine komplexe Aufgabe. Denn es müssen viele Akteure einen gemeinsamen Weg zur Zielerreichung finden. Eine reine Berechnung der Potenziale und Szenarien landet ohne Akteursbeteiligung nach der Fertigstellung in der Schublade. Insofern ist der Weg das Ziel. Während der Erstellung des Konzeptes werden die wichtigsten Akteure in die Entwicklung der Maßnahmen eingebunden. Damit wird zum einen die spezifische Expertise genutzt, zum anderen kann frühzeitig Akzeptanz für die Umsetzung der Maßnahmen geschaffen werden.

Kommunale Aktionspläne dürfen auch nicht an den Eigeninteressen weniger Akteure orientiert sein und in kurzfristigen Aktionismus münden. Vielmehr sollten sie an dem übergeordneten Ziel und einem soliden und langfristigen Planen und Handeln ausgerichtet sein. Für den Koordinator oder Manager des Prozesses gilt es daher, unabhängig und neutral als Anwalt des Gemeinwohls und der langfristigen Nachhaltigkeitsziele zu agieren.

Insbesondere bei Kreisen oder Gemeindeverbünden ist auch die Balance der Interessen der vielen kleinen Kommunen zu wahren. Bisweilen muss der Koordinator den Weg von einer bestehenden Konkurrenzsituation der Kommunen zu einem belebenden Wettbewerb im Sinne des Klimaschutzes frei machen.

Klimaschutz ohne Grenzen

Kommunaler Klimaschutz ist eingebettet in regionale, nationale und EU-weite Strategien. Eine alleinige Betrachtung der kommunalen Grenzen ist daher nicht immer zielführend. Zum Teil können Ziele nur gemeinsam mit der Region erreicht werden (z. B. erneuerbare Energien, öffentlicher Nahverkehr, Ausweisung von Gewerbegebieten). So muss etwa das Biomassepotenzial einer Region auch für die angrenzende Stadt reichen, das Windkraftpotenzial im Norden der Bundesrepublik ist auch für Kommunen im Süden wichtig, die Ausweisung von Gewerbegebieten in einer Kommune führt unter Umständen zu Mobilitätsbedarf in der anderen Kommune.

Klimaschutzplanung geht daher über die Grenzen der Kommune hinaus. Die Konzepte müssen vor diesem Hintergrund zukünftig deutlich stärker mit angrenzenden Regionen oder auch den nationalen Strategien abgestimmt werden. Erst wenn jede Kommune ihre Potenziale voll ausschöpft, kann das Energiekonzept der Bundesregierung voll umgesetzt werden. Ansonsten kommt es zu Verschiebungen der Aufgaben in andere Regionen und eventuell auch zu Ungerechtigkeiten bei der Lastenverteilung.

Vom Konzept zur Umsetzung

Die breite Umsetzung eines Klimaschutzkonzeptes ist dann gewährleistet, wenn die Maßnahmen in den Arbeitsalltag des Rathauses integriert werden können. Da Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe ist, bedeutet das, die Klimaschutzziele auf alle Bereiche der Kommunalverwaltung herunterzubrechen. Dies betrifft nicht nur die Effizienzstandards und den Anteil erneuerbarer Energien bei den eigenen Liegenschaften, sondern auch das Beschaffungswesen (z. B. Büromaterial, Bürogeräte, Fuhrpark). Wichtig ist genauso das Vorbild, das die Kommune geben kann, so etwa durch den Vorzug für regionale, ökologische und verpackungsarme Produkte in Kantinen oder bei Veranstaltungen oder durch Nutzung von Fahrrädern für Arbeitswege und den Verzicht auf das Flugzeug als Transportmittel bei Dienstreisen im Inland.

In die Sektoren private Haushalte, Gewerbe und Industrie kann die Kommune sowohl durch ihr vorbildliches Vorgehen als auch direkt durch die kommunalen Planungsinstrumente wirken. Instrumente wie die Bauleitplanung müssen hierbei in Langfriststrategien eingebettet sein. Dies zum Beispiel dadurch, dass der Nachverdichtung Vorrang vor dem Neubau „auf der grünen Wiese“ gegeben oder eine kompakte Besiedelung durchgesetzt wird.

Grundlage für diese Integration des Klimaschutzes in die Verwaltungsarbeit ist ein politischer Beschluss, der deutlich macht, dass eine solche integrative Herangehensweise auch „von oben“ gewünscht wird und die Ergebnisse des Klimaschutzkonzeptes in die zukünftige kommunale Praxis integriert werden sollen. Der (Klimaschutz-)Manager, der die Umsetzung des Konzeptes begleitet, muss mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein.

Hans Hertle

Der Autor
Hans Hertle ist Gesellschafter und Prokurist des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU) in Heidelberg und Leiter des Kommunalteams; Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Begleitung und Controlling kommunaler Klimaschutzaktivitäten