Die Lebens- und Arbeitswelten verändern sich und mit ihnen die Ansprüche an die Beleuchtung. Das zeigt sich ganz deutlich im Gebäudebereich, wo bei der Lichtgestaltung Innen und Außen verschmelzen. Auch wird das Licht zunehmend „personalisiert“ und kann zudem Städte bei ihrer Imagebildung unterstützen.
Wenn Beleuchtungslösungen für Gebäude gesucht werden, geht es meistens nicht nur um Innenräume. Vielmehr wird auch für bestimmte Außenbereiche, etwa die Fassade, Zuwege, Parkplätze oder Gartenflächen, Licht benötigt. Dort stand bisher eher die Funktionalität im Vordergrund: Licht sollte primär dafür sorgen, dass sich Mitarbeiter und Besucher optimal orientieren können und sicher ins Gebäudeinnere gelangen. Verschiedene aktuelle Entwicklungen im Beleuchtungssektor fördern jedoch ein Umdenken in Richtung ganzheitlicher Beleuchtungslösungen, bei denen die gebäudenahe Beleuchtung als Teil des Ganzen gesehen wird. Die Redaktion sprach über die damit verbundenen Entwicklungen mit den Trilux Lichtexperten Karsten Müller, Abteilungsleiter für den Bereich Architekturbeleuchtung, Dirk Pietz, Leiter Produktmanagement, und Horst Rudolph, Direktor im Bereich Forschung und Lichttechnologie. Es zeichnen sich die nachfolgend skizzierten sieben prägenden Trends ab:
TREND 1: INNEN UND AUßEN VERSCHMELZEN
Beleuchtungslösungen werden in Zukunft zunehmend über die Gebäudegrenzen hinweg geplant und umgesetzt werden. Das heißt, es kommt zu einer Verschmelzung der Innen- und Außenbeleuchtung im gebäudenahen Bereich. Einer der Gründe dafür ist ein architektonisches und funktionales Zusammenwachsen von Innen und Außen in den verschiedenen Arbeits- und Lebenswelten. Vor diesem Hintergrund gewinnen Beleuchtungslösungen, mit denen sich Innen- und Außenbereiche in einer einheitlichen Designsprache beleuchten lassen, an Bedeutung.
Ein Treiber ist auch der in der Büroarbeitswelt erkennbare Trend zur flexiblen Arbeitsplatzgestaltung – Stichwort „New Work“. Die Außenbereiche werden quasi zur Verlängerung des Büros ins Freie und müssen entsprechend normgerecht, funktional und repräsentativ beleuchtet werden, ohne dass es zu starken Designbrüchen im Vergleich zum Innenbereich kommt.
TREND 2: INSZENIEREN UND REPRÄSENTIEREN
Der erste Eindruck zählt – und er entsteht bereits vor dem Betreten des Gebäudes. Bevor Mitarbeiter und Kunden in dessen Inneres gelangen, sehen und erleben sie den Außenbereich. Deshalb wird Licht immer häufiger als Teil der Corporate Identity, der Identität eines Unternehmens oder einer Organisation, gesehen und die Beleuchtung im gebäudenahen Bereich als eine Maßnahme der Imagebildung eingesetzt.
Ein Aspekt ist dabei die Anstrahlung der Fassade. Über steuerbare LED-Lösungen mit RGB-W-Modulen für farbiges Licht lässt sich neben der Beleuchtungsintensität auch die Lichtfarbe individuell und bedarfsgerecht regeln. So können Gebäude weithin sichtbar den individuellen Farbcode ihres Eigentümers zeigen.
Auch die horizontalen Außenbereiche rücken in den Fokus, beispielsweise entlang von Wegen oder Grünflächen. Auch dort müssen das Leuchtendesign und die Lichtwirkung der Corporate Identity folgen und es muss sich die Formensprache harmonisch vom Außen- in den Innenbereich fortsetzen.
TREND 3: SCHNITTSTELLEN UND MODULE
Licht wird wie in Unternehmen auch in den Gebäuden der Kommunalverwaltung und in denen von Stadtwerken nahezu überall benötigt. Durch die erforderliche Stromversorgung bietet das Beleuchtungssystem die ideale Infrastruktur zum Aufbau eines Netzwerkes mit Aufgaben, die weit über den reinen Beleuchtungszweck hinausgehen. Voraussetzung dafür sind standardisierte und flexible Schnittstellen in den Leuchten, über die sich die unterschiedlichsten Module einbinden lassen.
Die Bandbreite der Möglichkeiten ist nahezu unbegrenzt. So nutzen bereits einige Supermärkte die Beleuchtungslösung im Innenbereich für das sogenannte Heat-Mapping. Dabei werden die Bewegungsprofile und Laufwege der Kunden erfasst und diese Informationen bei der Planung der Inneneinrichtung beziehungsweise für die optímale Sortimentsplatzierung genutzt.
Ein weiterer aktueller Trend ist die Bestückung der Beleuchtungslösungen mit W-LAN-Modulen zum Aufbau eines flächendeckenden Funknetzwerkes im Außenbereich. Auch lassen sich zum Beispiel Ladestationen für E-Autos oder E-Bikes in die Leuchten integrieren.
