Trinkwasser ist kostbar und bedroht

Zuverlässig gutes Wasser: Die Versorgung liegt in Deutschland überwiegend in kommunaler Hand − die ortnsahe und demokratisch kommunale Bindung ist für Durmus Ünlü das Erfolgsmodell. Foto: Adobe Stock/arttim

Die „Nationale Wasserstrategie“ wird wegweisend sein, ihre Umsetzung wird aber Zeit brauchen, sagt Durmus Ünlü. Kommunen empfiehlt der Wasserexperte, sich in Sachen Trinkwasser bereits jetzt mit deren Anliegen auseinanderzusetzen.

Klimawandel, zunehmende Trockenheit, Verunreinigungen der Wasserressourcen, Nutzungskonflikte: Auch wenn solche Schlagzeilen beunruhigend sind − die 5845 Wasserversorger (Statistisches Bundesamt 2019) gewährleisten die Trinkwassersicherheit, ermöglichen die günstige und rund um die Uhr verfügbare öffentliche Wasserversorgung. Überwiegend wird dies in Deutschland in kommunaler Verantwortung und in öffentlicher Hand erbracht – die ortsnahe und demokratisch kommunale Bindung ist das Erfolgsmodell.

Aber auch die öffentliche Wasserwirtschaft erlebt eine Zeitenwende. Der Klimawandel verstärkt den Druck auf die verfügbaren Wasserressourcen. Hinzu kommen Nutzungen und Diskussionen, die den gesetzlichen Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung in der Praxis in Frage stellen können. Beispiele sind die Nutzung von Tiefengrundwasser, Fracking, CCS (die Einlagerung von CO22 in unterirdische Lagerstädten) oder die Wasserstoffproduktion. Auch die Kostensteigerungen und der Fachkräftemangel erschweren die erforderlichen Anpassungen in der Wasserwirtschaft.

Die Nationale Wasserstrategie der Bundesregierung ist hierbei wegweisend. Sie erfasst alle relevanten Themen, ist ambitioniert − aber doch nur eine Strategie mit Aktionsprogrammen. Die Umsetzung wird Zeit erfordern.

Kommunen, die in Sachen Trinkwasser gut aufgestellt sein möchten, sollten nicht auf die Umsetzung durch Bund, Länder und Behörden warten. Es gilt, die in der „Nationalen Wasserstrategie“ genannten Themen vor Ort bereits jetzt in den Fokus zu nehmen und sämtliche Akteure dafür mitzunehmen. Für die öffentliche Wasserversorgung sollte ein Vierklang gelten: Sicherung der Verantwortung für die Daseinsvorsorge, Vermeidung von Ziel- und Nutzungskonflikten, Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung und gemeinwohlorientierte Priorisierung in Knappheitssituationen.

Bewusst mit Wasser umgehen

Erforderlich ist zunächst, eine klimaangepasste öffentliche Wasserversorgung für die nächsten Generationen sicherzustellen. In einem weiteren Schritt muss dem Ziel Priorität eingeräumt werden, Nutzungs- und Zielkonflikte zu vermeiden. Dafür ist eine wassersensible Raum- und Fachplanung notwendig. Auch das Bewusstsein für die Grenzen der Ressourcenverwendung muss bei allen Nutzungsgruppen gestärkt werden. Die herausgehobene Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung soweit sie der Daseinsvorsorge im Sinn von § 50 Abs. 1 WHG dient – hat dabei Vorrang.

In akuten Knappheitssituationen ist für den kommunalen Entscheidungsspielraum ein handhabbarer Handlungs-und Regelungsrahmen notwendig, durch den die Wasserversorgung gesichert werden kann. Dieser muss Aspekte des Vorrangs, des sorgsamen Gebrauchs oder auch der Nutzungsbeschränkung mit dem Ziel erfassen, gemeinwohlorientiert priorisieren zu können.

Maßnahmen zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung kosten Geld. Je nach Zuständigkeit und Verantwortlichkeit hat dies unmittelbar Auswirkung auf den finanziellen Spielraum, entweder über Gebühren, über den kommunalen Haushalt oder über Finanzmittel von Bund und Ländern. Doch aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger läuft die Finanzierung über die gleiche „Hosentasche“. Entscheidend wird es deshalb darauf ankommen, welchen Stellenwert die erforderlichen Maßnahmen bei den politischen Entscheidungsträgern haben. Insoweit dient die Wertschätzung für das Wasser auch der politischen Priorisierung von Wasserthemen für das Gemeinwohl. Best Practice-Beispiele können auf technischer Seite gute Erfolgsmodelle darstellen. Sie können jedoch nicht ein langfristiges Gesamtkonzept zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung vor Ort und für die Menschen von heute sowie von morgen ersetzen. Da die Bedingungen und damit auch die sinn- vollen Lösungsansätze regional sehr unterschiedlich sein können, sollten bei Anpassungsmaßnahmen über die öffentliche Wasserversorgung die Belange vor Ort auf kommunaler Ebene berücksichtigt werden. Eine der erfolgversprechenden neuen Maßnahmen, die zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung genannt werden, ist das Konzept der Schwammstadt. Kommunal ist auch hier das Erfolgsmodell.

Die Akteure frühzeitig ins Boot holen

Die öffentliche Wasserwirtschaft übernimmt Verantwortung und wird auch künftig eine engagierte, zielorientierte Partnerin für die Kommunen für mögliche Lösungsstrategien sein. Sie muss dafür in die Prozesse rund ums Wasser frühzeitig eingebunden werden.

Mit ihrer Fachexpertise, ihrer langjährigen Erfahrung vor Ort und ihren regionalen, auf Nachhaltigkeit angelegten Konzepten ist gerade die öffentliche Wasserwirtschaft die bewährte Partnerin für die politischen Entscheidungsträger. Die öffentlichen Unternehmen sind in den kommunalen Strukturen bestens vernetzt und mit ihren Leistungen immer ganz nah bei den Bürgerinnen und Bürgern, an deren Bedürfnissen sie sich orientieren.

Durmus Ünlü


Der Autor

Dr. Durmus Ünlü ist Geschäftsführer der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW).