Technik erleichtert Senioren den Wohnalltag

Hilfsmittel, die das Wohnen von Senioren unterstützen, gibt es zahlreiche. Wichtig sind auch Anlaufstellen, in denen Ehrenamtliche beispielsweise technischen Support leisten. Hier können ältere Menschen etwa Fragen zum Umgang mit ihrem Handy stellen. Ein anderer Ansatz sind Musterwohnungen, in denen Bürger technische Produkte vorab testen können.

 

Technische Assistenzsysteme und Hilfsmittel, die ein selbstständiges Leben im Alter erleichtern können, gibt es bereits in großer Zahl. Jetzt gilt es, ältere Bürger verstärkt mit den unterschiedlichen Möglichkeiten vertraut zu machen. Zu diesem Zweck hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2014 bis 2016 bundesweit den Aufbau von 22 kommunalen Beratungsstellen gefördert. Zusätzlich wurde in Zusammenarbeit mit dem FZI Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie die Datenbank „Wegweiser Alter und Technik“ auf den Weg gebracht. Wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, haben sich vor Ort unterschiedliche Beratungsstrukturen entwickelt.

So betreibt die Kommunale Beratungsstelle (KBS) „Besser Leben und Wohnen im Alter durch Technik“ gemeinsam mit dem Landkreis Vorpommern-Greifswald und der „Initiative Leben und Wohnen im Alter (ILWIA)“ eine barrierefreie Musterwohnung in der Kreisstadt Greifswald (knapp 60.000 Einwohner, Mecklenburg-Vorpommern). „Hier können interessierte Bürger die Produkte eigenhändig testen und Geräte ausleihen. Die Beratung erfolgt hersteller- und anbieterunabhängig“, betont André Huysmann, der während der Förderphase als Projektleiter bei dem Landkreis angestellt war.

Der Alltagsnutzen im Mittelpunkt

Die Idee zur Gründung der ILWIA entstand im Zuge einer Strategieentwicklung zum demografischen Wandel, der die dünn besiedelte Region vor große Herausforderungen stellt. Dies bot eine gute Grundlage für das Beratungsangebot. Die Pflegestützpunkte des Landkreises sind ebenso beteiligt wie Unternehmen der Gesundheits- und Wohnungswirtschaft, die Universitäten Greifswald und Rostock sowie das Technologiezentrum Vorpommern. Das Konzept der Beratungsstelle beruhe auf den Säulen „Informieren, Beraten, Erfahren, Erleben“, so Huysmann. „Nicht die technische Machbarkeit steht im Mittelpunkt, sondern der unmittelbare Nutzen im Alltag.“ Dieser Aspekt spiele für die eigentliche Zielgruppe eine ebenso große Rolle wie für die Experten aus den Sozial- und Gesundheitsberufen. „Sobald der Mehrwert klar wird, steigt auch das Vertrauen in die Technik.“ Dass der Landkreis bereit gewesen sei, das Thema offensiv zu unterstützen, habe die Akzeptanz seitens der Projektpartner aus der Freien Wohlfahrtspflege gestärkt. Aktuell wird die Beratungsstelle je zur Hälfte vom Landkreis Vorpommern-Greifswald und von dem Unternehmen Witeno getragen.

Als wichtige Partner bezeichnet Huysmann auch die kommunalen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften. In deren Räumlichkeiten finden regelmäßig Technikvorführungen für die älteren Mieter und deren Angehörigen statt. Das Interesse an technischen Lösungen sei deutlich gestiegen. „Inzwischen erproben pro Jahr rund 1000 Besucher die Produkte in unserer Musterwohnung.“ Besonders gut komme die automatische Herdabschaltung an, von der auch Jüngere profitieren könnten. Zurzeit arbeitet die Beratungsstelle mit dem Gesundheitswissenschaftlichen Institut Nordost (Gewino) der AOK Nordost im Rahmen eines Forschungsvorhabens zusammen. Dessen Ziel ist es, in 20 Greifswalder Haushalten den Nutzen technischer Hilfen für Menschen, die über 60 Jahre alt sind, zu überprüfen.

