Umweltschonendes Recycling

Gut aufgestellt, aber die Bremer Stadtreinigung hat (noch) mehr vor – insbesondere das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen soll geschärft werden. Foto: Adobe Stock/hedgehog94

Müll abholen, die Stadt sauber halten, Recycling ermöglichen, die Umwelt schützen: Um hier noch besser zu werden, hat die Bremer Stadtreinigung die Gemeinwohl-Bilanzierung durchgeführt.

Die Bremer Stadtreinigung (DBS) wurde 2018 als Anstalt öffentlichen Rechts neu gegründet. Nach drei Jahren intensiver Arbeit an Unternehmensaufbau- und entwicklung bot sich mit dem Projekt der Gemeinwohl-Bilanzierung die Chance, die bisherigen Aktivitäten kritisch zu hinterfragen und neue Impulse zu generieren. Ziel war es, das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen zu schärfen.

Im April 2021 startete der Bilanzierungsprozess mit einem Kick-off-Workshop, in dem die Projektbeteiligten mit der Logik und Methodik der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) vertraut gemacht wurden. Darauf folgend wurden etwa in monatlichen Abständen fünf halbtägige Workshops und ein ganztägiger Abschlussworkshop veranstaltet. Die Aufgabe der GWÖ-Beratung bestand darin, die Workshops zu moderieren, das GWÖ-Werteverständnis zu vermitteln und bei der Anwendung der Berichtsfragen auf das Unternehmen zu unterstützen.

Zu jedem Workshop wurden Themenverantwortliche aus der Projektgruppe benannt, die Daten und Fakten zu den Berichtsfragen und den geforderten Indikatoren vorbereitet haben. In den Workshops wurden die Inhalte mit den Projektmitgliedern aus unterschiedlichen Perspektiven und der externen Expertise der GWÖ-Beratung beleuchtet sowie erste Selbstbewertungen vorgenommen. Auch wurden Entwicklungspotenziale dokumentiert. Im Abschlussworkshop wurden alle Erkenntnisse zusammengeführt, die Selbstbewertung wurde überprüft und bei Bedarf angepasst. Zwischen den Workshops fanden mehrere Arbeitsbesprechungen zur Erhebung der Daten und zur Vervollständigung der Berichtsentwürfe auch mit Fachverantwortlichen außerhalb der Projektgruppe statt. Zur Qualitätssicherung wurden die Berichtsentwürfe von der GWÖ-Beratung, den Projektmitgliedern und dem Vorstand in mehreren Korrekturschleifen geprüft und kommentiert.

EMAS

Die Zusammenführung des Gesamtberichtes erfolgte durch die mit der Redaktion des Gemeinwohl-Berichts beauftragten internen Projektmitarbeitenden. So wurde der Gemeinwohl-Bericht im Zeitraum April bis Dezember 2021 sukzessive fertiggestellt. Ende Februar 2022 führten zwei externe Prüfer das Audit durch. Der Auditprozess bestand aus der Beantwortung eines umfangreichen Fragenkatalogs und aus einem ganztägigen Audittermin.

Als kommunales Unternehmen der Daseinsvorsorge sind viele gemeinwohlorientierte Werte bereits in der Unternehmensstrategie der Bremer Stadtreinigung verankert. Durch den wertebasierten 360-Grad-Blick der Gemeinwohl-Matrix ließ sich gut herausarbeiten, in welchem Maße diese Werte umgesetzt werden und in welchen Bereichen Verbesserungspotenziale bestehen. Zum Beispiel: In der Berührungsgruppe „Mitarbeitende“ konnte sich DBS in vielen Bereichen als „erfahren“ einstufen. In den Feldern „Förderung des ökologischen Verhaltens“ und „Innerbetriebliche Mitentscheidung“ hingegen wurden Entwicklungspotenziale identifiziert. Während die vielfältigen Maßnahmen zur Entwicklung der Unternehmens- und Führungskultur als beachtlich angesehen wurden, zeigte sich in Bezug auf die Messung ihrer Wirksamkeit Handlungsbedarf. In der Berührungsgruppe „Gesellschaftliches Umfeld“ wirkte sich das Vorhandensein des Umweltmanagementsystems EMAS (Eco Management und Audit Scheme) im Betrieb der Deponie im Themenfeld „Reduktion ökologischer Auswirkungen“ positiv auf die Bewertung aus.

Weitere Potenziale sollen nun durch die Ausweitung von EMAS auf das gesamte Unternehmen gehoben werden. Im Zuge dessen werden auch die internen Strukturen für zukünftige Nachhaltigkeitsberichte gebündelt. Entsprechend haben wir auch zu den anderen Berührungsgruppen Maßnahmen definiert.


Die Gemeinwohl-Matrix

Die Gemeinwohl-Bilanzierung basiert auf der Gemeinwohl-Matrix: ein Modell für die Organisationsentwicklung und die Bewertung von unternehmerischen und gemeinwohl-orientierten Aktivitäten, das den jeweiligen Beitrag bewertbar machen soll.

www.germany.ecogood.org/tools/gemeinwohl-matrix/


Herausfordernd war, die Bewertungskriterien auf DBS zu übertragen, da der Bewertungsrahmen der GWÖ für Unternehmen (GWÖ-Matrix 5.0) noch nicht die unternehmensrechtlichen Besonderheiten kommunaler Unternehmen ausreichend berücksichtigt. Einige Kriterien und Indikatoren mussten durch die Auditoren erst adaptiert werden, um diese im Sinne der GWÖ anwenden und bewerten zu können, oder ließen sich nicht anwenden. Letzteres hatte zur Folge, dass einige Unterkategorien der Berührungsgruppen B „Eigentümer und Finanzpartnerinnen“ sowie D „Kundinnen und Mitunternehmen“ als „nicht bewertbar“ klassifiziert wurden.

Der Bilanzierungsprozess war insgesamt erfolgreich, weil er durch den werte- und prozessorientierten Ansatz zu fruchtbaren Diskussionen und zu Erkenntnissen geführt hat, wie Nachhaltigkeit ganzheitlich im Unternehmen implementiert werden kann. Die bereichsübergreifende Zusammensetzung des Projektteams unter Beteiligung verschiedener Hierarchieebenen hatte zudem den Effekt, dass viel über das eigene Unternehmen gelernt und das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wurde.

Nilgün Voß


Die Autorin

Nilgün Voß ist bei der Bremer Stadtreinigung Vorstandsreferentin Changemanagement/Strategische Unternehmensentwicklung und Projektleiterin Gemeinwohl.