Perspektiven eröffnen

Das Erbbaurecht sollte wieder mehr im Fokus der Kommunen stehen, wenn Grundbesitz in Baugebieten entwickelt wird. Es gibt einer breiten Schicht der Bevölkerung die Möglichkeit, Wohneigentum zu bilden, hemmt die Boden-spekulation und ist ein attraktives Instrument der Bodenpolitik.

Was ist eigentlich ein Erbbaurecht? Zunächst ist der Name eher irreführend. Es geht vorrangig nicht um das Vererben, sondern um die Möglichkeit, auf einem fremden Grundstück zu bauen und dort für sich (Wohn-)Eigentum zu schaffen. Insofern würde es der Begriff „Baurecht“, wie er in Österreich und der Schweiz verwendet wird, viel besser treffen. Das Erbbaurecht stellt also ein grundstücksgleiches Recht dar, das es dem Berechtigten ermöglicht, auf fremden Grund zu bauen. Das Eigentümergrundstück wird dabei mit dem Erbbaurecht belastet. Eine weitere Belastung des Eigentümergrundstückes findet nicht statt. Es wird nämlich nun zusätzlich ein sogenanntes Erbbaurechtsgrundbuch gebildet, in dem alle anderen möglichen Belastungen, insbesondere Grundschulden, eingetragen werden. Für diese Bereitschaft, sein Eigentumsgrundstück mit einem Erbbaurecht zu belasten, bekommt der Eigentümer einen regelmäßigen Erbbauzins, zumeist in Geld.

Wenn Städte und Gemeinden darüber nachdenken, ihre Flächen im Wege des Erbbaurechts anzubieten, sollten sie insbesondere folgende Themen betrachten:

  • Die Kommune bleibt Eigentümerin des Grundstückes und erhält somit ihr Vermögen auch für spätere Zeiten in sicherer Art und Weise. Zudem vermehrt sich gegebenenfalls dieses Grundvermögen, da die Grundstücke in der Regel im Wert steigen.

  • Es wird ein regelmäßiger Erbbauzins als Einnahme für den kommunalen Haushalt generiert über die Laufzeit des Erbbauvertrags hinweg.

  • Die Einnahmen lassen sich über eine Wertsicherungsklausel (wegen der langen Laufzeit der Verträge) inflationsbedingt wertsichern. So wird zum Beispiel der Erbbauzins alle drei oder fünf Jahre entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreiskostenindex angepasst. Dies bedeutet, dass sich während der Laufzeit des Vertrages die absolute Einnahme an Erbbauzinsen auch noch regelmäßig steigert und darüber inflationsbedingte Mehrkosten aufgefangen werden können.

  • Die Kommune kann als Grundstückseigentümerin ungünstige Entwicklungen auf ihren Bauflächen verhindern (mithilfe des sog. Zustimmungsvorbehalts), so zum Beispiel die Ansiedlung unerwünschter Institutionen oder unerwünschten Gewerbes. Diese Einflussmöglichkeit gibt es bei einem Verkauf von Wohnbauflächen nur noch in einem sehr eingeschränkten Maß. Gegebenenfalls sind bestimmte Anforderungen, die bei Erbbauberechtigten erfüllt sein sollten, im Erbbaurechtsvertrag festzuschreiben, da ansonsten die Gründe für eine Nichtzustimmung auf rein wirtschaftliche Faktoren beschränkt sind.

  • Ein nicht zu unterschätzendes Argument ist, dass man als kommunaler Grundstückseigentümer Entwicklungen auf seinen Grundstücken weiter beobachten und im schlimmsten Fall sogar verhindern kann. In den Paragrafen 5 bis 7 ErbbauRG sind Zustimmungsvorbehalte für den Grundstückseigentümer normiert. Dadurch kann zum Beispiel verhindert werden, dass auf den Grundstücken sich Institutionen oder Gewerbe einrichten, die aus kommunaler oder politischer Sicht nicht wünschenswert sind. Diese Einflussmöglichkeit gibt es bei einem Verkauf nur noch in einem sehr eingeschränkten Maß. Gegebenenfalls sollten dabei bestimmte Anforderungen, die man bei einem Erbbauberechtigten erfüllt sehen möchte, im Erbbaurechtsvertrag festgeschrieben werden, da ansonsten die Gründe für eine Nichtzustimmung auf rein wirtschaftliche Faktoren beschränkt sind.

  • Verhinderung von Bodenspekulationen: Im Weiteren kann durch das Instrument des Erbbaurechts Bodenpreisspekulationen entgegengewirkt werden. Dies ist insbesondere für Kommunen von Bedeutung, in denen es aufgrund ständig steigender Bodenpreise immer schwieriger wird, auch bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Hier kann aktive Wohnungspolitik betrieben und über das Instrument des Erbbaurechts eine Ansiedlung auch für „Normalverdiener“ ermöglicht werden. Zudem wirkt man beruhigend auf die Bodenpreise in der Kommune, da es keinen ständigen Weiterverkauf des Grund und Bodens mit Spekulationsabsicht gibt.

Frankfurt am Main und andere Großstädte handeln schon länger in diese Richtung, auch in Berlin oder in Stuttgart wird wieder verstärkt über eine Ansiedlung im Erbbaurecht nachgedacht. Im europäischen Ausland halten hier zum Beispiel Zürich oder Amsterdam aktive Bodenpreisinstrumente in der Hand. Dies zeigt, dass das Erbbaurecht als kommunales Wohnungspolitikinstrument wieder an Bedeutung zunimmt und sei es nur, um neben den Verkauf von Eigentum eine weitere Alternative auf dem Markt anzubieten.

Das Erbbaurecht sollte also wieder mehr in den Fokus wohnungspolitischer Betrachtungen in den Kommunen geraten. Es kann Lösungsansätze bieten, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen oder Bodenspekulationen entgegenzuwirken, aber auch die dauerhafte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Kommune stärken.

Zwar ist es kein Instrument, das für jede Stadt und Gemeinde gleich geeignet ist. Hat die Kommune es jedoch mit hohen Bodenpreisen zu tun und will sie dagegen angehen und auch bezahlbaren Wohnraum anbieten, kann das Instrument Erbbaurecht für Kommunen wohnungspolitisch von Interesse sein. Neben der regelmäßigen relativ sicheren Einnahme des Erbbauzinses behält die Kommune eine spätere Einflussmöglichkeiten auf die zu Erbbaurecht vergebene Fläche und erhält wesentliche Vermögenswerte für spätere Zeiten.

Matthias Nagel

Der Autor
Dr. Matthias Nagel ist Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbandes, Berlin, sowie Abteilungsleiter Liegenschaften bei der Klosterkammer Hannover