Schwammstadt gegen Hitze und Starkregen

Schwammstadt
Das Hundertwasserhaus in Wien macht vor, was mit Bäumen, Sträuchern und Ranken bei der Gebäudebegrünung möglich ist. Foto: Ulf Jacob

Wasserstrategien sind laut Experten unentbehrlich für die Klimaanpassung im urbanen Raum. Städte und Gemeinden sollten nach dem Leitbild der Schwammstadt geplant werden.

Hitzesommer und Unwetter mit starken Niederschlägen haben in den vergangenen Jahren zugenommen und großen Schaden in zahlreichen Städten verursacht. Die Versicherungswirtschaft verzeichnete laut Gesamtverband der Versicherer (GDV) für Deutschland 2021 Kosten durch Extremwetterereignisse in Höhe von 12,5 Milliarden Euro. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) fordern daher, Städte und Gemeinden klimabewusster zu gestalten und künftig nach dem Leitbild der sogenannten Schwammstadt zu planen.

Linderung bei Hitze und Vermeidung von Überflutungen

Wenn Menschen immer öfter die gleißende Sonne und schweißtreibende Temperaturen meiden müssen, wird klar: Die Folgen des Klimawandels wie mehr Hitzetage machen sich besonders in dicht bebauten Städten und Kommunen bemerkbar. Zugleich steigt die Gefahr von Starkregen und Hochwasser – auch darauf müssen sich Siedlungsgebiete künftig einstellen. „Das Konzept der wasserbewussten Stadt – der sogenannten Schwammstadt – muss Leitbild für die Stadtplanung werden“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.

Ein von DBU und DWA in Berlin veranstalteter Parlamentarischer Abend mit Teilnehmenden aus Wasserwirtschaft, Politik, Architektur und Stadtplanung hatte jüngst die zunehmende Bedeutung einer weitsichtigen Strategie vor Augen geführt: Das Konzept der Schwammstadt verfolgt das Ziel, bei starkem Niederschlag über Grünflächen wie ein Schwamm viel Wasser aufzunehmen, so dass wichtige Straßen und Plätze nicht überflutet werden, und bei Trockenheit und Hitze wieder abzugeben – das bewässert und kühlt. Hoffnung setzen die Fachleute in Fassaden-, Dach- und Straßenbegrünung, wasserdurchlässige Oberflächen und unterirdische Auffangbehälter, Wasserangebote wie Brunnen und multifunktionale Flächen. „Eine solche Doppel-Strategie mit einer gewissermaßen blau-grünen Infrastruktur kann unsere Städte auch in Zukunft lebenswert erhalten. Das verspricht Linderung bei Hitze und Vermeidung von Überflutungen“, sagt Bonde.

Gemeinwohlorientierung und Lebensqualität als fester Bestandteil der Stadtplanung

DWA-Präsident Prof. Uli Paetzel empfiehlt dringend, viel mehr als bislang Überlegungen für eine wasserbewusste Stadt in der kommunalen Planungspraxis zu berücksichtigen. Schon bei der Idee zu Bauprojekten ist laut Paetzel „eine institutionalisierte Phase Null“ notwendig, in der verschiedene Sparten inklusive Wasser- und Grünplanung mit dem Ziel einer wasserbewussten Stadt zu koordinieren seien – am besten auf Grundlage von Regeln, Leitbildern und Vorgaben durch Planungs- und Baurecht. „Dann spielen in der Stadtplanung Gemeinwohlorientierung und Lebensqualität eine viel größere Rolle“, sagt der DWA-Präsident.

Dass Veränderungen erforderlich sind, hatten beim Parlamentarischen Abend auch Vertreterinnen zweier Bundesministerien betont. „Es muss uns zusammen gelingen, die Prinzipien der Schwammstadt in unseren verdichteten Städten umzusetzen und gleichzeitig eine bezahlbare Wohnraumversorgung zu sichern“, sagt Elisabeth Kaiser, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Mit einem Klimaanpassungsgesetz wolle die Bundesregierung den Rahmen für eine wirksame Vorsorge bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels auf allen föderalen Ebenen schaffen, teilt Ministerialdirektorin Dr. Susanne Lottermoser mit. Sie ist Abteilungsleiterin beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, verweist derweil auf das Beispiel München, wo seit 1995 bei jedem Bauantrag Freiflächen zu beachten seien. Gewährleistet sein müsse etwa, dass das Regenwasser vor Ort oder im Quartier versickern kann, also nicht in die Kanalisation geleitet wird. Der Mehrwert blau-grüner Infrastruktur zeige sich auch an der Isar: Deren Renaturierung für mehr Hochwasserschutz habe zugleich die Qualität für Freizeit und Erholung der Bevölkerung gesteigert.

red.