Hat der Tourismus in Deutschland nach der Coronapandemie wieder Fahrt aufgenommen? Welche Maßnahmen dabei greifen und welche Möglichkeiten Kommunen haben, um für den Tourismus noch attraktiver zu werden – eine Einordnung aus Verbandssicht.

Durch die Reisebeschränkungen während der Coronapandemie brach der Tourismus in den Jahren 2020 und 2021 massiv ein, nachdem 2019 ein Rekord bei den Übernachtungszahlen verzeichnet werden konnte. Seit 2023 geht die wirtschaftliche Entwicklung wieder aufwärts: Die Menschen reisen, und Fachkräfte, die der Branche den Rücken kehren mussten, kommen nach und nach zurück. Für 2024 zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts erneut eine positive Entwicklung: Für den Zeitraum Januar bis September 2024 sind die Übernachtungen um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen.
Schaut man darüber hinaus auf einen längeren Zeitraum zurück, so lässt sich konstatieren, dass die Übernachtungszahlen über die Jahre kontinuierlich wachsen: Waren es im Jahr 1992 noch rund 318 Millionen Übernachtungen, lagen sie 2019 bei knapp 496 Millionen. Inzwischen ist dieser Wert wieder erreicht.
Unterschiedliche Entwicklung des Tourismus
Allerdings hat sich der Deutschlandtourismus seit Ende der Pandemie nicht einheitlich entwickelt. Während einige Regionen einen stärkeren Aufschwung verzeichnen, kämpfen andere weiterhin mit den Nachwirkungen der Krise.
Metropolen wie Berlin und München haben beispielsweise von der zunehmenden Nachfrage nach Städtereisen profitiert. Das liegt zum einen an dem vielfältigen und großen Angebot an Kultur, Veranstaltungen, Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten. Zum anderen kamen 2024 Besonderheiten dazu: etwa die Konzerte von Megastars wie Adele und Taylor Swift oder die Austragung der Fußballeuropameisterschaft. Diese Events haben zehntausende Gäste ins Land gelockt.
Die Stärken kleinerer touristischer Orte liegen oft in ihrem individuellen Charakter. Besucher können hier einen authentischen Einblick in das lokale Leben bekommen. Die kleinen Orte liegen oft inmitten unberührter Natur und bieten somit ideale Voraussetzungen für Naturliebhaber und Aktivurlauber. Dennoch kämpfen einige kleinere Gemeinden in ländlichen Regionen und Küstenorte mit zurückgehenden Gästezahlen. Zwar hat der Trend zum naturnahen Urlauben zugenommen, und eine Kombination aus Strandurlaub, Natur und kulturellem Angebot ist für viele äußerst attraktiv. Aberdie Preise für Übernachtungen und die Preise in der Gastronomie sind gestiegen, viele Menschen verkürzen daher ihren Urlaub oder gehen seltener essen.

Positive Auswirkungen des Tourismus für die Kommunen
Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus ist in den Kommunen unbestritten: In vielen Regionen hat die Branche einen großen Beitrag für eine positive Entwicklung geleistet. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze: nicht nur in der Tourismusbranche selbst, sondern auch im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft. Um den Tourismus attraktiv zu gestalten, werden oft Investitionen in Straßen, Bahnverbindungen und touristische Einrichtungen getätigt und das kommt der gesamten Region zugute.
Wichtig bleibt es jedoch, den Tourismus in den Kommunen finanziell zu stärken, etwa durch eine stabile Finanzierung der Tourismusaufgaben, etwa durch Tourismusabgaben. Gerade ländliche Regionen benötigen attraktive touristische Infrastrukturen wie Rad- und Wanderwege.
Fördermöglichkeiten von Bund und Ländern prüfen
Auch Fördermöglichkeiten sollten durch kommunale Akteure geprüft werden. Es gibt verschiedene Programme von Bund und Ländern, die Kommunen unterstützen, etwa die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)“.
Über Förderung und Finanzierung hinaus gibt es weitere wichtige Faktoren, mit denen sich der Tourismus stärken lässt. Wertvolles Potenzial bieten zum Beispiel der öffentliche Personennahverkehr, Gästekarten und die Qualitätssicherung. Ein gutes Beispiel für eine nachhaltige Mobilität ist das Projekt „Urlaub. Ganz ohne eigenes Auto. SMILE24“, das im November 2024 mit dem Deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet wurde. „SMILE24“ ist ein Netzwerk aus Bussen, Shuttles, Bikes und Carsharing, das für flexible Mobilität rund um die Uhr in der Region an Schlei und Ostsee sorgt. Über eine App werden alle Angebote verknüpft. Das innovative Mobilitätskonzept wurde vom Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein initiiert und umgesetzt.
Gästekarten haben sich in den vergangenen Jahren ebenfalls zu einem wichtigen Instrument im Tourismus entwickelt. Durch sie werden Reiseziele insgesamt attraktiver, denn sie bieten oft viele Vergünstigungen und freien Eintritten für Freizeitaktivitäten und Museen. Auf diese Weise können Reisende mehr von ihrer Umgebung entdecken was sie insgesamt zufriedener mit ihrem Urlaub werden lässt. Viele Gästekarten sind zudem mit dem öffentlichen Nahverkehr verknüpft und fördern so eine umweltfreundliche Mobilität.
Mit Qualitätsinitiativen das Interesse steigern
Qualitätsinitiativen sind ein wichtiger Bestandteil des modernen Tourismus. Auch sie tragen erheblich dazu bei, Reiseziele attraktiver zu machen und die Gästezufriedenheit zu steigern. ServiceQualität Deutschland (SQD), i-Marke und die Sterne-Klassifizierung von Ferienunterkünften sind Beispiele für solche Initiativen. Alle drei werden vom Deutschen Tourismusverband angeboten.
Wo gibt es Unterstützung?
So wichtig der Tourismus ist – ein Selbstläufer ist er oft nicht, zumal entsprechende Strukturen geschaffen und erhalten werden müssen. Hinweise zu Fördermöglichkeiten gibt es hier:
www.foerderwegweiser-tourismus.de
SQD ist ein deutschlandweites Qualitätsmanagementsystem für den touristischen Dienstleistungsbereich. Es bietet Unternehmen eine strukturierte Vorgehensweise, mit der sie ihre Dienstleistungsqualität verbessern und damit die Kundenzufriedenheit steigern können.
Die i-Marke ist ein Qualitätssiegel, das speziell für Touristinformationen entwickelt wurde. Sie dient dazu, die Qualität der angebotenen Informationen und Dienstleistungen zu sichern und zu verbessern. So wird gewährleistet, dass Touristen an einem zentralen Ort umfassende und aktuelle Informationen über eine Region erhalten.
Die dritte wichtige Qualitätsinitiative ist die Sterne-Klassifizierung, mit der Ferienunterkünfte zertifiziert werden. Die Kriterien sind deutschlandweit einheitlich und werden von geschulten Prüfern angewandt. Anders als bei Onlinebewertungen durch Gäste ist dadurch eine weitgehend objektive Bewertung möglich.
Reinhard Meyer
Der Autor
Reinhard Meyer ist Präsident des Deutschen Tourismusverbands.