TREND 4: INTELLIGENTE NETZWERKE
Der Zusammenschluss von Außenbeleuchtungslösungen zu intelligenten Netzwerken und die Einbettung in nachgeschaltete Steuer- und Regelsysteme ist einer der wichtigsten aktuellen Trends. Die damit verbundenen Möglichkeiten werden derzeit im Rahmen des Smart-City-Gedankens umfassend diskutiert. Eine zunehmend gewerkübergreifende Vernetzung lässt sich auch im gebäudenahen Bereich nutzen, beispielsweise im Rahmen ganzheitlicher Sicherheitskonzepte.
Sensoren im Außenbereich können bereits seit längerem sehr präzise die unautorisierte Anwesenheit von Personen detektieren. Leistungsfähige Sensoren unterscheiden dabei zuverlässig zwischen Menschen, Tieren oder bewegten Ästen. Vernetzte Außenbeleuchtungssysteme können diese Informationen ins Gebäudeinnere weiterleiten und dort verschiedene Abwehrszenarien auslösen. So werden etwa Lichtszenen erzeugt, die dem Eindringling die Anwesenheit von Menschen im Gebäude vorspiegeln, und das System alarmiert aueßrdem verantwortliche Personen wie den Facility Manager per SMS oder E-Mail.
TREND 5: KOMMUNIKATION
Das Licht spricht! Über eine vernetzte und steuerbare Beleuchtungslösung können nicht nur sensorgenerierte Informationen von außen in den Innenbereich gelangen, sondern auch von innen in den Außenbereich. Bereits heute wird Licht zur Kommunikation und Informationsvermittlung genutzt. Ein Beispiel ist das Fußballstadion des 1. FC Köln, das bei einem Tor der Gastgeber außen rot-weiß beleuchtet wird, was den Treffer weit über die Stadiongrenzen hinweg sichtbar macht.
Das Prinzip lässt sich auch zur Informationsvermittlung im öffentlichen Bereich einsetzen, beispielsweise wenn ein Pumpwerk den steigenden Wasserstand im Hafenbereich über einen Farbcode anzeigt: Die rot angestrahlte Fassade signalisiert den Anwohnern, dass sie ihr Auto besser aus dem Gefahrenbereich bringen.
Lichtszenarien können auch zur anlassbezogenen Kommunikation genutzt werden, etwa für die Anstrahlung der Rathausfassade während des Stadtjubiläums.
TREND 6: PERSONALISIERTES LICHT
Ich geh mit dir, wohin du gehst! Personalisiertes Licht, das sich individuell an den Bedürfnissen der Anwender orientiert, ist unter dem Begriff Human Centric Lighting (HCL) einer der großen Trends im Bereich der Innenbeleuchtung. Intelligente Beleuchtungslösungen erkennen den Anwender zum Beispiel über sein Smartphone und passen das Licht entsprechend seiner persönlichen Bedürfnisse und Vorlieben an.
Durch die Vernetzung der Innen- mit der Außenbeleuchtung lässt sich dieses Prinzip auf den gebäudenahen Bereich ausdehnen. So weiß das System beispielsweise genau, auf welchem Firmenparkplatz das Auto eines Mitarbeiters steht und leuchtet, wenn er das Gebäude verlässt, den kompletten Weg zum Stellplatz aus, statt mithilfe von Präsenzmeldern nur wandernde Lichtinseln zu erzeugen. Solche „Lichtpfade“ können das Sicherheitsgefühl deutlich erhöhen.
TREND 7: ALLES AUS EINER HAND
Die wachsende Nachfrage nach ganzheitlichen Beleuchtungslösungen beeinflusst auch den im Vorfeld stattfindenden Planungsprozess. Bisher wird für den Innen- und Außenbereich mit unterschiedlichen Software-Lösungen geplant. Der Grund sind unterschiedliche normative Anforderungen und Rahmenbedingungen. Eine Planungs-Software für beide Bereiche vereinfacht grundsätzlich die Konzeptionierung von ganzheitlichen Lösungen über die Gebäudegrenzen hinweg.
Hiervon werden in Zukunft insbesondere die Anbieter profitieren, die eine umfangreiche Produktpalette für den Außen- und Innenbereich aus einer Hand im Programm haben. Ein harmonisch aufeinander abgestimmtes Leuchtenportfolio ermöglicht es Architekten, bei der Gestaltung einen roten Faden über alle Bereiche hinweg zu ziehen. Das ist gleichzeitig die Grundlage für bereichsübergreifende Netzwerke, bei denen die einzelnen Komponenten technisch, funktional und optisch perfekt aufeinander abgestimmt sind.
Red.
Info: Licht-Know-how aufbauen
Lichtplanung im urbanen Bereich ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Hier will die Trilux-Akademie mit ihrem Fortbildungsprogramm Unterstützung leisten. In den beiden Einzellehrgängen „DIN-geprüfter Lichttechniker Innenbeleuchtung“ und „DIN-geprüfter Lichttechniker Außenbeleuchtung“ stehen sowohl Grundlagen der Licht- und Elektrotechnik auf dem Lehrplan als auch die effiziente, wirtschaftliche und umweltfreundliche Planung und Errichtung von Beleuchtungsanlagen einschließlich Betrieb und Instandhaltung. Beide Zertifizierungsprogramme sichern einen verbindlichen Ausbildungsstandard.