Schwimmbäder: unter Druck – aber unverzichtbar

Wasser; Schwimmen; Schwimmbad
Das Gefühl von Sommer: Natürlich geht es ums Schwimmenlernen – aber auch um noch sehr viel mehr. Foto: Adobe Foto/fotofrank

Drei Problemfelder im Schwimmbadbereich streicht Christian Kuhn heraus: den Sanierungsstau, die Notwendigkeit, die Bäder CO2-frei zu bekommen, fehlendes Personal. Vor allem aber gelte es, die Bedeutung dieser Sport- und Freizeitstätten in den Fokus zu rücken: Dafür macht sich der Bäderexperte stark.

Nach der Coronapandemie sind Schwimmbäder jetzt endlich in den Medien präsent: aus gutem Grund, denn es gibt jede Menge Handlungsbedarf. Der allerdings ist nicht neu, sondern wurde durch die Pandemie verstärkt, wenn auch leider erheblich.

Um die Probleme angehen zu können, haben sich bereits 2015/2016 die Internationale Vereinigung für Sport und Freizeiteinrichtungen (IAKS), die Deutsche Gesellschaft für das Bäderwesen (DGfdB) und die DLRG zur Bäderallianz verbunden. Zahlreiche Verbände und Mitglieder haben sich inzwischen der Bäderallianz angeschlossen.

Es geht uns nicht um Richtlinien oder Normung oder um die inhaltliche Arbeit der Schwimmstätten. Die Bäderallianz versteht sich als Sprachrohr und Ansprechpartner der Landes- und Bundespolitik sowie der Medien in allen Fragen der Bäder.

Wo liegen heute die Probleme? Viele Bäder stammen aus der Zeit zwischen den 1960er und 1980er Jahren. Dementsprechend gibt es Sanierungsbedarf: Dies ist das erste Problemfeld, das uns allerdings seit Jahren bekannt ist. Jedoch nehmen in Zeiten der immensen Baupreissteigerungen und Zinserhöhungen um den Faktor vier nicht nur die Investitionsprobleme zu. Bäder aus einer Zeit der Sportorientierung sehen sich heute anderen Bedarfsansprüchen gegenüber.

Daher müssen wir anders vorgehen. Wir haben die Zahl von 4,5 Milliarden Euro Sanierungsstau aus dem Jahr 2016: Sie ist Teil der im politischen Berlin als Grundlage dienenden 31 Milliarden Euro des Deutschen Olympischen Sportbundes für den Sanierungsstau in Sportstätten. Die Zahl für die Schwimmbäder sollte aber nicht nur preisindexiert, sondern auch in eine Summe der bedarfsgerechten Investitionsnotwendigkeit überführt werden. Dazu müssen wir nicht nur wissen, wie viele Bäder wir in Deutschland haben. Wir müssen auch wissen, wie viel Wasserfläche wir haben. Dazu kann übrigens jeder etwas beitragen, wenn er Badpate auf Bäderleben.de wird: Badpaten sorgen dafür, dass die Daten zu „ihrem“ Bad richtig und aktuell sind.

Mit einer Sanierung oder Bedarfsanpassung ist es in Zeiten des Klimawandels und der Energiekrise jedoch nicht getan. Der energetische Umbau unserer Bäder weg von fossilen Brennstoffen hin zur CO2-Neutralität muss das Ziel sein. Jedoch sind Bäder Spezialbauten, bei denen das baulich-technisch, aber auch steuerrechtlich nicht einfach ist. Denn unsere Bäder werden fast ausschließlich mit Gas erwärmt, meist sogar mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW).

Die Kraft-Wärme-Kopplung ist hierbei in sich schon energetisch sinnvoll, da Bäder auch im Sommer Wärme abnehmen. Kommt dann im Stadtwerkeverbund der steuerliche Querverbund hinzu, bei dem Stadtwerke ihre Gewinne mit den Verlusten zum besseren kommunalen Ergebnis der Kommunen vereinen können, muss meist ein gasbefeuertes BHKW eingesetzt werden.

