Die Stadtwerke Dessau haben bereits jetzt ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht – noch vor der Verpflichtung dazu. Geschäftsführer Dino Höll erläutert, warum sich der Aufwand lohnt.
Ab kommendem Jahr wird der Kreis der Stadtwerke, die einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, deutlich größer. Wer mindestens 250 Beschäftigte hat und eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro aufweist, ist dann berichtspflichtig. So sieht es eine Änderung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU vor. Die Stadtwerke im sachsen-anhaltinischen Dessau-Roßlau gehören zu den ersten, die diese Vorgabe bereits umgesetzt haben: Der erste Nachhaltigkeitsbericht ist jetzt erschienen.
Bereits unsere Unternehmensstrategie 2020 bis 2025 stellt die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Ob Kohleausstieg oder Bioerdgasflotte: Wir setzen seit Jahren Maßnahmen dazu um. Warum aber schon vorab den Bericht erstellen?
Mit Nachhaltigkeitsbericht wird Engagement sichtbar
Es lohnt sich, weil unser Engagement nun messbar und transparent ist. Unsere Beschäftigten und alle Stakeholder sehen, dass es Sinn macht, neue Wege zu gehen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, wo nachjustiert werden muss. Nicht zuletzt beeinflussen die Werte aus dem Nachhaltigkeitsbericht unser Rating bei den Banken und damit auch die Höhe der Zinsen.
Erfreulich: Die Stadtwerke Dessau schlossen das Geschäftsjahr 2023 mit einem um 3,1 Millionen Euro höheren Bilanzgewinn in Höhe von 6,5 Millionen Euro ab und liegen damit über dem Planergebnis. Die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist stabil. So konnten wir durch deutliche Preissenkungen auch für 2024 stabile Preise bei Strom und Erdgas garantieren – trotz noch immer hoher Beschaffungskosten und steigender gesetzlicher Umlagen und Netzentgelte. Auch den Fernwärmekunden konnten die Stadtwerke einen Festpreis anbieten, sogar 30 Prozent unter dem Preis von 2023.
Der Nachhaltigkeitsbericht hat gezeigt, dass wir mit Blick auf unser Ziel, bezahlbare und saubere Energie zu garantieren, auf einem guten Weg sind. Dazu bauen wir unter anderem Solarenergie und Windkraft aus. Insgesamt werden durch die Photovoltaikanlagen der Stadtwerke pro Jahr rund 1000 Megawattstunden Solarstrom ins Netz eingespeist. Zudem beteiligen wir uns am Bürgerwindpark Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern und sammeln dabei Erfahrungen für eigene Beteiligungsprojekte.
Kooperationen bei großen Herausforderungen bewähren sich
Es hat sich bestätigt, dass sich große Herausforderungen im Verbund besser meistern lassen als im Alleingang. Enge Kooperationen und Beteiligungen an privatwirtschaftlichen Unternehmen gewährleisten zum Beispiel den Ausbau und die Wartung unserer Netzinfrastrukturen.
So hat es sich auch als richtig erwiesen, dass wir uns an der Infra-Tec-Energy GmbH beteiligt haben. Deren Spezialgebiet sind Erd- und Tiefbau, aber auch die Instandhaltung im Fernwärme- und Strombereich sowie die Werkstoffprü-fung.
Zudem haben wir eine strategische Partnerschaft (Public-Private-Partnership) mit der GIP Grundwasser Ingenieurbau Planung GmbH aus Dresden beschlossen. Mit den erfahrenen Ingenieuren verfügen wir über zusätzliches Know-how, und die Kollegen aus Dresden haben volle Auftragsbücher, ohne eigene Akquise betreiben zu müssen.
Ausbau der Glasfaserinfrastruktur schreitet voran
Der Nachhaltigkeitsbericht hat auch deutlich gemacht, dass im Schulterschluss der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur besser gelingt. In der Dessauer City Kabel GmbH kooperieren die Stadtwerke Dessau mit der Wohnungswirtschaft. Mit dem Glasfasernetz haben wir bereits 2013 gemeinsam eine neue Netzinfrastruktur geschaffen, die den Start ins Breitbandzeitalter ermöglichte. Das ist ein klarer Standortvorteil und sichert Wert-schöpfungspotenzial für die Region.
Erfreulich ist auch, dass wir in unserer zentralen Kläranlage in Dessau-Ziebigk den Ausstoß der CO2-Emissionen drastisch reduzieren konnten. Grund hierfür sind der gesunkene Energieverbrauch der Anlage und die Erhöhung der Eigenstromerzeugung. Um 34 Prozent sank der Strombedarf in den letzten Jahren durch Modernisierungen.
Nachhaltigkeitsbericht verdeutlicht Entwicklung
Bereits 2012 haben wir für die Anlage ein Klimaschutzteilkonzept erarbeitet, das wir kontinuierlich umsetzen. Den Erdgasverbrauch im Blockheizkraftwerk konnten wir von 500.000 kWh pro Jahr fast vollständig durch den Einsatz von Faulgas ersetzen. Der CO2-Ausstoß sinkt damit jährlich um 100 Tonnen. Die Abwasserreinigung steht aktuell mit einer Eigenerzeugungsquote von rund 83 Prozent am besten da.
Ein weiteres Stichwort unseres ersten Nachhaltigkeitsberichts: In Sachen Ressourcenmanagement haben wir ein Trinkwasserversorgungskonzept erstellt. Eine wichtige Strategie für Stabilität und Wachstum ist Diversifizierung. Neben der klassischen Lieferung von Medien werden wir künftig ihren Servicebereich ausbauen. Hierzu zählt der Service rund um die Immobilienwirtschaft mit Angeboten wie Mieterstrom, Mieterdirektabrechnung, Zählermanagement und Ableseservice.
Die klassische Lieferung von Strom und Gas hingegen soll über unser Netzgebiet hinaus erweitert werden. Mit „Social Selling“ geht der Vertrieb dafür neue Wege. So ist die Entwicklung neuer Geschäftsfelder auch in unserer aktuellen Strategie als zentrales Unternehmensziel festgehalten.
Enorm wichtig: Personalmanagement
Wichtig waren auch Entscheidungen im Personalbereich: Er wird künftig ein Schwerpunkt sein. Das Recruiting ist extrem herausfordernd geworden. Umso wichtiger ist es, ein Arbeitsfeld zu schaffen, das individuelle Lebensphasen berücksichtigt und so attraktiv ist, dass die Mitarbeitenden bleiben. Bei der Weiterbildung haben wir die Ausgaben um ein Drittel aufgestockt.
Vor uns liegen weitere wichtige Schritte, um den Klimazielen sowie den Bedürfnissen unserer Kunden und Mitarbeitenden gerecht zu werden. 2024 wird überwiegend im Zeichen der kommunalen Wärmeplanung, der Verbesserung der Fernwärme- und Stromversorgung sowie neuer digitaler Prozesse stehen.
Der Autor
Dino Höll ist Geschäftsführer der Stadtwerke Dessau-Roßlau.
Dino Höll