Aufgrund des Erfolgs der Greifswalder Beratungsstelle soll auch in Stralsund und Rostock zukünftig ein vergleichbares Angebot entstehen. „Für die Umsetzung der Musterwohnungen wäre eine Kooperation zwischen der Wohnungswirtschaft und den Pflegestützpunkten des jeweiligen Landkreises denkbar“, sagt Huysmann.

Technikexperten geben den Senioren Tipps und leisten Unterstützung

In Jena (rund 109.000 Einwohner, Thüringen) hat die kommunale Beratungsstelle „Alter & Technik“ ihren Sitz zusammen mit dem Pflegestützpunkt, der Wohnberatung und dem Seniorenbüro in einem Einkaufszentrum und ist barrierefrei erreichbar. Seit dem Ende der Förderphase wurde dieses Handlungsfeld mit in den Arbeitsbereich der „Wohnberatung für Senioren“ integriert. „Von Beginn an war es uns wichtig, die Aufgaben in die bestehenden Strukturen einzubetten und so die Nachhaltigkeit sicherzustellen“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle Eva-Maria Voigt. Die Anfragen der Bürger nähmen stetig zu. „Besonders nachgefragt wird Unterstützung bei Problemen rund um den PC, das Tablet oder das Handy. Auch Fragen zur Anschaffung des passenden Handys gibt es. Hoch im Kurs stehen außerdem der Hausnotruf sowie der Notruf oder Ortungssysteme für unterwegs“, berichtet die Diplom-Sozialpädagogin. Fünf ehrenamtliche Mitarbeiter stehen ihr als Technikexperten zur Seite und führen auf Wunsch auch Hausbesuche durch.

Vorträge im Pflegestützpunkt oder etwa in Seniorenbegegnungsstätten sind ebenfalls Bestandteil des Angebots. Auch die örtlichen Medien spielen eine aktive Rolle: „Damit wir möglichst viele Bürger erreichen, produzieren wir mit dem Lokalsender Jena TV die Sendereihe ‚Ja zum Alter‘. Das Thema ‚Technische Hilfsmittel‘ gehört selbstverständlich mit dazu.“ Aufgrund ihrer vielfältigen Aufgaben sei es ihr jedoch nicht möglich, intensiv nach den neusten und besten Produkten zu suchen, sagt Voigt. Daher hält sie die aufgebaute Datenbank des FZI und deren ständige Aktualisierung für ein unverzichtbares Arbeitsinstrument.

„Mit unserem Beratungsansatz wollen wir ältere Menschen in die Lage versetzen, so lange wie möglich in ihrem vertrauten Wohnumfeld leben zu können“, sagt Silvia Berthold von der Fachstelle „Wohnen und Technik“ des Seniorenamts Regensburg (162.000 Einwohner, Bayern). Tatkräftige Unterstützung kommt dabei von geschulten ehrenamtlich Engagierten des „Treffpunkt Seniorenbüro“ im Netzwerk „ReNeNa – RegensburgsNetteNachbarn“. Neben der „Computer-Internet-Gruppe (CIG)“, die Schulungen anbietet, und dem Team „Senioren@home“, das bei Problemen mit dem Handy oder dem PC im häuslichen Umfeld zur Stelle ist, klärt die Gruppe „Technik im Alter“ über benutzerfreundliche Smartphones sowie altersgerechte Assistenzsysteme auf.

Alle Aktivitäten werden fachlich und organisatorisch von Berthold und einem Kollegen, die je eine halben Stelle innehaben, begleitet. „Es gehört ebenfalls zu unserem Auftrag, das Bewusstsein für mögliche Chancen und Risiken im Umgang mit der Technik zu schärfen und so für mehr Sicherheit zu sorgen“, unterstreicht die zertifizierte Wohnberaterin. Für ihren vielfältigen Ansatz wurde die Initiative mit dem „Goldenen Internetpreis 2017“ ausgezeichnet.

Michaela Allgeier


Die Autorin
Michaela Allgeier, Essen, ist Autorin und Beraterin in den Themenfeldern Demografische Entwicklung und Gerontologie sowie Integration