Reisemobilstellplätze: Zur rechten Zeit am rechten Ort

Der Reisemobiltourismus boomt. Für Kommunen bietet das die Chance, durch die Schaffung von Stellplätzen Teil der erfolgreichen Branche zu werden. Die Planung sollte gründlich erfolgen, es kommt auf Details an. Das gilt auch für die Öffentlichkeitsarbeit. Sie sollte den Standort professionell präsentieren.

Armin Kanning, Geschäftsführer der Wangerland-Touristik, bringt es auf den Punkt: „Reisemobilisten wollen eine Region erfahren und brauchen dafür immer wieder einen festen Anlaufpunkt.“ Der oberste Touristiker der beliebten Region an der niedersächsischen Nordsee erklärt: „Deshalb müssen wir diese Stellplätze anbieten. Das ist auch keine Frage des Wollens, sondern wir müssen sie haben, damit wir unsere Region erfahrbar machen.“

So wie der Experte aus dem hohen Norden denken inzwischen viele Verantwortliche für Tourismus und Wirtschaftsförderung in Deutschland. Denn durch Reisemobil-Stellplätze profitieren zahlreiche Wirtschaftszweige wie das Gastgewerbe, der Einzelhandel, Freizeit- und Kultureinrichtungen oder auch Tankstellen vom Mobiltourismus. So sagt zum Beispiel Werner Angermüller, der die Wellness-Oase Frankentherme in Bad Wörishofen (Bayern) mit einem angeschlossenen Reisemobilstellplatz betreibt: „Ich sehe den Reisemobilstellplatz auch als Unterstützung des örtlichen Handels, der Gastronomie und insgesamt der Wirtschaft. Die Gäste gehen ja auch in die Stadt und geben dort gerne ihr Geld aus.“

Wer nun also in den Kommunen überlegt, einen solchen Stellplatz zu bauen und zu betreiben, der sollte sich zunächst folgende Fragen beantworten: Was soll der Standort leisten? Welche kulturellen, gastronomischen oder landschaftlichen Highlights sind von diesem Standort aus erreichbar? Gibt es wirtschaftliche Interessen von bestehenden Anbietern wie Thermen, Erlebnisbädern oder Hotels, die berücksichtigt werden müssen und das Projekt unterstützen würden?

Nach einer Machbarkeits- und Rentabilitätsanalyse wird ein angemessen eingerichteter und ausgestatteter Reisemobilstellplatz geplant. Je nach Anspruch und Budget reicht die Bandbreite der Ausstattungsqualität von einer eher einfachen bis zur Hightech-Qualität.

Im ersten Schritt sollten grundlegende räumliche Gegebenheiten geklärt werden: Wie ist der Untergrund am denkbaren Standort beschaffen? Was muss passieren, damit Reisemobile problemlos anfahren, rangieren und parken können? „Anfängerfehler“ wie falsche Geländeeinschätzung mit Auswirkungen auf Fahrwege und Gefällesituationen oder nicht ausreichende oder falsche Ausleuchtung können so verhindert werden. Auch die Parzellierung und die technische Ausstattung müssen richtig konzipiert werden, damit der Platz erfolgreich betrieben werden kann.

Anlagen zur Versorgung und Entsorgung

Nach den Grundlagen gilt es, die funktionale Ausrüstung festzulegen. Basis ist die Ausstattung mit einer manuellen oder automatischen Versorgungs- und Entsorgungsanlage sowie die Bereitstellung eines Automaten, der die Nutzungsgebühr „abrechnet“. Bei den Zahlautomaten steht die Bargeldvariante oder die bargeldlose Kartenlösung zur Wahl, die den Verbrauch von Wasser und Strom verbrauchsgenau abrechnet. Versorgungssäulen für Strom und WLAN-Versorgung gibt es in diversen Qualitäten und mit verschiedenen Beleuchtungsmöglichkeiten bis hin zur vandalismussicheren Variante.

Je nach Standort verfügt ein Reisemobilstellplatz auch über ein Sanitärgebäude, manchmal sogar mit Waschmaschinenservice. Das wird von den Reisemobilisten oftmals sehr geschätzt, stellt aber keine Notwendigkeit dar, da Reisemobile mit bordeigener Toilette und Dusche autark ausgestattet sind.

Laut einer Umfrage unter Reisemobilisten herrscht über alle Qualitätskategorien hinweg Einigkeit bei den größten Wünschen der Reisenden. Neben der nachtruhigen Lage, einer ganzjährigen Nutzbarkeit und einer Infotafel ist die Entsorgungsmöglichkeit für Kassetten-WCs ebenso ein Muss wie Frischwasser, Grauwasserentsorgung und der Stromanschluss. Wichtig ist auch eine gute Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr und das örtliche Radwegenetz.

Neben Ausstattung, Preis und Lage bestimmen die Region und die Infrastruktur der Umgebung mit über die Atrtraktivität eines Reisemobilstelllplatzes. Ein guter Stellplatz sollte neben Sehenswürdigkeiten auch einen hohen Freizeitwert im Umland bieten.

Für die erfolgreiche Vermarktung eines Stellplatzes ist eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Dafür gibt es mittlerweile mehrere hundert Seiten starke Kompendien, aber auch zahlreiche Apps. Zudem tauschen die Reisemobilisten sich durch soziale Netzwerke und vor allem durch eine unglaubliche Mund-zu-Mund-Propaganda aus. Eine regelmäßige PR durch Pressearbeit unterstützt die öffentlichkeitswirksame Präsentation und den sich daraus ergebenden Erfolg des Stellplatzes elementar.

Über 1,5 Millionen Reisemobilisten, die durch ganz Europa fahren, suchen nach gut ausgestatteten Stellplätzen mit einem attraktiven touristischen oder freizeitorientierten Angebot. In den vergangenen fünf Jahren haben die Freizeitfahrzeughersteller jeweils zweistellige Zuwachsraten bei den Neuzulassungen von Reisemobilen verbucht. Somit kann jeder Tourismus-Verantwortliche sich vorstellen, welches wirtschaftliche Potenzial diese Reiseform bietet. Oder um es mit dem Wangerland-Touristiker Armin Kanning zu sagen: „Der Markt ist einfach da, die Nachfrage ist enorm. Die vielen Menschen, die mit Reisemobilen unterwegs sind, wollen Stellfläche haben, wo sie verweilen und übernachten können.“

Peter Hirtschulz / Uwe Dietz

Die Autoren
Peter Hirtschulz ist seit über 25 Jahren in der Caravaning-Industrie tätig, Uwe Dietz ist Journalist; beide Autoren sind Partner der Arbeitsgemeinschaft Stellplatzkonzepte.de

Info: Enorme Wirtschaftskraft

Der Reisemobiltourismus hat für die Städte und Gemeinden eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung: in Deutschland gibt es über 600.000 zugelassene Reisemobile, es kommen über eine Million Fahrzeuge aus dem Ausland hinzu, regelmäßig sind drei Millionen Personen in Deutschland mit Reisemobilen unterwegs und sorgen für ein Umsatzvolumen von 12,6 Milliarden Euro jährlich.