Wall gegen das Wasser

Die Stadt Rheinfelden (Baden) hat ein Hochwasserschutzkonzept erstellen lassen. Aufgrund der zweidimensionalen Modellierung von Überflutungsgebieten im Fall eines 100-jährlichen Hochwassers wurden Maßnahmen dargestellt und deren Kosten-Nutzen-Verhältnis bewertet.

Die Stadt Rheinfelden (Baden) liegt in der Nähe von Basel am Ufer des Hochrheins und zählt rund 33.000 Einwohner. In ihrem Stadtgebiet mündet der Dürrenbach in den Rhein. Die aktuellen Hochwassergefahren- und -risikokarten des Dürrenbachs weisen Überflutungsflächen in besiedelten Bereichen aus. Im Hochwasserfall ist dort also mit erheblichen Schäden zu rechnen. Die Kommune beschloss, diese Gefährdungslage anhand eines kommunalen Hochwasserschutzkonzepts mit Schadenspotenzialanalyse überprüfen zu lassen und Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes abzustimmen.

Bei der Bearbeitung der Hochwassergefahrenkarten (HWGK) für das Land Baden-Württemberg wurden regionalisierte Bemessungsabflüsse verwendet. Dabei wurden großskalige hydrologische und hydraulische Bedingungen angesetzt. Im Gegensatz dazu basiert ein kommunales Hochwasserschutzkonzept auf einer kleinräumigen Untersuchung des Gemeindegebiets. Dies erlaubt eine detaillierte Aufteilung der Zuflüsse sowie die Integration von hochwasserrelevanten Nebengewässern, die nicht in den HWGK enthalten sind.

Die wesentlichen Eingangsdaten für die Modellierung neben den Abflüssen sind das Digitale Geländemodell (DGM) sowie die terrestrisch vermessenen Querprofile, die aus der landesweiten Ermittlung der HWGK schon zur Verfügung standen. Die mit der Modellierung beauftrage Ingenieurgesellschaft Hydrotec unternahm ergänzend eine Begehung des Ortes und dokumentierte Bauwerke, Abflussbereiche und Gewässer.

Grobmodell simuliert Starkregen

Die HWGK geben keine Auskunft über die Hochwassergefährdung des Ortes durch Starkregen. Für die Maßnahmenplanung ist es wichtig, die dabei entstehenden Fließwege zu kennen und zu wissen, wo Niederschlagswasser aus dem Vorland ins Gewässer fließt. Diese Fließwege sollten durch neue Hochwasserschutzmaßnahmen nicht versperrt werden.

Mit dem hydronumerischen Modell „Hydro AS-2D“ wurde deshalb ein Starkregenereignis über dem nördlichen Stadtgebiet simuliert. Die daraus resultierenden Abflüsse und Überflutungsflächen dienten zur Maßnahmenwahl und Schadensberechnung und zur Absicherung der nachfolgenden detaillierten zweidimensionalen (2D-) Berechnung. Auf dieser Basis erfolgte eine hydraulische Berechnung des Hochwassers für verschiedene Jährlichkeiten, um die gefährdeten Bereiche und Objekte zu identifizieren.

Die im Hochwasserschutzkonzept berechneten Überflutungsflächen fallen aufgrund der detaillierteren Abflussaufteilung etwas kleiner aus als in der HWGK. Besonders hohes Schadenspotenzial entsteht in einem Wohngebiet, das an den Dürrenbach angrenzt. Außerdem zeigte sich, dass in einem geplanten Neubaugebiet Wasser unkontrolliert über die zukünftigen privaten Grundstücke abfließen würde. Die Ingenieurgesellschaft unterstützt die Gemeinde aktuell dabei, die Planungen in diesem Bereich hochwassersicher zu gestalten.

Zugewinn an Planungssicherheit

Im Ort bestehen einige Möglichkeiten zur Verbesserung des Hochwasserschutzes, wie die Vergrößerung von Durchlässen, die Entfernung von Flügelwänden oder die Anlage von Verwallungen. Im 2D-Modell wurde die Wirkung dieser Maßnahmen überprüft. Zusätzlich erfolgte eine Schadenspotenzialermittlung mit einer detaillierten Kosten-Nutzen-Berechnung.

Als effektivste Verbesserung des Hochwasserschutzes zeigte sich eine Verwallung entlang des Ufers am oben genannten Wohngebiet (s. Abb. im Text). Sie würde rund 40.000 Eurto kosten und bei einer Überfutung im Ausmaß eines 100-jährlichen Hochwassers (HQ100) Schäden in Höhe von etwa 950.000 Euro verhindern. Anstelle von Maßnahmen, die ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, ist der gezielte Schutz der betroffenen Objekte die bessere Lösung.

Das Planungsunternehmen präsentierte die Ergebnisse den Ortschaftsräten sowie dem Bau- und Umwelt-Ausschuss von Rheinfelden und beantwortete für Fragen aus den Gremien. Dies bringt Transparenz in die Untersuchung und erhöht die lokale Akzeptanz von Entscheidungen zu Baumaßnahmen. Die Stadt Rheinfelden (Baden) hat nun eine höhere Planungssicherheit und kann die verfügbaren kommunalen Mittel effizient zum Schutz ihrer Bürger vor Hochwasserschäden einsetzen.

Rainer Räder / Lisa Friedeheim

Die Autoren
Rainer Räder und Lisa Friedeheim sind Experten für 2D-Modellierung und Hochwasserschutzkonzepte bei der Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt in Aachen

Kontakt: Stadt Rheinfelden (Baden), Tobias Obert, Tiefbauabteilung