Überzeugende Darstellung

Alle Städte und Gemeinden stehen im interkommunalen Standortwettbewerb. Jede Kommune, die mithalten will, muss ihre Position festigen. Dabei setzen Kommunen verstärkt auf Marketinginstrumente wie „Corporate Identity“ und „Corporate Design“, um sich ein unverwechselbares Image zu geben.

Für eine Kommune gibt es unterschiedliche Anlässe, sich mit Konzepten der „Corporate Identity“ (CI) und des „Corporate Design“ (CD) zu befassen. Zum Beispiel führt die Zusammenlegung und Umbenennung von Gemeinden dazu, dass unter der neuen Bezeichnung ein neues Gemeinschaftsbewusstsein zu entwickeln ist. Oder eine Industriestadt verliert wichtige Produktionsbetriebe oder eine Garnison „ihre“ Kaserne und das gesamte Gemeinwesen muss sich „neu erfinden“ und sich auf verändernde wirtschaftliche Bedingungen einstellen.

Die pfälzische Verbandsgemeinde Wörrstadt formuliert ihr Motiv prägnant so: „Wir wollen unsere eigene, unverwechselbare Identität herausbilden und durch eine entsprechende grafische Kommunikationslinie kommunizieren. Dadurch wollen wir uns künftig noch stärker und nachhaltiger gegenüber anderen Kommunen positionieren und das eigene Ansehen und die eigene Attraktivität in der Öffentlichkeit erhöhen.“

Corporate Identity und Corporate Design haben nachweislich eine zum Teil enorme Marktwirkung. Grobe Fehler bei CI und CD kosten Vertrauen, gefährden Marktanteile und Arbeitsplätze. Auch die Position einer Gemeinde im interkommunalen Wettbewerb als Wohnort, Unternehmensstandort und Besucherziel hängt heute stark davon ab, wie sie von Bürgern, Besuchern und Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik wahrgenommen wird. Es gibt also handfeste wirtschaftliche Gründe, die CI zu überprüfen und CD einzusetzen.

Corporate Identity

Wie jeder Mensch hat auch ein Unternehmen, eine Institution oder eine Gemeinde eine Persönlichkeit, hier in Form einer Gemeinschafts-Identität, einer Corporate Identity. Größere Unternehmen mit vielen Mitarbeitern, hochgradiger Arbeitsteilung und oft mit Niederlassungen an verschiedenen Standorten brauchen eine institutionelle „Klammer“, die das Ganze zusammenhält und ein allen gemeinsames Selbstverständnis mit Grundsätzen für die Ausrichtung des Unternehmens. Diese Klammer ist die „Unternehmensphilosophie“, in der die generellen Wertvorstellungen des Unternehmens zusammengefasst werden. Von der Unternehmensphilosophie leiten sich alle weiteren Ziele ab und in der Zielhierarchie abwärts werden sie immer konkreter bis hin zum Einsatz des jeweiligen Werbemittels.

  • Leitbild/Leitsätze geben grundsätzliche Verhaltensnormen vor

  • Vision, Mission-Statement fassen den Unternehmenszweck zusammen

  • Unternehmensziele beschreiben die Ziele der Unternehmensentwicklung

  • Marketingziele legen fest, was am Markt erreicht werden soll

  • Kommunikationsziele definieren, was Werbung und PR bewirken sollen.

Viele Firmen und auch Kommunen fassen die Botschaft ihrer Identität in einem Slogan oder Claim zusammen; eine Reihe dieser Slogans wurden über viele Jahre so intensiv in der Werbung eingesetzt, dass sie uns allen geläufig sind: „Wir machen den Weg frei“ (Deutsche Genossenschaftsbanken seit 1995), „Wenn‘s um Geld geht – Sparkasse“ (Deutsche Sparkassen seit 1963), „Stadt, die Wissen schafft“ (Universitätsstadt Göttingen) oder „Kiel: Sailing City“ (Hafenstadt Kiel).

Oft sind Slogans nichtssagend, wie etwa „Viel davor, viel dahinter“ (Karlsruhe), austauschbar wie „Da geht was“ (Delmenhorst) oder wenig glaubwürdig: „Schwerin macht glücklich“. In solchen Fällen sollte man darauf verzichten. Wenn die CI-Konzeption konsequent umgesetzt wird, greift alles ineinander; jeder im Unternehmen kennt die Unternehmensphilosophie und lebt sie täglich und die Öffentlichkeit nimmt die Persönlichkeit des Unternehmens als stimmig wahr.

Corporate Design

Die Persönlichkeit des einzelnen Menschen drückt sich für die anderen wahrnehmbar aus – zum Beispiel in der Art, wie er sich kleidet, welche Frisur er trägt, mit welchen Dingen er sich umgibt, wie er spricht, welche Automarke er fährt. Ebenso Unternehmen, Institutionen und auch Kommunen unterscheiden sich nach ihrem öffentlichen Auftritt. Hier geht es nicht um den individuellen Stil, sondern um die Gestaltung der Persönlichkeit der Gemeinschaft und ihres vor allem optischen Ausdrucks durch CI-konformes Corporate Design.