Neue Energielösungen sind gefragt

Neben diesen regulativen Themen ist es jedoch nicht mit dem Austausch der Heizung gegen eine Erd- oder Luftwärmepumpe inklusive Photovoltaik zur Stromerzeugung getan. Während die Gasheizung und das BHKW hochtemperiert ausgelegt sind, sind moderne Anlagen der Wärmegewinnung aus Luft, Wasser oder Boden niedertemperiert. Das führt zu deutlich größeren Querschnitten der Rohrleitungen.

Damit aber nicht genug: Ist das Bad endlich energetisch ertüchtigt und gedämmt, entweicht die feuchte Luft kaum noch, und man muss die Feuchtigkeit mit strombetriebenen Entfeuchtungen aus dem Gebäude bekommen. Hier sind neue Lösungsansätze und politisches Umdenken erforderlich.

Waren der Zustand und die Anzahl der Bäder unser größtes Problem in der Bedarfserfüllung, so ist dieses heute mehr und mehr der Faktor Personal. Der Fach- und Führungskräftemangel war schon vor Corona präsent, während der Pandemie aber wurden die Bäder als nicht besonders wichtig zur Seite geschoben, und die fehlende Wertschätzung für die Mitarbeiter in den Schwimmbädern zeigte Wirkung. Heute fehlen uns allein 2500 bis 3000 Kollegen am Beckenrand. Mehr noch: In der Energiekrise werden Bäder mit Keksfabriken verglichen – und die Schwimmstätten sind das Sinnbild dafür, um der Bevölkerung das Gassparen aufzuzeigen. Deutliche Absenkungen der Wassertemperatur führten dann aber nicht nur zu einem erheblichen Rückgang der Badegastzahlen. Auch konnten Schwimmkurse bei den niedrigen Temperaturen nicht stattfinden.

Schulschwimmen muss möglich sein

Dennoch: Bäder bleiben wichtig – sie sind Orte des öffentlichen Mehrwertes. Hier findet die Pflichtaufgabe Schulschwimmsport statt. Man muss unbedingt zur Kenntnis nehmen, dass im wasserreichen Deutschland sich die Zahl der Nichtschwimmer bei Kindern laut DLRG seit 2017 verdoppelt hat – sicher schwimmen kann nur noch gut die Hälfte der Kinder. Dabei ist das Ziel der vierten Klassen, dass sie genau das können.

Für uns sind mit Blick auf die Pflichtaufgabe des Schulsports daher Städte ohne Bäder undenkbar. Sie sind zudem Orte der Rettungsausbildung, des Familienausflugs, der Sommerfrische in Zeiten des Klimawandels. Schwimmen ist Sportart Nummer eins in Sportbauten. Undenkbar sind der Segeltrip, das Stand-up-Paddling oder der Strandurlaub, ohne vorher in Bädern schwimmen gelernt zu haben.

Die Badeorte sind in Bewegung

Also ja – es gibt viel zu tun. Allein das Stichwort Mitarbeiter: Bäder gehören durch Fachpersonal betrieben und beaufsichtigt, und das wird ohne Zuwanderung und Quereinstieg nicht gehen. Wir wissen, dass die Ausbildung angepasst, überarbeitet und spezialisiert gehört und wollen uns den Herausforderungen stellen. Zugleich gibt es bereits jetzt Positives zu vermelden: Bäder wurden mit rund 146 der 400 Millionen Euro aus dem Förderprogramm SJK des Bundes – und damit des gesamten Sportes und der Kultur – bedacht.

Christian Kuhn


Der Autor

Prof. Dr. Christian Kuhn ist Sprecher der Bäderallianz Deutschland und stellvertretender Vorsitzender der Internationalen Vereinigung für Sport- und Freizeiteinrichtungen, IAKS Deutschland.