Knappe Mehrheit der Großstädter befürwortet Fahrverbote für große Autos und SUVs

Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern befürwortet Fahrverbote für große, schwere Pkw und SUV in Innenstädten. Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des Tüv-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren ergeben. Die übrigen 45 Prozent sind dagegen und vier Prozent unentschlossen.

Mobility Studie
In den vergangenen Jahre ist ein Teil der Autos immer größer und breiter werden. Das stellt auch zunehmend eine Herausforderung an die Straßeninfrastruktur dar. Foto: Adobe Stock/M Alfan Setyawan

„Seit Jahren werden Autos immer größer, breiter und schwerer“, sagt Fani Zaneta, Expertin für Verkehrssicherheit beim Tüv-Verband. „Das Größenwachstum erschwert vor allem in Großstädten eine ausgewogene Gestaltung des Verkehrsraumes, da gleichzeitig der Fahrzeugbestand immer weiter wächst und andere Verkehrsmittel wie Fahrräder und E-Scooter mehr Platz benötigen.“

Laut Tüv Mobility Studie sprechen sich die Befragten in Klein- und Mittelstädten mehrheitlich gegen Fahrverbote in Innenstädten aus. In der Gesamtbevölkerung sind die Meinungen geteilt: 47 Prozent sind für ein Fahrverbot und 48 Prozent dagegen, fünf Prozent sind unentschlossen. Fast zwei von drei aller Befragten (64 Prozent) sind der Meinung, dass die Halter großer Fahrzeuge höhere Abgaben und Parkgebühren zahlen sollten, da die Fahrzeuge mehr Platz und Ressourcen in Anspruch nehmen als kleinere.

Mobility Studie zeigt: Kommunen sollen sich Trend anpassen

62 Prozent fürchten, dass die Fahrer großer Fahrzeuge schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer leichter übersehen. Gleichzeitig fordern 59 Prozent der Befragten, dass die Kommunen dem Trend zu größeren Fahrzeugen Rechnung tragen und ihre Infrastruktur anpassen sollten.

Über den richtigen Umgang mit den immer größer und schwerer werdenden Fahrzeugen wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. In Paris werden ab 1. September die Parkgebühren für große SUV ab 1,6 Tonnen auf 18 Euro pro Stunde verdreifacht. Und auch in deutschen Städten wie Freiburg, Tübingen, Konstanz oder Hannover wird über höhere Parkgebühren für Anwohner und Besucher diskutiert. Woran Freiburg beim Bundesverwaltungsgericht scheiterte, führt Basel als erste Stadt in der Schweiz im kommenden Jahr ein: Dort hängt die Höhe der Parkgebühren ab 2025 von der Länge des Autos ab.

Aus Sicht des Tüv-Verbands sollte die „SUV-Diskussion“ versachlicht werden. SUV steht für „Sports Utility Vehicle“. Die Fahrzeuge sind in allen Fahrzeugklassen vom Kleinwagen bis zur Oberklasse erhältlich und machen laut Kraftfahrt-Bundesamt inzwischen 30 Prozent aller Neuzulassungen aus. Neben fast ausschließlich auf den Straßenverkehr ausgelegten SUV-Modellen gibt es „echte“ Geländewagen, die neben Allradantrieb über Funktionen wie Differenzialsperren verfügen und spezielle Anforderungen zum Beispiel bei der Bodenfreiheit erfüllen müssen. „Vor allem die höhere Sitzposition macht SUVs für viele Autokäufer interessant, weil sie das Einsteigen erleichtert und das persönliche Sicherheitsempfinden verbessert“, sagt Zaneta. Gleichzeitig verfügen vor allem große SUV-Modelle über Außenmaße, die kaum noch zur vorhandenen Verkehrsinfrastruktur passen. Zaneta: „Beim Parken in Nebenstraßen oder Parkhäusern ist die Fahrzeuggröße ein Faktor.“

Verkehrsraum wird immer knapper

Auf den Trend zu größeren Fahrzeugen haben Straßenbau-Experten bereits reagiert, heißt es in der Pressemitteilung des Tüv-Verbands: Die unabhängige Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hat in einem neuen Regelwerk empfohlen, die bisher üblichen Maße anzupassen. Neue Parkplätze sollen statt 2,5 Meter in Zukunft 2,65 Meter lang und 2,15 Meter statt 2,0 Meter breit sein. „Das Problem: Die immer größer werdenden Fahrzeuge verknappen den ohnehin eng bemessenen Verkehrsraum zusätzlich“, sagt Zaneta. Wichtigster Grund dafür sei vor allem der wachsende Fahrzeugbestand und ein sich änderndes Mobilitätsverhalten mit den Trends zu Fahrrädern, Lastenrädern und E-Scootern.

Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes hat sich der gesamte Kraftfahrzeugbestand, inklusive motorisierten Zweirädern und Lkw, in den vergangenen 15 Jahren um 11,1 Millionen Fahrzeuge auf rund 60,7 Millionen erhöht. Das ist ein Plus von 22 Prozent. Den Großteil davon machen Personenkraftwagen aus. Die Pkw-Dichte ist seit 2009 von 503 pro 1.000 Einwohner auf 582 im Jahr 2024 gestiegen – ein Plus von 16 Prozent. In absoluten Zahlen ist der Pkw-Bestand in diesem Zeitraum um 7,8 Millionen auf 49,1 Millionen gestiegen (plus 19 Prozent).

Laut der Tüv Mobility Studie 2024 fahren etwa ein Drittel der Bundesbürger an Werktagen mit dem Rad und immerhin drei Prozent mit E-Scootern. Zaneta: „Die Infrastruktur sollte für den Zweiradverkehr und die schwächeren Verkehrsteilnehmer verbessert werden, damit alle sicher und schnell ans Ziel kommen.“

red.