Bei produzierenden Unternehmen werden drei CD-Bereiche unterschieden: Produkt-Design für Produkt und Verpackung; Kommunikations-Design für Anzeigen, Plakate, Broschüren, Website; Environment-Design für Gebäude, Inneneinrichtung, Firmenwagen, Imagekleidung. Die identitätsstiftende Wirkung des CD wenden Unternehmen an, aber man kann sie auch jeden Samstag im Fußballstadion erleben; wo immer klar ist, in wessen Stadion man spielt und wer Fan welcher Mannschaft ist.

Als der Begriff Corporate Design noch gar nicht existierte, führte praktisch jede deutsche Stadt bereits ein Wappen, mit dem sie sich darstellte und das zum Beispiel für das Siegeln wichtiger Urkunden benutzt wurde. Manche Stadtwappen sind Jahrhunderte alt; mehr als 1000 wurden in den neuen Bundesländern seit 1990 neu geschaffen. Heute wird die Führung der Gemeinde-Wappen durch kommunale Wappensatzungen geregelt, die landesrechtlichen Bestimmungen genügen müssen, meist festgelegt in den Gemeindeordnungen der Länder.

Wappen und Logo

In den Wappen wird zum Teil seit Jahrhunderten die Corporate Identity der Stadt markiert: Hamburg steht zum Beispiel für „das Tor zur Welt“. Neben dem formalen Wappen führen viele Kommunen ein Logo mit moderner Anmutung, das mehr Optionen für die kreative grafische Gestaltung bietet.

Kommunen haben zwar Unternehmen wie die Stadtwerke, aber sie sind nicht die Unternehmen, und auch im Erarbeitungsprozess kommunaler CI-/CD-Konzepte sind die Unterschiede zu beachten. Während Unternehmen auch die eigenen Mitarbeiter und die Kunden von ihrer CI überzeugen müssen, können sie doch durch Hierarchie und Direktionsrecht die Einführung von CI und CD „top down“ durchsetzen. Kommunen als lokales Gemeinwesen brauchen dagegen breite Akzeptanz für die Optik des Auftritts, das Logo und den Slogan, damit das angestrebte kommunale „Wir-Gefühl“ entwickelt und gelebt werden kann. Bei der bereits erwähnten Verbandsgemeinde Wörrstadt in Rheinland-Pfalz (rund 28.000 Einwohner) beispielsweise bestand die Herausforderung darin, mit dem neuen CI-/CD-Konzept allen ihren 13 Ortsgemeinden gerecht zu werden. Sie alle haben ihr eigene Geschichte, ein eigenes Wappen und ein höchst aktives örtliches Vereinsleben.

Die Aufgabe ist vergleichbar mit dem Aufbau und der Pflege der Dachmarke eines Autokonzerns, der traditionsreiche Hersteller unterschiedlicher Markenprofile integriert hat und nun eine Balance zwischen den Identitäts-Ansprüchen der einzelnen Marken einerseits und des Mutter-Konzerns andererseits finden muss, um mit seinem CD glaubwürdig und einprägsam zu gestalten.

Karl J. Eggers

Der Autor
Dr. Karl J. Eggers ist Inhaber der Marketingberatung Dr. Eggers / MBE in Lambrecht

Info: Tipps zur Umsetzung eines neuen kommunalen CI-/CD-Konzepts

  • Formulieren Sie schriftlich, was sie mit dem neuen CI/CD-Konzept erreichen wollen.

  • Stellen Sie Leitbilder und CD-Konzepte anderer Kommunen zusammen, vor allem Ihrer Nachbargemeinden, von denen Sie sich präziser abheben wollen.

  • Führen Sie alle vorliegenden Studien und Unterlagen zusammen, die zur Situationsanalyse nützlich sein können wie Bürger- und Gästebefragungen, Imageanalysen, Medienberichte über Ihre Gemeinde.

  • Legen Sie die Zuständigkeiten eindeutig fest und planen Sie den Prozess zur Erarbeitung Ihrer künftigen CI- und CD-Konzeption.

  • Beteiligen Sie Mandatsträger und Bürger durch Befragungen und Workshops, aber stellen Sie sicher, dass die fachlichen Grundsätze eingehalten werden, von deren Geltung die Qualität ihres CI- und CD-Konzepts hochgradig abhängt.

  • Wenn Sie die Hilfe einer Agentur in Anspruch nehmen wollen, prüfen Sie, ob die Projektbetreuer mit kommunalen Besonderheiten (Recht, Struktur, Verwaltungsabläufe, Arbeit politischer Gremien) vertraut sind.

  • Klären Sie die Rechte, die mit der späteren Nutzung der CD-Elemente verbunden sind und legen Sie sie schriftlich fest.

  • Logo und Slogan rühren an Emotionen; bei jeder Lösung – auch bei der fachlich besten – wird es Widerstand und Ablehnung geben. Deshalb ist sorgfältige Kommunikation während des ganzen Prozesses von großer Bedeutung.

  • Verwenden Sie die üblichen Fachausdrücke wie CI und CD, aber benutzen Sie im CI-/CD-Prozess durchweg die deutsche Sprache und vermeiden Sie „Denglisch“. Das erhöht erfahrungsgemäß die Akzeptanz der Lösung bei den Bürgern.