Smarte Lösungen erhöhen die Gebäudesicherheit

Zugang mit Chipkarte – sie erhöht die Sicherheit, kann zugleich aber auch mehr: Zum Beispiel können Chipkarten für die Arbeitszeiterfassung genutzt werden. Foto: Adobe Stock/Monet

Öffentliche Verwaltungen sollen offen für viele und zugleich geschützte Räume sein: Warum das in der Praxis nicht immer klappt, aber dank moderner elektronischer Systeme kein Widerspruch sein muss, erklärt Sicherheitsexperte Urban Brauer.

Acht schwere Leitzordner mit Planungsunterlagen, verschwunden aus dem Büro des Bürgermeisters einer mitteldeutschen Kleinstadt: Der Fall wurde nie aufgeklärt – es gibt nicht einmal eine Vermutung, wer als Täter infrage kommt. Diebstähle von Wertsachen, elektronischen Geräte oder vertraulichen Dokumenten am helllichten Tag sind keine Seltenheit. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen werden aber auch zunehmend Opfer von Beleidigungen und körperlicher Gewalt.

Der Ruf nach mehr Sicherheit ist sozusagen mehrstimmig. Er stammt von Politikern, Personalvertretungen und Versicherungen gleichermaßen. In viele Verwaltungsstellen gelangt man, vor allem bei größerem Besucheraufkommen, ungehindert an der Pforte vorbei und in die zumeist unverschlossenen Büros. Einfach so, denn die praktizierten Schutzstandards liegen weit hinter den technischen Möglichkeiten.

Längst fällige Optimierungen der Sicherheitsarchitekturen sind den Sparzwängen der letzten Jahre zum Opfer gefallen. Darunter leidet auch die öffentliche Sicherheit.

Kein Zutritt für Hacker

Kommunale Verwaltungsstellen und Einrichtungen gehören zwar zu den kritischen Infrastrukturen, unterliegen jedoch nicht der Regulierung durch das Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG), das für KRITIS-Betreiber Vorkehrungen zum Schutz ihrer IT-Systeme verbindlich vorschreibt.

Vandalismus oder gezielte Angriffe, etwa gegen die IT, können aber auch in kommunalen Gebäuden ein Maximum an Schäden anrichten. Nicht nur Hacker sind für die inzwischen zur Tagesordnung gehörenden Datendiebstähle oder Rechnerausfälle verantwortlich. Per USB-Stick kann eine Backdoor-Software „zu Fuß“ eingeschleust und mit dieser das komplette Netzwerk übernommen werden – als Ausgangspunkt weiterer krimineller Aktivitäten.

Deshalb gilt es, den Zutritt zu Verwaltungsstellen auf diejenigen Personen zu be-schränken, die ein legitimes Interesse daran haben. Diesem Zweck dienen elektronische Zutrittssteuerungs-Systeme, wie sie in der Industrie inzwischen breite Anwendung finden.

Individuelle Zutrittsprofile und -berechtigungen

Mitarbeiter werden anhand von Ausweisen, PIN-Codes oder biometrischer Merkmale identifiziert, wobei individuelle Zutrittsprofile eingerichtet und tages-, zeit- sowie ortsabhängige Zutrittsberechtigungen vergeben werden können. Somit lassen sich verschiedene Bereiche wie die allgemeine Verwaltung, kulturelle Einrichtungen, Versorgungsbetriebe und Versammlungsstätten in ein zentrales Zutrittssteuerungssystem integrieren.

Berechtigungen können für einzelne oder für alle Türen, Räume oder Gebäude realisiert werden. So gelangen nur Mitarbeiter in bestimmte Verwaltungsbereiche, aber kein externer Besucher bei ihrer Abwesenheit in die Büros. Durch die entsprechende Zutrittsprotokollierung ist es möglich, bei Diebstählen oder anderen Vorkommnissen den potenziellen Täterkreis einzugrenzen.

So kommt man möglichen Innentätern auf die Spur, die aus kriminellen Motiven oder aus Frustration Schäden verursachen. In Unglücksfällen gibt ein solches System Aufschluss über Anzahl und Ort des Aufenthalts von Mitarbeitern und Besuchern in den betroffenen Gebäudeabschnitten.

Betriebsorganisation optimieren

Darüber hinaus kann ein Zutrittssystem mit weiteren Gefahrenmeldeanlagen, beispiels-weise Einbruchmelde- oder Videosicherheitssystemen, und mit administrativen Systemen verbunden werden. Sie dienen damit nicht nur der Sicherheit, sondern auch der Optimierung der Betriebsorganisation, indem beispielsweise die elektronischen Ausweise auch zur Arbeitszeiterfassung oder Kantinenabrechnung genutzt werden.

Verlorene Karten können schnell gesperrt, Zutritts- und Berechtigungsdaten mit wenigen Mausklicks geändert werden. Es ist möglich, in allen Gebäuden einer Kommune nur ein System zu verwenden und dabei gleichzeitig die individuellen Sicherheitsanforderungen der einzelnen Bereiche zu berücksichtigen.

Auch eine Video-basierte Kennzeichenüberwachung, die Tore und Schranken öffnet oder Poller versenkt, kann mit modernen elektronischen Zutrittssteuerungssystemen realisiert werden. Für das Publikum gemeinhin nicht zugängliche Bereiche lassen sich ebenfalls für autorisierte Besucher wie Dienstleister öffnen: durch einen elektronischen Ausweis, der an der Pforte ausgehändigt wird.

Offen für verschiedene Varianten

In ein zentrales elektronisches System lassen sich auch sogenannte mechatronische Schließsysteme integrieren. Dabei wird eine Tür nicht nur mittels eines klassischen mechanischen Schlüssels geöffnet, sondern zusätzlich – oder ausschließlich – mit einem elektronischen Identifikationsmedium wie einem Chipschlüssel oder einer Chipkarte. Diese Systeme lassen sich auch nachträglich in Türen einbauen, Funksysteme sogar ohne zusätzliche Verkabelung.

Gegenüber klassischen Zutrittssystemen stellen mechatronische Schließsysteme eine kostengünstige Alternative dar. Auch hier können für jede Person, jede Tür und Tageszeit unterschiedliche Zutrittsberechtigungen vergeben und nach Bedarf geändert oder – zum Beispiel bei einem Schlüsselverlust – gesperrt werden.

Ein Maximum an Funktionalität und Flexibilität bieten online vernetzte Systeme. Sie haben den Vorteil, dass die an den Checkpoints registrierten Informationen in einer Zentrale zusammenlaufen. Dort werden die erfolgten und abgewiesenen Zutritte dokumentiert, wodurch ein Gesamtbild der Sicherheitslage entsteht. Die Registrierung von Mitarbeitern setzt, wie auch der Einsatz von Videoüberwachung oder Zeiterfassung, eine Betriebs-vereinbarung voraus.

Der Praxis-Ratgeber Zutrittssteuerung des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. vermittelt einen detaillierten Überblick über den Aufbau von Zutrittssteuerungssystemen sowie mechatronischen Schließsystemen, die relevanten Normen und Richtlinien und stellt die unterschiedlichen Erkennungsmethoden vor, ergänzt durch Anwendungs-beispiele und Checklisten. Darüber hinaus hat der Fachverband ein breites Informations- und Schulungsangebot veröffentlicht. Urban Brauer

Der Autor: Dr. Urban Brauer ist Geschäftsführer des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V.

 

Mehr zum Thema Sicherheit

Weitere Informationen – zum Beispiel zu Normen der Zutrittssteuerung – sind auf der Website des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. zu finden.