Serielles Bauen: Einwandfreies Fundament

Modulare Bauweisen bieten Vorteile wie standardisierte Ausführungsqualität, kürzere Projektlaufzeit und Kostensicherheit. Damit die Kommune diese Potenziale voll ausschöpfen kann, sollte sie die vergaberechtlichen Möglichkeiten nutzen. Und wie überall gilt: Ohne Kontrolle geht es nicht.

Serielles Bauen ist für die öffentliche Hand in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. Der große Investitionsdruck im Wohnungsbau und bei Projekten der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere im Schul- oder Klinikbau, lässt viele Kommunen nach Möglichkeiten suchen, auch alternative Realisierungsformen jenseits der konventionellen Bauweise zu verwirklichen.

In Betracht gezogen werden dabei sowohl Containerbauweisen wie auch sonstige modulare Bauweisen, zum Beispiel Rahmenmodulbau in Stahl- oder Holzbauweise. Die allgemeinen Vorteile werden in der standardisierten Qualität, vor allem aber der kürzeren Projektlaufzeit durch kürzere Planungs- und Ausführungszeiten gesehen. Weiterhin werden Kostensicherheit, Nachhaltigkeit, Flexibilität und Mobilität und eine hohe Vorfertigung im Werk genannt.

Insbesondere aus vergaberechtlicher Sicht stellen sich für das serielle Bauen jedoch diverse Fragen. So wird verstärkt diskutiert, ob die öffentliche Hand die serielle Bauweise „einfach so“ festlegen kann und wie sich serielles Bauen mit dem Grundsatz der Teilung von Bauleistungen in Fachlose verhält.

Es ist anerkannt, dass der öffentliche Auftraggeber auch bei der Festlegung der Ausführungsart einen Ermessens- und Beurteilungsspielraum hat. Dieses Leistungsbestimmungsrecht bezieht sich auf den Gegenstand der Leistung, aber auch auf die Festlegung, wie die Leistung auszuführen ist. Vor diesem Hintergrund ist das serielle Bauen auch für den öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich möglich.

Allerdings muss die Festlegung willkür- und diskriminierungsfrei erfolgen. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, die Gründe für und gegen den Einsatz der seriellen Bauweise beim konkreten Projekt sachgerecht abzuwägen und dabei die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte angemessen zu gewichten. Der Europäische Gerichtshof hat jüngst nochmals betont (Urteil vom 25. Oktober 2018 – AZ Rs. C-413/17), dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung sowie der Transparenz auch bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, und hierzu zählt auch die Festlegung einer seriellen Bauweise, zu beachten sind.

Steuerung durch funktionale Leistungsbeschreibung

Es ist sicherlich im Sinne der europäischen Vorgaben, wenn das serielle Bauen im Wettbewerb mit der konventionellen Bauweise ausgeschrieben wird, weil dann die größtmögliche Zahl der Lösungen zugelassen wird. Realisieren lässt sich dies über eine funktionale Leistungsbeschreibung sowie eine Vergabekonzeption, die die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten durch die Vorgabe von Mindestanforderungen eingrenzt und im Übrigen über entsprechende Zuschlagskriterien eine differenzierte Wertung zulässt.

Eine Beschränkung auf eine Realisierung allein durch serielle Bauweise ist auch denkbar, wenn sich dies als Ergebnis des Abwägungsprozesses im Einzelfall darstellen lässt. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Definition, welche Serienbauweisen zugelassen sind. Dabei sollte sich der öffentliche Auftraggeber davor hüten, die Anforderungen so eingrenzend zu gestalten, dass nur die Lösung eines Anbieters in Betracht kommt oder der Wettbewerb anderweitig unverhältnismäßig eingeschränkt wird.

Wie oben dargestellt, kann eine Umsetzung sinnvollerweise nur über eine funktionale Leistungsbeschreibung (das sieht auch die GdW-Rahmenvereinbarung des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vor) sowie eine Gesamtvergabe an einen Modulbauer erfolgen. Besonderes Augenmerk ist auf die Schnittstelle der Planung zu legen, insbesondere bis zu welcher Schärfentiefe der Auftraggeber Vorgaben machen will oder muss und ab welchem Planungsstand der Auftragnehmer die schlüsselfertige Erstellung übernimmt.

Der Vorteil liegt in einer geringeren Zahl an Schnittstellen und dadurch verringertem Koordinationsaufwand. Der interne Ressourcenaufwand ist geringer, und die (Roh-) Bauzeit verringert sich. Allerdings muss der Auftraggeber bedenken, dass die Leistungen des Auftragnehmers überwacht werden müssen. Der Überwachungsaufwand verringert sich jedoch im Verhältnis zur konventionellen Bauweise im Ergebnis wohl durchaus erheblich.

Auftragnehmer übernimmt Kosten- und Terminrisiko

Bei dem Vertrag dürfte es sich um einen Bauvertrag im Sinne des Paragrafen 650 a BGB (Herstellung eines Bauwerks) handeln. Das liegt nicht sofort auf der Hand, weil der Hersteller je nach Realisierungsmodell in unterschiedlichem Umfang das Werk in seiner Produktionsstätte vorfertigt und es dann zum Aufstellort bringt, wo es innerhalb weniger Tage aufgebaut wird.

Der Auftragnehmer übernimmt das Kosten- und Terminrisiko und garantiert, die planerischen Vorgaben umzusetzen. Der Auftraggeber muss allerdings (wie grundsätzlich bei jeder funktionalen Ausschreibung) bedenken, dass jegliche Änderungsanordnungen im Genehmigungsprozess zu erhöhten Kosten und mehr Zeitbedarf führen werden.

Der hohe Vorfertigungsgrad im Betrieb des Auftragnehmers erfordert weiterhin eine spezielle vertragliche Regelung von Zahlungszeitpunkten und Sicherheiten. Denn die Höhe der Abschlagszahlungen bemisst sich nach dem Wert der von dem Unternehmer erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistung (§ 632 a BGB). Außerdem kann an eine (technische) Abnahme oder Leistungsfeststellung gedacht werden, bevor der Hersteller den Transport zum Aufstellort vornimmt.

Mathias Mantler / Rainer Kohlhammer

Die Autoren
Dr. Mathias Mantler, München, Rechtsanwalt und Fachanwalt unter anderem für Vergaberecht, ist Partner und Leiter der Praxisgruppe Vergaberecht in der Kanzlei Lutz, Abel. Rainer Kohlhammer, München, Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, ist Partner im Bereich Real Estate in gleicher Kanzlei

Info: Chancen des Systembaus vergaberechtlich nutzen

Die Ausschreibung und Durchführung von geeigneten Hochbauprojekten in Systembauweise (bzw. Modulbauweise) lässt sich auch für die öffentliche Hand durchführen und bietet erhebliche Chancen und Vorteile. Die zu berücksichtigenden vergabe- und bauvertragsrechtlichen Rahmenbedingungen erfordern jedoch eine Vorgehensweise, die sich vom üblichen Vorgehen im Rahmen von Einzelgewerkeausschreibungen wesentlich unterscheidet. Die Festlegung auf die serielle Bauweise muss willkür- und diskriminierungsfrei erfolgen. Die Gründe sind bezogen auf das konkrete Projekt sachgerecht abzuwägen.