Basis einer umfassenden energetischen Sanierung kommunaler Liegenschaften ist die Energiebilanz, die das Gebäude erreichen soll. Experte Florian Lörincz erklärt, worauf es sonst noch bei solch einer Modernisierung ankommt.
Der Gebäudebestand in Deutschland soll bis zum Jahr 2050 nahezu klimaneutral werden. Mit der Vorlage des überarbeiteten Bundes-Klimaschutzgesetzes von Mai 2021 wurden die deutschen Klimaziele insgesamt noch mal verschärft. Um diese zu erreichen, müssen Neubauten im Niedrigenergie-Standard errichtet und Bestandsgebäude bestmöglich energetisch saniert werden.
Bei Gebäudebestand denken viele Menschen in erster Linie an Wohngebäude mit Ein- und Mehrfamilienhäusern. Aber auch kommunale Liegenschaften wie Schulen, Rathäuser, Verwaltungsgebäude oder Museen spielen eine bedeutende Rolle. Diese deutschlandweit rund 175.000 kommunalen Liegenschaften sind aber nicht nur mit Blick auf Energie- und Klimaziele von großem Interesse. Angesichts jährlicher Ausgaben für deren Strom- und Wärmeversorgung von fast vier Milliarden Euro ist die energetische Optimierung auch wirtschaftlich ein relevanter Faktor – insbesondere für die Finanzhaushalte der Städte und Gemeinden. Eine Sanierung der Gebäude ist oftmals dringend nötig und bedeutet daher eine große Herausforderung für die meisten Kommunen, finanziell und personell.
Unabhängige Energieberatung
Die energetische Modernisierung von Nicht-Wohngebäuden ist meist deutlich komplexer als bei Wohngebäuden. Um die einzelnen Schritte der Planungs- und Bauprozesse gut vorzubereiten, sollte daher unbedingt eine qualifizierte und unabhängige Energieberatung einbezogen werden. Die Energieberater, die auf der DENA-Energie-Effizienz-Expertenliste geführt werden, sind in diesem Falle besonders zu berücksichtigen.
Denn diese bestätigen als Sachverständige die Förderfähigkeit des Projektes gegenüber der KfW-Bank und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), wenn Fördermittel in Anspruch genommen werden – was in der Regel der Fall ist.
Vorbildfunktion für Klimaschutz
Die Grundlage für eine umfassende energetische Sanierung ist die Energiebilanz, die das später sanierte Gebäude erreichen soll. Hierfür werden energetische Standards wie zum Beispiel Anlagenkennwerte und U-Werte für Dach, Fassade und andere Bauteile erarbeitet. Die Kennwerte werden zur nachfolgenden Ausschreibung der Bauleistungen genutzt. Die Energiebilanz dient dazu, die energetische Qualität des Gebäudes gegenüber der Fördermittel gebenden Stelle, wie KfW oder BAFA, zu belegen.
Die Planung und Organisation der Sanierung von kommunalen Liegenschaften wird schon ob ihrer Größe meist von Planungsbüros übernommen. Hier gilt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Diese gibt die erforderlichen Schritte zur Bauplanung und -leitung vor. Die Planungsbüros sollten – wenn sie nicht bei ihnen vorhanden ist – zusätzlich die Expertise eines Energieberaters einbeziehen, insbesondere bei komplexer Anlagentechnik. Die gesamten Planungsleistungen können bereits in Auftrag gegeben werden, bevor die Anträge für die Fördermittel eingereicht werden.
Zusatzqualifizierung „Wohngebäude Denkmal“
Im Gegensatz dazu darf die Sanierungsausführung erst nach der Fördermittelbeantragung beginnen. Diese werden mit der Bundesförderung-Effiziente-Gebäude (BEG) neu geordnet und als Zuschuss oder als Förderkredit inklusive Tilgungszuschuss zur Verfügung gestellt. BEG-Förderungen werden von der KfW und dem BAFA gewährt.
Darüber hinaus stehen je nach Region Fördermittel aus Landesmitteln und kommunalen Programmen zur Verfügung. Inwiefern solche vorhanden sind und sie mit Bundesmitteln ergänzt werden können, muss im Einzelfall geprüft werden.
Backsteinhäuser, Schmuckfassaden aus Gründerzeit bis Jugendstil, Fachwerk- und alte Natursteinfassaden sowie viele andere auf besondere Art gestaltete Gebäude erhalten häufig aus gutem Grund keine Außendämmung. Gerade kommunale Liegenschaften mit solchen Fassaden sind oftmals ortsbildprägend, auch wenn sie nicht unter Denkmalschutz stehen. Gerade hier ist es wichtig, einen Energieberater hinzuzuziehen, der die Zusatzqualifizierung „Wohngebäude- beziehungsweise Nichtwohngebäude Denkmal“ hat.
Nach Abschluss der Sanierung sollten kommunale Auftraggeber Wert auf eine umfassende Einweisung in die neue Gebäudetechnik legen. Das klingt selbstverständlich, sie gehört auch zum KfW-Standard. Jedoch erfolgt sie nicht immer so gründlich, wie es nötig wäre. Abschließend wird der Energieausweis für das Gebäude auf Basis der Energiebilanzierung erarbeitet.
Signal an die Bürger
Kommunen profitieren in mehrfacher Hinsicht, wenn sie ihre Liegenschaften energetisch sanieren. Sie erhöhen den Wohn- respektive Arbeitskomfort in den Gebäuden durch winterlichen Kälteschutz und sommerlichen Wärmeschutz. Zudem versorgen sie die Gebäude nachhaltig mit erneuerbaren Energien, sichern den Werterhalt der Immobilien und entlasten langfristig ihre Haushalte durch stark sinkende Energiekosten.
Zugleich werden sie ihrer Vorbildfunktion für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz gerecht. Denn so viel ist gewiss: Klimaschutz ist eine globale Aufgabe, die regional und lokal umgesetzt wird und Wirkung erzeugt – auch als deutliches Signal an die Bürger.
Der Autor: Florian Lörincz ist Bauingenieur und im Fachbereich „Energetische Gebäudeoptimierung“ der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen tätig.