Konzepte für energieautarkes Wohnen

Unabhängig von Strom- und Gasimporten: Dieses Einfamilienhaus in Freiberg deckt seinen Energiebedarf mit Hilfe einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Foto: Timo Leukefeld

Mit Solarenergie und zukunftsfähigen Wohnkonzepten wird sich die Versorgungssituation entspannen, prognostiziert Energieexperte Timo Leukefeld. Sein Motto: Intelligent verschwenden statt dumm sparen.

Für Kommunen gibt es verschiedene Möglichkeiten, Bürger, insbesondere Hausbesitzer anzuregen, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Eine Möglichkeit ist ein Solardachkataster. In ihm nimmt die Kommune alle Dächer von Privathäusern auf und macht so sichtbar, welche Hausdächer für eine Photovoltaikanlage geeignet sind und wie viele Kilowattstunden sich so schätzungsweise erzeugen lassen. Eine weitere Möglichkeit sind Informationsveranstaltungen für Hausbesitzer, Stadtwerke und Wohnungsgenossenschaften.

Der große Vorteil von Solarenergie: Sie ist für fast jeden an so gut wie jedem Ort nutzbar – das trifft auf Wind, Wasser und Biomasse nicht im gleichen Maße zu. Jeder, der über ein Haus mit einem Dach verfügt, das zur Sonne ausgerichtet ist, kann diese Energieform ohne großen Aufwand und sofort wirtschaftlich nutzen.

Nachhaltig und bezahlbar

Die Häuser der Zukunft sind vernetzte energieautarke Gebäude, die bezahlbar bleiben. Das gilt für Eigentum wie für Mietraum, wobei Mieten in den kommenden Jahren immer mehr Menschen betreffen wird. Beim Wohnen in energieautarken Häusern sind nur geringe Ausgaben für Strom und Wärme notwendig. In vielen Kommunen mangelt es bereits jetzt an Wohnraum, dieses Problem wird sich in Zukunft noch weiter zuspitzen. Wenn Kommunen neuen Wohnraum planen, vor allem Mehrfamilienhäuser, sollten sie dabei drei Aspekte beachten:

  1. Energieautarke Wohnhäuser CO2-frei betreiben und somit von der CO2-Steuer entlasten.
  2. Die Instandhaltungskosten der Häuser senken: Aktuell ist zu viel Technik in Gebäuden verbaut, während es gleichzeitig immer weniger Handwerker gibt, die Reparaturen durchführen können. In unseren energieautarken Häuser setzen wir daher auf Enttechnisierung. So verwenden wir beispielsweise eine hocheffiziente Infrarotheizung für die Wärmeversorgung, wobei sich die Mieter durch die Wärmestrahlung besonders wohlfühlen. Dieses Konzept sorgt für ein geringeres Investitionsvolumen, zudem sind die so ausgestatteten Häuser nahezu wartungsfrei.
  3. Die so genannte Energieflatrate: Wohngebäude sind so energieautark wie möglich, erzeugen also rund 50 bis 60 Prozent ihres Energiebedarfs selbst. Der Rest muss zugekauft werden, für rund 50 Euro im Monat pro Wohneinheit. So wird Wohnen bezahlbar. Diese Pauschalmiete für Energie und Strom kann beispielsweise in die Rendite fließen oder in Instandhaltung investiert werden. Überschüsse an erzeugter Energie können Nachbargebäuden zugutekommen, die selbst keine Energie erzeugen können – zum Beispiel, weil ihre Dächer verschattet sind.

Neuer Blickwinkel für den Energieverbrauch

In den vergangenen 70 Jahren haben wir mit dem Mindset gelebt: „Alles geht zur Neige“, gerade in Bezug auf Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas. Es wurde vermittelt, dass wir uns und unseren Konsum einschränken müssen. Diese „Kultur der Schuldgefühle“ führt dazu, dass wir permanent im Alltag ein schlechtes Gewissen haben, sobald wir Ressourcen verwenden. Gleichzeitig wird die Ungleichheit zwischen Arm und Reich deutlich – beispielsweise bei Apellen von Politikern an die Bürger, sich einzuschränken und so wenig wie möglich zu heizen. Mit einem solchen Mindset entsteht kein gutes Investitionsklima.

Man kann das aber umdrehen und von einer „Kultur des Gebrauchens“ sprechen: Wenn wir unseren Energiebedarf durch erneuerbare Energiequellen erzeugen, können wir auch viel davon nutzen, da es weder der Umwelt noch dem Geldbeutel schadet. So müssen sich die Menschen nicht in ihrem Lebensstil einschränken, müssen nicht aufs Heizen oder Autofahren verzichten, sondern können so sein, wie sie eben sind.

Das Motto lautet: Intelligent verschwenden statt dumm sparen. Dieses Konzept verlangt nicht, dass die Menschen ihr Wesen ändern. Deshalb begeistert es sowohl Bürger als auch Investoren. Städte und Gemeinden, die dieses energieautarke Wohnen ermöglichen, werden in der Folge attraktiv für Bürger. Timo Leukefeld

Der Autor: Prof. Timo Leukefeld ist Energieexperte, Solartechnikunternehmer und Publizist in Freiberg.