Kompass für die Wärmewende

Zentral für die kommunale Wärmewende ist eine Potenzialanalyse für erneuerbare Energien: Was gibt es und was ist in der Kommune oder in der Nähe möglich? Foto: Adobe Stock/Soonthorn

Heizen muss klimafreundlicher werden: eine enorm komplexe Aufgabe für Kommunen. Worauf es ankommt und warum jetzt wichtige Weichen gestellt werden sollten, erläutern Veit Bürger und Benjamin Köhler vom Öko-Institut.

Am 17. November 2023 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung beschlossen. Im Kern verpflichtet das Gesetz alle Kommunen in Deutschland dazu, einen Wärmeplan zu entwickeln. Für Städte und Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern muss dies bis zum 17. Juni 2026 erfolgen, die übrigen Kommunen haben zwei Jahre mehr Zeit dafür.

Außerdem verpflichtet das Wärmeplanungsgesetz die Betreiber von Wärmenetzen dazu, ihre Netze beziehungsweise die Erzeugung der Wärme, die über Netze transportiert wird, nach und nach klimafreundlicher zu gestalten.

Im Rahmen der Wärmeplanung entwickelt die Kommune eine räumlich aufgelöste Strategie, mit welchen Techniken und Infrastrukturen die Wärmeversorgung langfristig klimaneutral werden kann. Dafür wird im Rahmen einer Bestandsanalyse zunächst der Ist-Zustand aufgenommen. Es geht unter anderem um diese Fragen:

  • Mit welchen Energieträgern wird heute in der Kommune geheizt?
  • Welche Gebäudestrukturen liegen vor?
  • Wie ist der Gebäudebestand energetisch beschaffen?
  • Welchen Wärmebedarf haben Industrie- und Gewerbebetriebe vor Ort?

Wind und Sonne

Die Kommune untersucht, welche Potenziale an erneuerbaren Energien oder auch industrieller und gewerblicher Abwärme vor Ort oder in der Nähe vorhanden sind. Außerdem wird geprüft, welche Gebiete sich für einen Anschluss an ein Wärmenetz eignen und in welchen Gebieten die Wärmeerzeugung weiterhin besser dezentral erfolgen sollte.

In Bezug auf die dezentralen Optionen werden die Eignung und die Voraussetzungen insbesondere für Wärmepumpen, Solarkollektoren, Biomasse- und Wasserstoffheizungen untersucht. All diese Untersuchungen münden in die Entwicklung eines Zielszenarios, in dem die Kommune darlegt, welche Wärmwendestrategie aus heutiger Sicht am geeignetsten erscheint.

Als Bewertungskriterien nennt das Wärmeplanungsgesetz explizit die Wirtschaftlichkeit (in Form niedriger Wärmegestehungskosten), geringe Realisierungsrisiken, ein hohes Maß an Versorgungssicherheit sowie geringe kumulierte Treibhausgasemissionen bis zum Zieljahr.

Die kommunale Wärmeplanung ist ein zentraler Baustein der Wärmewende. Damit die Wärmewende gelingt, müssen viele Millionen Hauseigentümer – egal, ob privat, gewerblich oder öffentlich – sowie Gewerbe- und Industriebetriebe Investitionsentscheidungen zu Gunsten klimaneutraler Heizsysteme treffen. Ein koordiniertes Vorgehen ist dafür erforderlich, da viele dieser Entscheidungen Auswirkungen auf die kommunalen Infrastrukturen haben.

Die Wärmeplanung soll koordinieren und Orientierung geben, das heißt zum Beispiel: Wenn in einer Straße ein Wärmenetz verlegt wird, ist es sinnvoll – besonders mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Netzes –, dass möglichst viele Gebäude an dieses Netz angeschlossen werden. Dazu müssen die Hauseigentümer allerdings wissen, dass ein solches Netz geplant ist und wann es verlegt werden soll. Die Wärmeplanung legt hierfür die Grundlagen.

Die Eignung für Wärmepumpen setzt voraus, dass in der Nähe des Gebäudes eine geeignete Wärmequelle vorhanden ist. Ihre Verfügbarkeit wird in der Potenzialanalyse der Wärmeplanung unter- sucht. Die Nutzung lokaler Wärmequellen sowie der Aufbau lokaler Infrastrukturen – zum Beispiel Großwärmespeicher – erfordert Flächen, für deren Sicherung die Wärmeplanung ebenfalls die Grundlagen schafft.

Der bisherige Standard, Gas- und Ölheizungen durch neue Gas- und Ölheizungen zu ersetzen, ist nicht vereinbar mit den Klima- und Wärmeplanungszielen. Das im Sommer beschlossene Gebäudeenergiegesetz trägt diesem Sachverhalt Rechnung, indem es Hauseigentümer verpflichtet, bei jeder Heizungserneuerung mindestens 65 Prozent erneuerbare Wärmeenergien oder unvermeidbare Abwärme einzusetzen.

Dass Gas- und Ölheizungen langfristig auf Wasserstoff oder andere synthetische Brennstoffe umgerüstet werden können, zweifeln die meisten Wissenschaftler an – aufgrund hoher Kosten für die Verbraucher und aufgrund unsicherer Verfügbarkeit.

Beispiele für Planungskonzepte

Einige Bundesländer haben ihre Kommunen bereits durch eigene Landesgesetze zur Wärmeplanung verpflichtet. Hierbei ist Baden-Württemberg Vorreiter: Alle Stadtkreise und Großen Kreisstädte, also alle Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern, müssen bis Ende 2023 einen Wärmeplan vorlegen.

Die Vorlagen von Freiburg und Heidelberg geben einen guten Einblick, wie ein Wärmeplan aussehen und über welche Prozesse er entstehen kann. Denn bei der Wärmeplanung handelt es sich um keine Top-down-Veranstaltung, bei der die Kommune im stillen Kämmerlein einen Plan entwickelt. Sie ist vielmehr ein partizipativer Prozess unter Einbezug der lokalen Energieversorger und Netzbetreiber, der Wohnungswirtschaft, der Industrie- und Gewerbeunternehmen – aller Akteure, die mit dabei sind, die lokale Wärmewende zu gestalten, oder die von ihr betroffen sind.

Im Hinblick auf die Umsetzung haben die Kommunen nun die Aufgabe, zügig die Strukturen für einen Wärmeplanungsprozess zu schaffen. Das eigens dafür gegründete Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende in Halle/Salle bietet hierfür vielfältige Unterstützungsangebote an.

Die Kommunen sollten sich ferner darüber bewusst sein, dass die gesetzlich geforderte Entwicklung eines Wärmeplans den Beginn eines langjährigen Prozesses darstellt, der die Kommune intensiv beschäftigen wird.

Die lokale Wärmewende kann nur erfolgreich sein, wenn der Plan effektiv umgesetzt wird. Daher ist es sinnvoll, in den Kommunen und ihren Verwaltungseinheiten für Stadtplanung, Bauplanung, Hoch- und Tiefbau, Gebäudemanagement und Verkehr die entsprechenden Kompetenzen aufzubauen und langfristig zu sichern.

Veit Bürger, Benjamin Köhler


Die Autoren

Dr. Veit Bürger und Benjamin Köhler sind Mitarbeiter des Öko-Instituts e.V. in Freiburg.