Die Landeshauptstadt Potsdam will die Gleichstellung der Geschlechter stärken und setzt dazu das Mentoringprogramm „Frauen in Führung“ ein. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung wurde ein Leitfaden entwickelt. Er bietet Vorschläge für Inhalte und Lösungsansätze für Probleme.
Erstmalig wird Mentoring in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam im Rahmen des Programmes „Frauen in Führung“ genutzt, um die paritätische Geschlechterverteilung in den höheren Führungsebenen der Verwaltung zu erreichen. Trotz der diversen Anwendungen von Mentoring als effektives und kostengünstiges Instrument zur Personalentwicklung, hat sich bis heute keine allgemeingültige Definition ergeben. Mentoring soll hier als zeitlich begrenzte Beziehung definiert werden, in der eine erfahrene Person (Mentor) ihr Wissen und ihre Erfahrungen an eine weniger erfahrene Person (Mentee) zur persönlichen und beruflichen Entwicklung weitergibt. Es wird in informelles und formelles Mentoring unterschieden.
Im Gegensatz zum informellen Mentoring, wo Mentor und Mentee aus eigener Kraft ein Tandem (bzw. eine Eins-zu-Eins-Beziehung) eingehen, wird formelles Mentoring zu einem konkreten Zweck und Zeitraum durch einen Dritten gebildet, der die Teilnehmenden anhand von Kriterien auswählt, zusammenführt und während des Mentorings unterstützend begleitet.
Es ist allgemein bekannt, dass in verantwortungsvollen Führungspositionen der Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes in Deutschland häufig Frauen weniger oft als Männer vertreten sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig und unabhängig von der Qualifikation. Auch in der Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam ergibt sich das Bild einer Pyramide, wenn die Besetzung von Führungspositionen im Hinblick auf das Geschlecht betrachtet wird: Umso höher die Führungsebene, desto weniger Frauen sind vertreten.
Beteiligung von Fach- und Führungskräften
Um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen langfristig in allen Ebenen der Verwaltung zu erwirken, beschloss die Stadtverordnetenversammlung, Mentoring für potenzielle, weibliche Nachwuchsführungskräfte zu etablieren und anzubieten. Das daraufhin initiierte Mentoringprogramm „Frauen in Führung“ ist als konkrete Maßnahme gegen die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen anzusehen. In dem Zusammenhang fördert Mentoring eine neue Kultur und unterliegt einer partizipativen Strategie.
Diese will Geschlechtergerechtigkeit nicht mittels Gesetzen und Vorschriften erreichen, sondern durch die freiwillige Verantwortungsübernahme und Beteiligung von Fach- und Führungskräften verschiedener hierarchischer Ebenen. Vor allem das hohe Maß an praxisbezogenem Arbeiten, gemeinsamem Engagement und die Vernetzung tragen dazu bei, dass individuelle Personalentwicklungsmaßnahmen mehr für die Geschlechtergleichstellung bewirken können als arbeitsplatzferne, strikt abgegrenzte und schematisch ablaufende Fortbildungsmaßnahmen für Frauen.
Seit Sommer 2019 arbeiten acht Tandems im Mentoringprogramm zusammen. Die Dauer des Mentorings ist auf 18 Monate begrenzt und wird durch Maßnahmen wie ein zweiwöchiges Seminarprogramm, die Bildung einer Peergroup durch die Mentees und eine Potenzialanalyse begleitet. Eine Besonderheit ist, dass sich der Mentorenpool nicht nur aus Führungskräften der Stadtverwaltung selbst, sondern auch aus kommunalen Unternehmen wie dem Unternehmensverbund „ProPotsdam“ und den Stadtwerken Potsdam zusammensetzt.
Leitfaden entwickelt
Mentoring war bis dato in der Verwaltung der Landeshauptstadt nicht formell praktiziert worden und ist generell in kommunalen Verwaltungen wenig präsent. Daher ergab sich für die Programmleitung die Herausforderung, die eher geringe Mentoringerfahrung der Mentoren und Mentees sowie der daraus resultierenden Unsicherheit im Umgang miteinander zu überwinden. Fragen wie diese waren zu klären: Welche Aufgaben habe ich in meiner Rolle? Wie hoch wird mein Zeitaufwand sein? Was ist notwendig, um eine funktionierende Beziehung aufzubauen? Was soll ich als Mentor vermitteln und welches „Handwerkszeug“ gibt es?
Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts wurde ein Konzept zum Aufbau und Inhalt eines Leitfadens für das Mentoringprogramm „Frauen in Führung“ entwickelt. Der Leitfaden beinhaltet unter anderem die Bedeutung von Mentoring in der Landeshauptstadt Potsdam, die Rollenabgrenzung von Mentor/in und Mentee (jeweilige Chancen, Anforderungen und Aufgaben), Faktoren für eine erfolgreiche Beziehung, Rahmenbedingungen der Beziehung (Häufigkeit der Treffen, Orte, Organisation), Vorschläge für Inhalte und Arbeitstechniken, Lösungsansätze für Probleme sowie Literaturempfehlungen. Dieser Leitfaden kann als Fundament für weitere Mentoring-Programme dienen und durch Instrumente wie Workshops, Flyer, FAQs, Tutorials oder Webinare ergänzt werden.
Der Leitfaden kann kein Erfolgsrezept für die Mentoren, Mentees und deren Beziehung vorgeben. Jedoch kann er zur Klärung von realistischen Erwartungen und Bedürfnissen beitragen. Die Mentoren und Mentees sollen den Leitfaden als Orientierungsrahmen nutzen, um Einvernehmen hinsichtlich der Ziele, der Chancen, des Rollenverständnisses, der Zusammenarbeit und möglicher Probleme herzustellen. So äußerte sich in einer Umfrage zum Programm eine Mentee folgendermaßen zu der Beziehung: „Im Idealfall führt das Mentoring zu einem wechselseitigen Erfahrungs- und Wissenstransfer, es ist ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten, auf Augenhöhe und mit wertschöpfender Wirkung.“ Sind sich die Akteure über die Ansichten des Anderen bewusst, fällt es leichter, erfolgreich zusammenzuarbeiten und mögliche Probleme zu minimieren.
Marie Milke
Die Autorin
Marie Milke hat an der TH Wildau das Duale Studium Öffentliche Verwaltung Brandenburg absolviert. Ihre Abschlussarbeit über das Mentoringprogramm „Frauen in Führung“ der Landeshauptstadt Potsdam wurde seitens der TH betreut von Prof. Dr. Markus Karp.
Info: Mentoringprogramm „Frauen in Führung“
In der Landeshauptstadt Potsdam läuft seit 2019 für die Dauer von 18 Monaten das Mentoringprogramm „Frauen in Führung“. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der TH Wildau entwarf die Autorin des nebenstehenden Beitrags, Marie Milke, das Konzept eines Leitfadens für das Programm. Aus ihren Untersuchungen resultierte, dass ein Leitfaden für die Beziehung und Zusammenarbeit des Tandems, insbesondere für Mentoren und Mentees mit eher weniger Mentoringerfahrung, erforderlich ist und die Qualität des Mentoring-Programmes sichern kann. Das Optimum an Verbindlichkeit für das Mentoring zu finden, scheint schwierig. Umso notwendiger erscheint ein Leitfaden, der auf der einen Seite für Professionalität, Struktur und Qualität im Mentoring-Programm sorgen kann und auf der anderen Seite den Tandems genügend Flexibilität und Freiraum bietet, ihre Beziehung autonom auszugestalten. Der Leitfaden dient als Entscheidungshilfe ohne bindenden Charakter für bestimmte Vorgehensweisen oder Impulse.