Der neue Kunstrasen des FC Ober-Abtsteinach ist etwas ganz Besonderes: Er besteht aus einem biobasierten Material auf Rapsölbasis – und ermöglicht die Einsparung von rund 300 Tonnen CO2-Äquivalent.
Die Sanierung von Kunstrasensportplätzen ist in der Regel mit viel Müll und Ausstoß von CO2-Emissionen verbunden. In der hessischen Gemeinde Abtsteinach (2400 Einwohner) hat man sich dagegen für einen neuen Weg entschieden: Im Rahmen des Modell-vorhabens „Waste Field“ wurde dort erstmals eine umweltfreundliche, klimaneutrale und nachhaltige Sanierung eines Kunstrasen durchgeführt.
Dabei wurde das alte Kunststoffrasensystem – inklusive des enthaltenen Mikroplastiks – vollständig in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. Der neue Kunstrasen besteht aus einem biobasierten Material auf Rapsölbasis, als Infillmaterial dienen gemahlene Olivenkerne. Diese Kombination macht den Sportplatz zu einem natürlichen CO2-Speicher.
Das Ergebnis überzeugt auch die Sportler des FC Ober-Abtsteinach: „Die Resonanz der Fußballer ist toll“, berichtet Tobias Engert, Dritter Vorsitzender des Vereins. „Der neue Kunstrasen hat ein sehr gutes Spielverhalten.“
Biobasiert und CO2-neutral
Bereits 2018 hatte der Fußballverein in einer Vorstandssitzung beschlossen, zukünftige Infrastrukturmaßnahmen möglichst umweltfreundlich umzusetzen. „Wir möchten mit gutem Beispiel in Sachen Umweltbewusstsein in der Region und über die Region hinaus vorangehen und zeigen, dass ein pflanzenbasierter Kunstrasen exzellente Platzbedingungen schafft“, heißt es auf der Webseite des FC Ober-Abtsteinach.
„Entsprechend war dann die Frage 2019/2020, wie ein umweltfreundlicher Kunstrasen-platz aussehen könnte“, erzählt Engert. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Vereinsvorsitzenden damit, sich mit dem neuesten technologischen Stand in diesem Bereich zu beschäftigen.
Dabei fiel die Wahl schließlich auf den biobasierten, CO2-neutralen Kunstrasen. Hergestellt wurde er von der Firma Morton Extrusionstechnik in Abtsteinach, so dass auch keine langen Transportwege anfielen.
Rund 135 Tonnen Abfall eingespart
Die Planung des Sanierungsprojektes begann im August 2021. Ein erster wichtiger Schritt war die Analysephase: Um zu prüfen, ob und wie der alte Kunstrasen wiederverwertet werden könnte, wurde eine Bestandsuntersuchung gemäß DIN 18035-7: 2019-12 durchgeführt. Dabei wurden die Parameter Kraftabbau, Querzugfestigkeit, optische Beschaffenheit der Elastikschicht, Bestimmung der Stoffeigenschaften des Kunststoffrasens und Infills überprüft.
Die rein investive Sanierungsmaßnahme des Fußballrasens dauerte von Oktober bis November 2021. Zuerst wurde der Bestandsplatz möglichst behutsam abgetragen, verpackt und aufgenommen. Anschließend wurde die vorhandene Elastizitätsschicht einem Trockenreinigungsverfahren unterzogen und punktuell ausgebessert. Als Nächstes wurde die Elastikschicht verfestigt, die Drainagegeprüft und gereinigt sowie der Blitzschutz überprüft. Der gesamte Verwertungs-, Herstellungs- und Sanierungsprozess wurde durch ein Monitoring auditiert und begleitet.
Das Projekt „Waste Field“ löst drei große Umweltthemen gleichzeitig:
- Abfallentsorgung beziehungsweise Wiederverwertung des Bestandsplatzes,
- Reduktion von CO2-Emissionen in der Herstellung und Speicherung von CO2 durch die Verwendung biobasierter Materialien für den neuen Platz,
- die Verwertung von Mikroplastik.
Durch die ökologische Herstellung und die entfallende thermische Entsorgung konnten in Ober-Abtsteinach insgesamt mehr als 300 Tonnen CO2-Äquivalent eingespart sowie rund 135 Tonnen Abfall vermieden werden. Doch das ist noch nicht alles: Nach einer Nutzungsdauer von rund 15 Jahren kann das neue Kunstrasensystem wieder vollständig recycelt und als Basis für ein weiteres Kunstrasensystem eingesetzt werden.
„Somit leisten wir mit diesem Projekt einen konkreten Beitrag zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung sowie der EU“, heißt es weiter auf der Webseite des FC Ober-Abtsteinach.
Gefördert von Bund, Land und Kreis
Die Kosten für die Platzsanierung beliefen sich auf 266.000 Euro. „Für das Projekt inklusive Auditoren und Analysen waren ursprünglich 400.000 Euro veranschlagt“, erzählt Tobias Engert. Gefördert wurde das Projekt anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), dem Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport sowie vom Landkreis Bergstraße.
Der Kreis hat es sich – so wie auch der FC Ober-Abtsteinach – zum Ziel gesetzt, seine CO2-Bilanz zu reduzieren. Ergänzend zu seinem Klimaschutzkonzept fördert er daher innovative Projekte aus dem Bereich Nachhaltigkeit. „Wir unterstützen die lokalen Akteure beispielsweise bei der Suche nach passenden Fördertöpfen“, teilt Cornelia von Poser mit. Sie ist stellvertretende Abteilungsleiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises Bergstraße.
„Waste Field“ hat der Kreis mit einer Fördersumme von 5000 Euro unterstützt. Aktuell ist das Projekt in Abtsteinach einmalig. „Wir stellen es unter anderem bei Informations-veranstaltungen zu Fördermöglichkeiten vor“, so von Poser. „Möglicherweise ergeben sich daraus weitere, ähnliche Vorhaben.“
Hannah Henrici