Nur rund ein Fünftel der Führungskräfte öffentlicher Unternehmen ist weiblich. Wie können Kommunen Anreize schaffen, damit sich das künftig ändert? Antworten liefert Edmund Mastiaux, Geschäftsführer des zfm – Zentrums für Management- und Personalberatung.
Seit 2018 begleitet das zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung eine Studie, die jährlich die Repräsentation von Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen ermittelt. Die Ergebnisse zeigen: In den vergangenen Jahren hat sich der Frauenanteil kaum erhöht, obwohl das eigentlich gewünscht ist. Es stellt sich also die Frage: Woran liegt das?
Tatsächlich sind die Gründe dieselben wie in der Privatwirtschaft. Obwohl durchaus Entwicklungen festzustellen sind, hat sich an diesem Punkt nur wenig getan: Oft endet die Karriere von Frauen im Kreissaal, denn nach wie vor sind Mütter überwiegend für die Kinderbetreuung zuständig und zum Teil gar nicht oder nur in Teilzeit berufstätig – nach wie vor ist also die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein entscheidendes Karrierehindernis.
Dabei würden (öffentliche) Arbeitgeber deutlich von mehr Frauen in der ersten Ebene profitieren: Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass gemischt-geschlechtliche Teams leistungsfähiger sind als die, die ausschließlich aus Männern oder Frauen bestehen. Sind nur Männer oder nur Frauen in der Chefetage, werden Entscheidungen meist eindimensional und aus einer Perspektive heraus getroffen.
Vorbildfunktion beim Thema Gleichberechtigung
Besteht die Geschäftsführung hingegen aus einem Mann und einer Frau, steigt die Wahrscheinlichkeit für gut durchdachte, weitsichtige Entscheidungen. Ein solches Gleichgewicht würde also deutliche Vorteile mit sich bringen.
Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Vorbildfunktion der Kommunen. Denn öffentliche Unternehmen strahlen in die Stadtgesellschaft hinein. Bürgerinnen und Bürger achten darauf, wie sich Kommunen und ihre Betriebe präsentieren – nicht zuletzt, weil sie mit Steuergeldern agieren.
In der Privatwirtschaft steht die Gewinnmaximierung im Vordergrund, bei Kommunen und ihren Unternehmen hingegen das Gemeinwohl. Daraus resultiert die Vorbildfunktion: Wenn die Kommunen es nicht schaffen, für Chancengleichheit zu sorgen – wer dann?
Bessere Rahmenbedingungen schaffen
Was können Kommunen also konkret tun, um verstärkt Frauen für ihre Führungs-positionen zu gewinnen? Zunächst sollten öffentliche Unternehmen – noch mehr als bisher – flexible Arbeitszeiten anbieten. So bekommen Mütter die Möglichkeit, Beruf und Familienleben miteinander zu verknüpfen. Führung in Teilzeit oder geteilte Führung sind weitere Optionen, mit denen die Vereinbarkeit von Karriere und Kindern ermöglicht wird. Solche Modelle werden teilweise bereits umgesetzt, aber noch zu wenig.
Auch das Thema Personalentwicklung spielt eine zentrale Rolle. Die öffentlichen Unternehmen sollten ihren Mitarbeiterinnen auf der zweiten und dritten Ebene gezielt Möglichkeiten bieten, sich für Managementpositionen zu qualifizieren. Darüber hinaus sollte es mehr Frauen in den Auswahlgremien geben. Ein weiterer Punkt: Arbeitgeber sollten vielversprechende Kandidatinnen für Top-Managementpositionen gezielt ansprechen und sie zur Übernahme der Position ermutigen.
In der Regel beinhalten Stellenausschreibungen bereits seit einiger Zeit den Passus, dass Frauen ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert werden. Trotzdem fühlen sich gerade Frauen oft nicht angesprochen. Der Grund könnten bestimmte Formulierungen in den Ausschreibungen sein, bei denen sich eher Männer gemeint fühlen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn bei den Anforderungen Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen genannt werden, die bei Frauen auch heute noch eher negativ konnotiert sind. Hier kann es helfen, eine andere Form der Ansprache zu finden.
Die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ist entscheidend
Die Studie zeigt unter anderem, dass der Frauenanteil in Führungspositionen öffentlicher Unternehmen in vielen ostdeutschen Städten höher ist als der bundesweite Durchschnitt. Das hat hauptsächlich historische Gründe. Trotzdem können Kommunen daraus etwas für ihr heutiges Personalmanagement ableiten: In der ehemaligen DDR gab es deutlich früher als in der Bundesrepublik ganztägige Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
Frauen in der ehemaligen DDR hatten zudem ein positiveres Standing in der Arbeitswelt als in der Bundesrepublik. Viele haben direkt nach der Elternzeit wieder in Vollzeit gearbeitet, da die Betreuung der Kinder sichergestellt war. Auch von dieser Seite zeigt sich, wie wichtig die Vereinbarkeit von Karriere und Familie ist.
Dennoch: Zwar hat sich der Frauenanteil in Führungspositionen öffentlicher Unternehmen seit 2018 nur wenig verändert, aber er ist gestiegen. Wie hoch er in den kommenden zehn Jahren sein wird, ist natürlich noch nicht absehbar. Es wäre aber auf jeden Fall wünschenswert, wenn wir dann nicht mehr von 20 Prozent Frauenanteil sprechen, sondern von mindestens 35 Prozent – mit weiter steigender Tendenz. Edmund Mastiaux
Der Autor: Edmund Mastiaux ist Geschäftsführer von zfm – Zentrum für Management-und Personalberatung in Bonn.