Ressourcenschutz kennzeichnet nachhaltiges Wirtschaften. Viele Städte und Gemeinden richten ihre Stadtentwicklung daran aus. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis bietet besonders erfolgreichen eine Plattform. Wir stellen die drei aktuellen Preisträger vor: Hannover, Geestland und Nettersheim.
Im Wettbewerb um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis werden seit 2012 auch kommunale Vorreiter ausgezeichnet. Prämiert werden Städte und Gemeinden, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten eine umfassende Stadtentwicklung betreiben und in den wichtigen Themenfeldern der Verwaltung erfolgreiche Nachhaltigkeitsprojekte realisiert haben. Die Sieger erhalten von der Allianz-Umweltstiftung jeweils 35.000 Euro für ihre Vorhaben. Mit welchen Leistungen die besten Kommunen die Transformation zu nachhaltigerem Leben und Wirtschaften voranbringen und warum es sich lohnt, sie zum Vorbild zu nehmen, illustrieren die aktuellen Preisträger.
Hannover: gelebte Beteiligungskultur
In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover (rund 530.000 Einwohner) steht beim Thema Nachhaltigkeit das Miteinander im Fokus. Dies zeigt sich vor allem in der guten, querschnittsorientierten Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Herausragend ist die hohe Bürgerbeteiligung in der Stadt, die nicht zuletzt durch innovative Partizipationsprozesse ermöglicht wird. So wurden beispielsweise bei der Erarbeitung des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes „Mein Hannover 2030“ mehr als 25.000 Menschen in Dialogverfahren einbezogen. Rund 85 Prozent der 1400 Statements wurden darin aufgenommen.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt Hannover beim Klima- und Ressourcenschutz. Gemeinsam mit der Region hat sich die Stadt im Masterplan „100% für den Klimaschutz“ ehrgeizige Ziele zu CO2-Reduktion und Energieverbrauch gesetzt: Bis spätestens 2050 sollen die Treibhausgas-Emissionen um 95 Prozent gesenkt werden. Weitere Beispiele kommunaler Nachhaltigkeit sind Projekte wie „Hauptstadt der Biodiversität“ oder „Stadt der Gärten“, die mehr Grün- und Freiflächen sowie Lebensraum für diverse Tier- und Pflanzenarten zum Ziel haben.
Auch im sozialen Bereich setzt die Stadt Zeichen. Der „Hannover’sche Weg“ umfasst zahlreiche Angebote für Kinder in Armut, um ihre Bildungs-, Teilhabe- und Zukunftschancen zu verbessern. Mit dem Projekt „Jugend lebt Stadt“ werden die Bedürfnisse junger Menschen in den Fokus genommen. Um der wachsenden Wohnungsnachfrage sozialverträglich gerecht zu werden, betreibt die Stadt eine ebenso alters- wie alterngerechte Quartiersentwicklung und fördert den Ausbau von bezahlbarem Wohnraum durch Bestandsentwicklung und Neubauprojekte.
Geestland: der Bürgermeister als Nachhaltigkeitsmanager
In der noch jungen Stadt Geestland (rund 30.000 Einwohner, Niedersachsen) ist das Thema Nachhaltigkeit Chefsache: Bürgermeister Thorsten Krüger hat sich dafür eigens vom TÜV zum Nachhaltigkeitsmanager zertifizieren lassen. Als erste Kommune Deutschlands hat Geestland die Entsprechenserklärung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex in einem umfassenden fächerübergreifenden Prozess erarbeitet. Ziel ist es, die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen zu systematisieren und zu evaluieren.
Die Stadt überzeugt mit bürgernahen und innovativen Maßnahmen, um den großen Herausforderungen der Kommune zu begegnen. Dazu zählen der Zusammenschluss aller 16 Ortschaften oder die Konsolidierung der Haushaltslage. Als besonders kreativ lässt sich das Projekt „Bürgermeister frei Haus“ herausstellen, das Bürgern ermöglicht, den Verwaltungschef für ein Gespräch zu sich nach Hause einzuladen. Eine Jugend-Umweltmanagerin bringt als Vertreterin der jungen Geestländer deren Sichtweisen und Argumente in Sachen Umwelt- und Klimaschutz in die städtischen Entscheidungsprozesse ein.
Auch klimapolitisch kann Geestland punkten. So wurde die gesamte Straßenbeleuchtung auf LED-Technik umgestellt, wodurch über 70 Prozent Energie eingespart werden konnte. Bis 2020 soll der Energieverbrauch um weitere 15 Prozent gesenkt werden. In der Flüchtlingsfirma „Anpacken“ können Geflüchtete Malerarbeiten, Möbeltransporte und weitere Tätigkeiten übernehmen. Zudem werden dort Taschen aus alten Planen und Werbebannern hergestellt – Upcycling, das ankommt und die Umwelt schützt.
Nettersheim: eigenes Klimaschutzgesetz
In der Eifelgemeinde Nettersheim (rund 7400 Einwohner, Nordrhein-Westfalen) sind Natur und Umwelt immer im Fokus, und das nicht bloß aufgrund der idyllischen Lage in der Mittelgebirgslandschaft zwischen Urft und Erft. Ein besonderes Highlight ist das Naturzentrum Eifel, das mit seinem breiten Angebot der außerschulischen Umweltpädagogik und Erwachsenenbildung überregionale Bekanntheit erlangt hat. In verschiedenen Ausstellungsräumen wird die erdgeschichtliche, historische und ökologische Vielfalt der Natur- und Kulturlandschaft Eifel abgebildet. Die Wissensvermittlung folgt dem Konzept „Begreifen durch Erleben“ und verbindet Erlebnisorientierung mit fachlichem Fundament.
Dem Strukturwandel im ländlichen Raum stellt Nettersheim eine Gesamtstrategie entgegen. Der historische Ortskern wurde revitalisiert und es erfolgten ein Leerstandsmanagement und Bauberatung. Auch beim Klimaschutz zeichnet sich die Gemeinde durch ein strategisches Vorgehen aus: Nach der Verabschiedung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes im Jahr 2012 wurde ein Klimaschutzmanager eingestellt, um die Umsetzung der Maßnahmen zu begleiten. Seit 2014 berät die Energieagentur Eifel zu Klimaschutz und Energiewende.
Sebastian Klement
Der Autor
Sebastian Klement ist Mitarbeiter der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis in Düsseldorf