Mit E-Medien auf der Erfolgsspur

Bibliotheken haben gerade auch im Zeitalter der Digitalisierung einen enormen Stellenwert, denn ihre Rolle in der Bildung im Umgang mit Medien ist groß. Das Ausleiheverhalten hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Von dieser Entwicklung profitieren die Einrichtungen. Sie verzeichnen einen Nutzerzuwachs.

 

Mit einem breitgefächerten Angebot unterstützen Bibliotheken die Kommunen dabei, den öffentlichen Kultur- und Bildungsauftrag in ausreichendem Maße zu erfüllen. „Die klassische Aufgabe der Bibliothek als Ort der Medienausleihe wird immer mehr um die Funktion als Lern-, Begegnungs- und Diskursort erweitert“, sagt etwa Meike Jung, die bei der Stadtbibliothek Stuttgart für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Das Nutzerverhalten von Bibliotheksbesuchern hat sich in den letzten Jahren ebenso verändert wie die Art der Medien, die genutzt werden. Es ist ein wachsendes Interesse an Online-Medien zu verzeichnen. Jung kann das bestätigen: „Während die Ausleihe der physischen Medien etwas rückläufig ist, steigen die Download-Zahlen von E-Medien der Onleihe, von Podcasts und die Nachfrage nach Datenbanken wie Pressreader, Genios und Munzinger-Archive sowie nach Streaming-Angeboten wie Naxos.“ Vor allem das Angebot der Onleihe wird in Stuttgart sehr gut genutzt: „Im Jahr 2015 hatten wir knapp 20.000 Medien in unserer Onleihe und über 160.000 Downloads“, erklärt Jung.

Parallel dazu sind die Besucherzahlen und die Aufenthaltsdauer deutlich angestiegen. Die Nutzer halten sich länger in der Bibliothek auf, denn sie ist ein bedeutsamer Treffpunkt für Kommunikation und inzwischen auch ein Ort für Begegnung. Allerdings braucht es dazu die geeigneten Rahmenbedingungen. Noch einmal Meike Jung: „WLAN, ausreichend Arbeitsplätze und intensive Beratung sind von immenser Bedeutung für die Nutzer.“

Onleihe als „Zugnummer“

Auf das geänderte Verhalten der Nutzer hat sich auch die Stadtbibliothek Duisburg eingestellt. Deren Direktor, Dr. Jan-Pieter Barbian, erklärt: „Mit der Onleihe, dem Pressreader, den Datenbanken, Internet, WLAN sowie ausleihbaren Laptops und deren aktiver Vermittlung kommen wir den Bedürfnissen der Bevölkerung auch im digitalen und virtuellen Bereich nach.“ Das hat eine stärkere Nutzung der Bibliothek vor Ort zur Folge. Die Zahl der Besuche und Aufenthalte in den Räumen, zum Arbeiten oder als Treffpunkt mit anderen, stieg in letzter Zeit deutlich.

Allein aufgrund des Onleihe-Services hat die Bibliothek 2000 neue Nutzer gewinnen können. Barbian: „Wir zählen etwa 8000 bis 10.000 Neukunden pro Jahr. Die rund 2000 Neukunden, die wir durch die Onleihe gewinnen, sind also eine durchaus beachtliche Gruppe.“

Bibliotheken gehören zu den Einrichtungen einer Kommune, die einen nicht geringen Kostenfaktor im Haushaltsplan darstellen. 21 Millionen Euro beträgt beispielsweise das Budget der Stuttgarter Stadtbibliothek. Es verteilt sich auf Personalkosten, Investitionen für die Modernisierung, Projekte sowie natürlich die Anschaffung von Medien. Im Jahr 2015 nutzten über zwei Millionen Besucher die Einrichtungen der Bibliothek, die den drittgrößten Bestand aller öffentlichen Büchereien in Deutschland vorweisen kann. In der Zentralbibliothek nahe dem Stuttgarter Zentrum, den 17 Stadtteilbibliotheken und den beiden Bibliotheksbussen sind über 1,4 Millionen Medien registriert.

Den Kosten für den Betrieb von Bibliotheken steht ein enormer gesellschaftlicher Nutzen gegenüber. Bibliotheken sind als Bildungseinrichtungen wichtig wie auch für die Beschaffung von Informationen. Sie bieten in vielen Städten einen kostenlosen, andernorts in jedem Fall aber erschwinglichen und ungefilterten Zugang zu Medien unterschiedlichster Art. Für die schulische Bildung halten sie ein an die jeweiligen Lehrpläne angepasstes und aktuelles Medienangebot vor und vermitteln so Fachwissen. Mit ihren Angeboten unterstützen sie zudem die Aus- und Weiterbildung im Beruf und geben über die reine Wissensvermittlung hinaus entscheidende Impulse für den richtigen Umgang mit Medien, vor allem den digitalen. Ebenso sind Bibliotheken Orte der Leseförderung und leisten einen großen Beitrag bei der Integration von geflüchteten Menschen.

Sprachwerkstatt für Flüchtlinge

Die Stadtbibliothek Stuttgart beispielsweise bietet eine Sprachwerkstatt für jugendliche Flüchtlinge. Unter ihrem Dach residiert auch der Stuttgarter Verein „Leseohren“, der sich mit dem 2015 gemeinsam mit der Stiftung „Kinder fördern – Zukunft stiften“ und der Stadtbibliothek Stuttgart ins Leben gerufenen Projekt „Leseheimat“ auf die Fahnen geschrieben hat, bei Flüchtlingskindern Sprachförderung mit den Mitteln des Vorlesens zu bieten. Dazu engagieren sich viele Ehrenamtliche als „Vorlesepaten“.

Bibliotheken sehen das lebenslange Lernen als unabdingbar für die Zukunft an. Sie erbringen „als öffentlicher, nicht-kommerzieller, geschützter und inspirierender Ort der Begegnung und als Wissensspeicher große Leistungen von gesellschaftlicher Bedeutung“, heißt es in den Leitlinien für öffentliche Bibliotheken, die vom Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Deutschen Bibliotheksverband herausgegeben wurden.

Angesichts großer Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, der Digitalisierung und der Migration muss die Bildungspolitik an der Entwicklung einer zukunftsfähigen Wissensgesellschaft arbeiten. Dabei kommt den Bildungsangeboten auf kommunaler Ebene, wie sie die Bibliotheken bieten, eine wichtige Rolle zu.

Annika Wieland

Info: Wissenswertes
Rund 2100 Bibliotheken aller Sparten und Größe gibt es bundesweit. Sie sind die meistgenutzten Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland mit etwa 118 Millionen Besuchern jährlich. Laut der Deutschen Bibliotheksstatistik werden im Jahr zirka 355 Millionen Bücher und Medien ausgeliehen.

Onleihe: Sie erlaubt, unabhängig von Ort und Öffnungszeiten über das Internet elektronische Medien herunterzuladen. Hierfür ist die Legitimation mit dem Bibliotheks-Benutzerausweis notwendig.

Podcast: Mediendatei (Audio oder Video), die über das Internet abonniert werden kann. Das können beispielsweise ganze Serien von bestimmten Radiosendungen sein.

Naxos: Online-Bibliothek für klassische Musik. Sie gehört zum Munzinger-Archiv.

Genios: Die Datenbank, eine Tochtergesellschaft der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und der Verlagsgruppe Handelsblatt, bietet elektronische Presse-, Unternehmens- und Wirtschaftsinformationen an.

Pressreader: Datenbank mit aktuellen elektronischen Zeitungen und Zeitschriften aus 100 Ländern in 60 Sprachen. Sie gehört zum Munzinger-Archiv.