Recycling plus Energiegewinnung

Aus Dreck wird kein Gold – aber doch beinahe: Aus dem Abfallprodukt einer Kläranlage soll der wertvolle Phosphor gewonnen werden. Foto: Adobe Stock/Werner

Noch ist Zeit für Umstellungen — 2029 rückt aber näher: Dann ändern sich die Regeln für den Umgang mit Phosphor. Inwiefern ein neues Klärschlammkraftwerk im Rheinischen Revier darauf antwortet und womit die Anlage außerdem punkten kann, erklärt Professor Christian Forkel.

Vor den Toren der Stadt Köln hat der Bau eines Klärschlammkraftwerks begonnen. Es wird im Industriegebiet Hürth-Knapsack errichtet, einem traditionsreichen Chemie- und Energiestandort im Rheinischen Revier. Ab 2026 sollen in der neuen Anlage jährlich bis zu 180.000 Tonnen kommunaler Klärschlamm thermisch verwertet werden.

Das Projekt sichert der Region die langfristige Entsorgung der Klärschlämme aus ihren Kläranlagen. Es ist auf Expansion und damit zusätzliche Kapazität, aber auch auf die ab 2029 gesetzlich vorgeschriebene Phosphor-Rückgewinnung angelegt.

Offiziell handelt es sich um eine Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage. Doch technisch ist es ein Kraftwerk, das ausschließlich mit Klärschlamm betrieben wird. Der Großteil der gewonnenen Energie wird zwar intern zur Vortrocknung des naturgemäß feuchten Brennstoffs – des Klärschlamms – genutzt. Am Ende kommen jedoch immer noch sechs bis sieben Megawatt „grüne“ Wärme für Prozessdampf- und Fernwärmekunden am Standort heraus.

Das Besondere an der 80 Millionen Euro teuren Anlage: Sie braucht schon heute keine fossilen Brennstoffe — in diesem Fall Braunkohle — als Energieträger mehr. In sieben Jahren wird dieser Brennstoff wegen des Kohleausstiegs im Rahmen der Energiewende nicht mehr zur Verfügung stehen. Es ist also sinnvoll, die thermische Verwertung des Klärschlamms schon heute umzustellen. Das ist auch im Interesse der entsorgungspflichtigen Kunden: in der Mehrzahl Abwasserverbände aus Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Regionen.

Im März 2023 war der Spatenstich — und ab 2026 sollen in der neuen Anlage jährlich bis zu 180.000 Tonnen kommunaler Klärschlamm thermisch verwertet werden. Foto: RWE Power

Der Standort der neuen Klärschlammverwertungsanlage liegt weitab von Wohnbebauung und ist ideal ans Autobahnnetz angebunden, so dass keine Transporte durch die Stadt Hürth rollen. Gleichzeitig ist er sehr gut in die industrielle Infrastruktur des Standorts integriert, über die RWE Power seit vielen Jahren Kunden mit Fernwärme und Prozessdampf versorgt.

Die Anlage ist mit einer mehrstufigen Rauchgasreinigung ausgestattet. Die verschärften Grenzwerte der 17. BImSchV werden sicher eingehalten. Geruch und Lärm sind nicht zu erwarten, da die Anlage komplett eingehaust ist; der Annahmebereich verfügt über ein Schleusen- und Abluftsystem.

Zunächst wird ein Strang der auf zwei Linien angelegten und so bereits genehmigten Anlage errichtet. Die Entscheidung über den Bau des zweiten Strangs und damit für weitere 180.000 Jahrestonnen Verwertungskapazität ist für Anfang 2024 vorgesehen.

Die neue Anlage kommt vor Ort sehr gut an: „Die Entscheidung für den Bau dieser Klärschlamm-Monoverbrennungs-Anlage zeigt, dass wir uns als Gesellschaft den Herausforderungen der Zukunft stellen und innovative Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung finden können“, sagt Frank Rock, Landrat des Rhein-Erft-Kreises. Mit diesem Projekt werde ein wichtiger Beitrag zu einer verantwortungsvollen Abfallwirtschaft geleistet. „Es ist ein Zeichen für den kontinuierlichen ökologischen Wandel in unserem Kreis.“

Abfall belebt den Strukturwandel

RWE Power geht diesen Schritt in die Zukunft sehr bewusst. „Mit der Investition von rund 80 Millionen Euro sichern wir regionale Wertschöpfung, eine vernünftige, zukunftsorientierte Klärschlammverwertung und Arbeitsplätze“, betont Dr. Lars Kulik, Vorstandsmitglied der RWE Power. Mehr noch: „Die Anlage ist ein Leuchtturmprojekt der regionalen Energiewende und ein handfester Beitrag zum Strukturwandel.“

Das Werk in Hürth-Knapsack ist ein neuer Weg zur nachhaltigen Verwertung von Klärschlamm. Dafür setzen wir künftig weder mehr Klärschlamm ein als heute, noch ist mit zusätzlichem Lkw-Verkehr zu rechnen. Die entstehende Wärme wird ökologisch sinnvoll und ortsnah für die Dampfversorgung genutzt. Und wir schaffen die Voraussetzung für eine Rückholbarkeit des Wertstoffes Phosphor. Damit ist unser Projekt absolut zukunftsfähig und nachhaltig.

Christian Forkel


Der Autor

Prof. Dr.-Ing. Christian Forkel leitet das Geschäftsfeld Veredlung der RWE Power AG