Wassersensible Stadtentwicklungsplanung

Wie ist mit den zunehmenden Wassermassen umzugehen? Die DWA spricht sich unter anderem gegen das Bauen in Überschwemmungsgebieten aus und für einen verbesserten technischen Hochwasserschutz. Foto: Adobe Stock/Thaut Images

Notwendig ist eine bessere und frühzeitige Integration des Wassers in die Stadtentwicklungsplanung, dazu gehören mehr finanzielle Mittel: Das ist eine der Forderungen der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall in ihrem aktuellen Politikmemorandum.

Die zunehmende Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse – Überflutungen wie im Sommer 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – zwingt zum Handeln. Politik und Wasserwirtschaft sind gleichermaßen gefordert.

Überflutungsvorsorge beginnt in der Fläche. Dezentrale Maßnahmen des Wasserrückhalts reduzieren Schäden in vielen Fällen effektiv. Die Bodennutzung in Land- und Forstwirtschaft muss angepasst werden, um den Anforderungen an Wasserrückhalt und Abflusshemmung besser zu entsprechen.

Die zunehmende Bodenversiegelung muss zudem dringend gestoppt werden. Auch bedarf es für einen vorsorgenden Schutz mehr Flächen an Gewässern, zum Beispiel für die Renaturierung von Gewässerauen, aber auch für Maßnahmen im urbanen Raum. Hier braucht es weiterhin Finanzhilfen von Bund und Ländern sowie Verbesserungen zugunsten von Entwicklungsmaßnahmen im Städtebaurecht.

Risikokommunikation und Starkregengefahrenkarten

Wesentlicher Bestandteil der Hochwasservorsorge, sowohl bezüglich Flusshochwasser als auch gegen Überflutungen durch Starkregen, ist die gezielte Kommunikation mit der Bevölkerung – denn Hochwasserschutz ist auch Eigenvorsorge. Bürgerinnen und Bürger müssen die konkreten Überflutungsgefahren vor Ort kennen, aber auch konkrete Hilfsangebote für die individuelle Hochwasservorsorge erhalten.

Notwendig ist die flächendeckende Analyse und Kartierung von Starkregengefahren, die auch für den Laien verständlich allen Bürgern zugänglich gemacht werden müssen. Datenschutzrechtliche Hindernisse bei der Veröffentlichung der Starkregengefahrenkarten sind abzubauen. Die Starkregenvorsorgeplanung muss zudem bereits in die Bauleitplanung einfließen.

Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten muss an den Klimawandel angepasst werden. Konkret bedeutet dies, auch andere Ereignisse als das statistisch alle 100 Jahre zu erwartende Hochwasser zu berücksichtigen. Das Bauen in Überschwemmungs-gebieten muss verhindert und in überschwemmungsgefährdeten Gebieten stärker eingeschränkt werden.

Technischer Hochwasserschutz

Ausnahmen von Bauverboten in Überschwemmungsgebieten werden noch viel zu häufig bewilligt – zumal der Nutzen für die Kommunen nur kurzfristig ist: Im Hochwasserfall sind die Schäden immens. Grundsätzlich ist zu prüfen, ob die Regelungen über Bauverbote in Überschwemmungsgebieten in das Bauplanungsrecht zu überführen und die Voraussetzungen für Ausnahmegenehmigungen zu konkretisieren und zu verschärfen sind.

In Situationen des Wiederaufbaus muss der klimaangepasste Neuaufbau mitgedacht werden. Es bedarf hier flexibler Lösungen durch Ausweisung und Bereitstellung von Alternativgrundstücken für Betroffene zum Kauf oder Tausch. Dafür muss die Politik Mittel bereitstellen und den Rahmen gestalten. In zwingenden Ausnahmefällen ist der technische Hochwasserschutz zu verstärken und hochwasserangepasst zu bauen. Auch im Bestand müssen im Rahmen der Eigenvorsorge Anpassungsmaßnahmen unternommen werden.

Trotz aller Bemühungen, die Abflussdynamik bei Starkregenereignissen durch natürliche Retention, Versickerung oder Abflussverzögerung zu dämpfen, wird es erforderlich werden, den technischen Hochwasserschutz in Form von Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken zu verbessern. Hierzu müssen die Aufgabenträger erleichterten Zugriff auf die erforderlichen Flächen erhalten. Die Genehmigungsverfahren müssen deutlich gestrafft werden. Zusätzlich können ergänzende Objektschutzmaßnahmen an vielen Stellen erforderlich werden.

Klimaresiliente kritische Infrastruktur

Die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer hat deutlich gezeigt, dass häufig die leitungsgebundene kritische Infrastruktur nicht ausreichend gegen Überflutungen geschützt ist. Sie muss deutlich klimaresilienter geplant und gebaut werden. Dies gilt auch direkt für die Wasserwirtschaft.

Die Infrastruktur für Hochwasservorhersage und Hochwasserfrühwarnung wie Pegel und Datenübertragungswege muss so ausgestattet werden, dass sie auch bei Extrem-ereignissen zur Verfügung steht. Hierzu sind erhebliche staatliche Investitions-entscheidungen zu treffen. Dafür sollten die Einnahmen aus dem CO2-Handel eingesetzt werden. Der Energie- und Klimafonds (EKF) sollte dafür geöffnet werden.

Die Politik muss dem Katastrophenschutz mehr Priorität beimessen und die staatlichen Einsatzinstitutionen besser unterstützen, etwa mit einem gemeinsamen Kompetenz-zentrum. Dies ist nicht nur für die Überflutungsvorsorge wichtig. Abgesehen von der verfassungsmäßig vorgegebenen Aufgabenverteilung ist die verantwortliche Einbindung der örtlichen Verwaltungsträger unerlässlich.

Zudem muss es ein integratives, einheitliches und verständliches Frühwarnsystem geben, digital (zum Beispiel Nina-App, SMS per Cell-Broadcast) und analog (Sirenen) unterstützt durch regelmäßige Übungen unter Einbeziehung der Bevölkerung. Stefan Bröker

Der Autor: Stefan Bröker ist Pressesprecher der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall.